Winsen. Weg von verstaubtem Geschichtswissen, raus aus dem Klassenzimmer und hinein in die Heimatgeschichte, um Staub aufzuwirbeln: Für 16 Schüler des achten Jahrganges der Johann-Peter-Eckermann-Realschule in Winsen wird das nach den Sommerferien Realität. Gestern erhielt die Schule von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz die entsprechende Urkunde für die Aufnahme in das Schulprogramm „denkmal aktiv“ – als eine von 59 Schulen bundesweit und eine von fünf Einrichtungen im Land Niedersachsen.
Verbunden ist die Teilnahme am Programm mit einer finanziellen Förderung in Höhe von 1900 Euro, doch viel mehr noch wirke die damit verbundene Anerkennung nach, sagte Schulleiter Andreas Neises. Deshalb sei man auch besonders stolz auf das erarbeitete Unterrichtskonzept für den Wahlpflichtkurs. Neises blickte zurück auf die Infomail der Stiftung, die ganz gut in die Zeit vieler neuer Kooperationen der Realschule gepasst habe. In Gesprächen mit dem Heimat- und Museumverein Winsen sei schließlich das Projekt „Historische Bauweisen und Baudenkmäler in Winsen kennenlernen“ gewachsen. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage: Was erzählen Winsens alte Häuser eigentlich für Geschichten?
Die Geschichte Winsens sei geprägt von handwerklicher Tradition – insbesondere von Zimmerleuten, sagte Professor Dr. Rolf Wiese, Vorsitzender des Museumvereins. Vielen Häusern sehe man das heute noch an. Man habe mit der Zusammenarbeit von Schule und Museum „einen charmanten Weg“ gefunden, historisches Bauen „über händische Arbeit“ zu vermitteln. Und zwar dank des museumspädagogischen Angebotes der Kinderbauhütte, in der Mädchen und Jungen im Alter von fünf bis 13 Jahren Einblicke in die regionale Baugeschichte erhalten. Die fachliche Anleitung übernehmen in diesem Fall Museumspädagoge Tammo Hinrichs und Geschichtslehrer Philip Dellemann, die sich beide auf das gemeinsame Schuljahr freuen, in dem es auch um praktische Erfahrungen in Handwerksberufen gehen soll.
Winsens Bürgermeister André Wiese lobte „den spannenden Ansatz“ der Schule. In Winsen gebe es viel Geschichte zu entdecken, dafür müsse lediglich der „Gewöhnungseffekt des Alltäglichen“ durchbrochen werden. Und wer Interesse an der Geschichte habe, der habe auch automatisch Interesse an der Zukunft, ist Wiese überzeugt.
Erster Kreisrat Kai Uffelmann ist dankbar dafür, dass die Kreisschule, die sich als Stadtschule begreife, mit der Kinderbauhütte auf dem Schlossplatz künftig in unmittelbarer Nähe zum Kreishaus „Unruhe stifte“. Uffelmann forderte die drei Jungs, die gestern mit zur Urkundenübergabe gekommen waren, auf, unbedingt auch Mädchen für das Angebot zu begeistern.
Professor Dr. Paul Georg Lankisch, Leiter des Ortskuratoriums Lüneburg in der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, machte noch einmal deutlich, dass die Teilnahme am Programm „denkmal aktiv“ eine besondere Anerkennung sei. Es gehe darum, die junge Generation für das baukulturelle Erbe ihres Lebensumfeldes und den Gedanken des Denkmalschutzes zu sensibilisieren.
Für Ramon, Elias und Theo, alle 13 Jahre alt, spielte das gestern naturgemäß nicht die ganz große Rolle. So findet es Elias aus Borstel vor allem spannend, was in und um die alte Bausubstanz der Luhestadt herum alles passiert ist. Für Theo aus Bütlingen ist es wichtig, Geschichte anzufassen, und Ramon will praktische Erfahrungen im Handwerk sammeln. Der Rottorfer hat sogar schon ein Praktikum in einer Zimmerei vor Augen. Von Sascha Neven
