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Kinder, endlich wieder Theater: Hier mit Ercan Altun, dem Trecker McCormick, Herbert Imig und Anna Sinkemat. Foto: Brüggemann

Das Jahrmarkttheater in Bostelwiebeck startet mit einem fröhlichen Kinderstück in die Open-Air-Saison

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Bostelwiebeck. Otto und Pauline lassen sich nicht stören, sie grunzen gelassen auf der Wiese. Zwei Mini-Streichelschweine sind auf dem Hof des Jahrmarkttheaters eingezogen. So mini sind sie gar nicht. Aber sie scheren sich nicht um die Zelte, die nun auf dem Gelände stehen, nicht um die auf der Wiese verteilten blauen Hocker und auch nicht um die frisch vertesteten Menschen, die sich freuen, endlich wieder echtes Theater zu erleben. Das Jahrmarkttheater ist zurück und startet mit einem Kinderstück mit dem Titel „Trecker kommt mit“.
Die Bilderbuch-Vorlage liefern Finn-Ole Heinrich und Dita Zipfel. Sie erzählen von einem Kind, das mit den Eltern vom Dorf in die Stadt ziehen soll. Anna heißt das Kind in Bostelwiebeck. Anna sagt, wenn es sein muss, okay, ziehen wir eben um. Aber sie stellt eine Bedingung: Der Trecker kommt mit. Er ist ihr bester Freund, er gibt Schutz, stellt keine blöden Fragen, nervt nicht. „Ohne Trecker macht das alles keinen Sinn.“
Anna Sinkemat spielt Anna, mal wütend, mal bockig, mal stark, mal schwach, meistens witzig. Es macht Spaß, ihr zuzuschauen, inklusive der inneren Dialoge mit den Eltern. Regisseurin Andrea Hingst hat in ihrer Fassung die knappe Geschichte aufgebrochen. Das Stück stellt Fragen, die den – zur Premiere nur teilweise jungen – Zuschauern und Spielern Raum zum Dialog öffnen. Als Türöffner betätigt sich Ercan Altun, ein freundlicher, begeisterter, begeisternder Zukunftsforscher aus dem Labor Deluxe. Wie werden wir wohl in der Zukunft leben, fragt er, was bedeutet Freundschaft und mehr. Mitmachen ist mehrfach eingeplant, das fokussiert die Aufmerksamkeit.
Die mit viel Zuspruch aufgenommene Produktion entfernt sich durch die Einschübe zwar zeitweilig weit von der kleinen Geschichte um den Trecker, aber behält ihren großen Charme. Eine weitere Ebene bringt Arne Imig mit illustrierenden Gitarrensounds ein, er hockt im Labor, einem kleinen güldenen Zelt und lässt Klänge blubbern und kreischen.
Der heimliche Star aber ist der echte Trecker, ein roter McCormick Baujahr 1953. Der tuckert und puckert über den Hof – und Treckerfahrer Herbert, der macht auch eine gute Figur. „Trecker kommt mit“ bleibt den Sommer über im Programm, vor allem im August wird der Herbert mit McCormick oft über die Wiese stuckern.
Die von Andrea Hingst einmontierten Zukunftsfragen weisen auf das übergeordnete Motto des Jahrmarkttheater-Programms hin: Eröffnet ist der „Zeltplatz der Zivilisation“, ein Ort zum Diskutieren, Lernen und zum Sammeln von Erfahrungen. Was dort geboten wird, findet sich unter www.jahrmarkttheater.de. Dort werden auch die jeweils gültigen Corona-Eintrittsmaßnahmen angeschlagen und auf die große Sommerproduktion verwiesen.
Das „Patience Camp“ auf den Spuren des Antarktisforschers Sir Ernest Shackleton öffnet am 29. Juli, sicher bei plus 20 Grad. Wie sich in Bostelwiebeck im Hochsommer antarktische minus 50 Grad darstellen lassen – das wird das Team um Regisseur Thomas Matschoß schon noch lösen. Von Hans-Martin Koch