Ehestorf. 1600 Besucher zählte das Freilichtmuseum am Kiekeberg in Ehestorf am vorvergangenen Sonntag. Da gab es eine sparsame Version des Oldtimertreffens. Die alten Automobile kamen nur zu fixen Zeitpunkten auf das Gelände. Das Wörterbuch der Corona-Pandemie nennt das einen Time-Slot. 1600 Besucher waren ein Zeichen des Optimismus auch für die Stiftung Freilichtmuseum am Kiekeberg, die das Museum und seine Außenstellen betreibt. Stiftungsvorsitzender Klaus-Wilfried Kienert, die Kaufmännische Geschäftsführerin Carina Meyer und Museumsdirektor Stefan Zimmermann zogen jetzt Bilanz. Die zwei wichtigsten Erkenntnisse: Es lief besser als erwartet, und die Krise konnte man auch als Chance zu nutzen.
Bei einer Bilanz ist immer entscheidend, was unter dem Strich steht: Im operativen Ergebnis 2020 kommt die Stiftung auf ein Plus von 63 000 Euro. Das wirkt erstaunlich, denn in 2020 gab es rund vier Monate Lockdown sowie den Ausfall zahlreicher Veranstaltungen zu überstehen. Im Vergleich zum Rekordjahr 2019 sank die Besucherzahl rund 222 000 auf rund 89 000. Stiftungsvorsitzender Klaus-Wilfried Kienert: „Die Pandemie hat Spuren hinterlassen.“ Das Plus sei aber auf sehr umsichtiges Wirtschaften zurückzuführen. „Das Team hat alles gemeistert, und auch dem Direktorium sind wir dankbar.“
Stiftungs-Kapital ist weiter gewachsen
Erfreulich sind auch die Zahlen für die Stiftung, deren Kapital sich um 700 000 Euro auf rund 3,5 Millionen Euro erhöht hat. Bemerkenswert dabei war eine private Zustiftung über 270 000 Euro. Auch die Mitgliederzahl des Fördervereins blieb bei rund 13 400 Mitgliedern stabil. Das Stiftungskapital wird möglichst gewinnbringend angelegt und entsprechend professionell gemanagt. Ziel ist es, dass die Stiftungs-Museen sich irgendwann allein aus dem Kapital betreiben lassen. Carina Meyer berichtete das dieses Ziel in den nächsten 50 bis 80 Jahren erreicht werden sollte, „aber die Zinsen sind einfach deprimierend“.
Der Landkreis Harburg sorgt bis auf Weiteres mit zwei Millionen Euro für den jährlichen Betrieb der Museen. Weitere Zuschüsse aus dem Kreishaus waren bisher nicht erforderlich. „Wir haben in der Pandemie gut gewirtschaftet. Und wir hoffen, dass der Landkreis dies auch honoriert“, sagt Carina Meyer selbstbewusst. Die Kiekeberg-Stiftung hat in 2020 Kultur-Soforthilfe und Überbrückungshilfen in Anspruch genommen. Rund 40 der insgesamt 70 Mitarbeiter waren in Kurzarbeit. Das Gehalt stockte die Stiftung auf 80 Prozent netto auf.
Das Geld ging allerdings auch nicht aus, weil man eigentlich angedachte Maßnahmen im Volumen von rund 100 000 Euro bis 2022 aufgeschoben hat. Das gehe aber nicht ständig. Für die Erneuerung der Brandmeldeanlage müsse jetzt eine fünfstellige Summe investiert werden.
Besucherinteressen haben sich gewandelt
Gemeinsam mit Museumsdirektor Stefan Zimmermann und dem Team habe man überlegt, wie man sich neu organisieren könne. Für jede Veranstaltung wurden in der Vorbereitung drei verschiedene Szenarien erdacht, jeweils passend zu möglichen Corona-Lagen. Auf dem Gelände ist viel passiert: Mitmach-Stationen, Spielplatz, Wege, Wegweiser und Zäune wurden erneuert. Und es gab einen Anschub für die Digitalisierung. „In der Krise hat einiges auch Spaß gemacht“, sagt Carina Meyer, die nicht erwartet hatte, das Jahr mit dem Museum so gut zu überstehen.
Stefan Zimmermann unterstreicht das: „Es klingt abgedroschen, aber die Krise war auch eine Chance“, denn auch die Besucherinteressen hätten sich in der Pandemie gewandelt. Mit seinem großen Außengelände sei der Kiekeberg besonders gefragt gewesen. Auch die Zahl der Erstbesucher sei angestiegen. Kurz- und mittelfristig gehe es in der Pandemie jetzt darum, mittelgroße Veranstaltungen durchzuführen. „Wir stellen eine Sehnsucht nach Analogem fest“, so der Museumsdirektor.
Die Chancen auf die Rückkehr der Besucher stehen gut. Da waren nicht nur die 1600 Besucher beim Oldtimertreffen, sondern seit der Wiedereröffnung Anfang Mai insgesamt rund 13 500 Besucher in fünf Wochen am Kiekeberg. Carina Meyer hofft nun bei den Besucherzahlen auf ein ähnliches Ergebnis wie in 2020. Freilichtmuseum und Außenstellen waren in 2020 genau 16 Wochen und 2021 bereits 14 Wochen komplett geschlossen, ansonsten unterlag der Besuch starken Einschränkungen. Die endeten im Prinzip erst mit der Streichung der Testpflicht in neuen Landesverordnung am 1. Juni.
Nun will man im Kiekeberg-Museum den Sommer nutzen, bietet für Schüler aus Hamburg und Niedersachsen ein breites Ferienprogramm an und bereitet den Rosenmarkt und den Pflanzenmarkt vor. Handeln will man weiter mit Augenmaß, denn wer weiß schon, was im Herbst los ist. Von Björn Hansen
