Ehestorf. Es sind belastende Lebenssituationen, die Kinder im Grundschulalter auffällig werden lassen: Vernachlässigung, schwere Krankheiten, Flucht- oder Gewalterfahrungen. Im regulären Schulsystem haben sie keine Chance – in einem Pilotprojekt am Kiekeberg erprobten erfahrene Pädagoginnen jetzt den Unterricht in einer Kleingruppe.
Das Projekt ist in Deutschland einzigartig, sein Vorbild sind die „Klassenzimmer in Museen“ in Großbritannien, wo es die Arbeit seit 2017 gibt. Das Resümee: Die „Museumsklasse“ hat den Kindern einen stabilen Bezugspunkt gegeben und die Unterrichtssituation verbessert. Im kommenden Schuljahr setzen daher der Jugendhilfeträger Gangway, die Arbeiterwohlfahrt und das Regionale Bildungs- und Beratungszentrum Harburg die Kooperation mit dem Freilichtmuseum am Kiekeberg fort.
Von Herbst 2020 bis zum Ende des Hamburger Schuljahres wurden vier Kinder der Klassen eins bis drei am Kiekeberg betreut: Lehrkräfte unterrichteten die Kinder in den Hauptfächern aus dem Lehrplan, ein Schwerpunkt lag jedoch auf der Verschränkung von Bildung und Kultur. „Die Kinder waren täglich bei uns. Sie haben das ‚Leben von früher‘ praktisch kennen gelernt. Dabei wurden sie durch unsere Museumspädagogen angeleitet. Ein ganzheitliches Lernen mit Kopf, Hand und Herz“, erklärt Dr. Julia Daum vom Freilichtmuseum am Kiekeberg.
„Die Kinder, mit denen wir am Kiekeberg arbeiten, sind von schwerwiegenden emotionalen und sozialen Belastungen betroffen und verhalten sich im Schulbetrieb komplex auffällig“, berichtet Julia Daum. „Unser Anliegen ist, dass sie hier ihre sozialen Fähigkeiten weiterentwickeln, Zutrauen in die eigene Lern- und Arbeitsfähigkeit aufbauen und fehlende Entwicklungsschritte nachholen.“
„Bisher ist oft nur der Einzelunterricht mit den Kindern möglich gewesen. Unser Ziel ist jedoch, jedem Kind eine schulische Teilhabe zu ermöglichen. Dazu ist es aber wichtig, den Teufelskreis aus auffälligem Verhalten, Ablehnung und Ausgrenzung zu durchbrechen“, ergänzt Steffen Otte vom Freilichtmuseum die Aussagen.
Die innovative Form der Inklusion soll langfristig Bestand haben. Zurzeit begleiten zwei Studentinnen der Universität Hamburg das Projekt wissenschaftlich und werten es in einer Masterarbeit aus. wa
