Gödenstorf. Seit genau zwei Monaten ist hier kein Durchkommen mehr. Die hochragenden Bürgersteige und die lang nicht mehr genutzte Bushaltestelle Buchenberg zeugen noch von der einstigen Hauptstraße, die in vier Abschnitten durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr komplett erneuert wird. Mittendrin steht ein Gasthaus, vom Durchfahrtsverkehr abgeschnitten ist auch die SB-Tankstelle in Richtung Oelstorf sowie weitere Gewerbetreibende. Der WA war unterwegs in einem Ort zwischen Resignation und Hoffnung.
Wie lange das hier dauern soll, wisse er nicht. Das sagt ein Anwohner am Grubenrand. Gut einen Meter tief liegt hier die Lehmpiste, aufgeweicht durch den Dauerregen der vergangenen Wochen, durchzogen von Spuren der großen Reifen der schweren Baumaschinen. „Letzte Woche war schon Baustopp. Bei dem Regen ging es nicht weiter“, sagt der Senior. Ein Bekannter kommt mit seinem Fahrrad die Straße Buchenberg herunter gefahren. „Ich war selbst im Straßenbau früher. Da haben wir aber noch Kilometer gemacht“, erklärt er up Platt. Die beiden stören sich nicht sonderlich an der Situation. „Wir müssen zum Einkaufen sowieso immer fahren, das macht jetzt keinen großen Unterschied“, meint der Erste. Es gebe Schlimmeres.
Mitarbeiter entlassen,
Sortiment reduziert
Und davon weiß Katerina Bock zu berichten. Sie ist Pächterin der SB-Tankstelle und vermeldet zwischen 60 und 70 Prozent Umsatzeinbußen im Tagesgeschäft. Mehrere Mitarbeiter habe sie entlassen müssen und auch das Sortiment im Shop sowie die Öffnungszeiten reduziert. „Letzten Monat musste ich schon 1000 Euro abschreiben. Die Artikel sind ja nicht ewig haltbar“, berichtet die Geschäftsführerin. Doch ihr ist es wichtig zu erwähnen, dass sie nicht allein unter der Baustelle leidet, sondern alle Gewerbetreibenden im Umfeld zu kämpfen haben. Denn der gesamte Ort ist prinzipiell von der Autobahn hinter Garlstorf abgeschnitten. Besonders bitter: Die Tankstelle wird von allen vier Bauabschnitten betroffen sein, auch wenn versichert worden sei, dass die Zufahrt zu den Zapfsäulen gewährleistet werde.
Bauarbeiten
schon im Verzug
Ein schwacher Trost für Katerina Bock. Seitens der Behörde heiße es, das sei höhere Gewalt und Unterstützung für die Betriebe nicht möglich. Wie lange sie das durchhalte, könne sie nicht sagen. „Ich habe immer Hoffnung.“ Doch wann werden die Grenzen erreicht sein? „Keine Ahnung.“ Die gesamte Maßnahme sei jetzt schon im Verzug, über den Zeitplan bis zum zweiten Quartal 2024 kann sie nur lachen. „Das dauert bestimmt zwei bis drei Jahre.“ Sie ärgere vor allem, dass das Gewerbe an dieser Stelle so allein gelassen werde. Immerhin würden Bauarbeiten und auch Mitarbeiter der zuständigen Behörde aus Steuermitteln bezahlt, die auch von den ansässigen Betrieben erwirtschaftet würden.
Gelassenheit
im Gasthof
Zwischen Schuttbergen der alten Straße und Materialansammlungen für den Neubau, steht der Gasthof Isernhagen. Die Pension ist für Gäste nur noch über den Buchenberg „von hinten“ zu erreichen. Ein beachtlicher Umweg. Hinrich Isernhagen sieht das trotzdem eher gelassen. „Ja, die Gäste, die zum Essen kommen, sind schon weniger geworden. Aber die Übernachtungszahlen sind stabil, da haben wir keine Verluste.“ Der Inhaber zählt außerdem auf die Stammkundschaft, die den Umweg gerne in Kauf nehme. „Wir fahren den ja auch, wenn wir einkaufen müssen. Da ist eine Strecke jetzt statt drei mal eben 16 Kilometer lang“, betont Isernhagen. „Wir hoffen jetzt auf Dezember, dann ist dieser Abschnitt fertig.“ Zumindest von Garlstorf könne man das Restaurant dann wieder bequem mit dem Auto erreichen.
Dazu muss natürlich auch das Wetter mitspielen – denn schon in der Ankündigung der Sperrung ließ die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr verlauten: „Witterungsbedingte Verzögerungen sind möglich.“ Der Juli hat diesbezüglich keine großen Hoffnungen geweckt. Wenn in der nächsten Woche die Schule wieder beginnt, sollen zumindest wieder Busse fahren. Irgendwo im Ort.
Von Andreas Urhahn