Amelinghausen. Falko Gardlo kam die Idee „zwischen dem zehnten und fünfzehnten Bier am Stint“, für Leonie Laryea ist es ein Liebesbekenntnis an die Heimat: Der Heidebock und die Heidekönigin sind unter die „Modeschöpfer“ gegangen – nicht etwa gemeinsam, sondern mit zwei Marken zur selben Zeit, made in Amelinghausen.
„Das war purer Zufall“, erzählt Leonie Laryea. Bei einer Weinprobe im letzten Sommer habe die Weinkönigin ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Moselmädchen“ getragen. „Ein Mitglied unseres Vereins sagte damals: Oh, mit Heidemädchen wäre so etwas eigentlich auch ganz cool“, erinnert sich die 21-Jährige. Bei einem Spaziergang mit ihrer Freundin Franziska Röhrs nahm die Idee konkrete Formen an: T-Shirts und Pullover sollten mit dem Wortgeflecht bedruckt werden.
„Ich hatte total viel Lust darauf, aber meine zeichnerischen Fähigkeiten sind nicht die Besten, sodass ich froh war, dass Franzi am Ball geblieben ist“, verrät die Amelinghausener Majestät. Mit Stift und Papier feilte die Freundin an einem Logo – ein Heidestrauch sollte es sein, den sie schließlich doch im Netz kauften. Kurz darauf die ersten Probebestellungen und eine unerwartete Resonanz: „Die Nachfrage war so groß, dass wir dachten: Vielleicht lässt sich daraus ja noch mehr machen.“
Gedacht, getan: Die beiden Frauen meldeten ein Kleingewerbe an, knüpften Kontakt zu einer Hamburger Firma, die Kleidung aus Bio-Baumwolle mit Fairtrade-Siegel produziert, organisierten ein Fotoshooting und bewarben ihr Vorhaben auf Instagram: Seit einer Woche sind die T-Shirts, Pullover und Kleider mit dem Aufdruck „Heidemädchen“ und „Heidekind“ in vier Farben erhältlich.
Und was ist mit den „Heidejungs“? „Das ist eine stete Diskussion. Wir wollen auch Menschen, die sich nicht als Mädchen oder Junge fühlen, mit ins Boot holen“, erklärt Leonie Laryea. „Deshalb haben wir uns gegen den Heidejungen entschieden – weil wir sonst beide Stereotype bedient hätten.“ An einer Alternative wird bereits gearbeitet. „Die kommt nächstes Jahr auf den Markt“, verspricht die Heidekönigin.
Die wollte sich eigentlich gerade voll und ganz auf ihr Studium der Soziologie und Erziehungswissenschaften in Osnabrück konzentrieren. Doch stattdessen linst sie seit vergangenem Montag alle paar Minuten auf ihren Handybildschirm – immer in Erwartung einer neuen Bestellung. „So ganz schlau war das nicht getaktet“, muss Leonie Laryea gestehen. „Aber uns war es wichtig, dass die Sachen vor der Heideblüte rauskommen.“ 29 Aufträge sind bis Mitte letzter Woche per Mail eingegangen, müssen nun in Hamburg produziert und in Amelinghausen verpackt und verschickt werden. „Wir haben sogar Bestellungen aus Luxemburg und Flensburg“, freut sich die Studentin. „Alles Leute, deren Herz an der Heide hängt.“
Gewinn wird nicht erwartet
Sie rechnet nicht damit, dass nach Ausgaben für Werbemittel, Fotos und Versand noch Geld übrig bleiben wird. Das macht aber nichts: „Es geht nicht darum, uns mit der Modelinie eine goldene Nase zu verdienen, sondern allen eine Freude zu bereiten, die unsere Heimat genauso lieben wie wir“, betont die Heidekönigin. „Ich denke, das wird immer ein Hobby bleiben.“
Unterdessen steckt auch Heidebock Falko Gardlo mit seinem Label „Aus Jux“ in den Startlöchern. Wie der Name schon andeutet: „Wir machen das aus Jux“, erklärt der 24-Jährige. Wir, das sind er und sein Kumpel Julien Främbs, die sich nach einer lustigen Kneipennacht in den Kopf gesetzt haben, ein eigenes individuelles Motiv auf ihre Shirts zu bringen – ohne jeden Heimatbezug. Falko Gardlo, von Beruf Grafikdesigner, sammelt in seinem Kleiderschrank Mode mit seltenen Drucken und Stickereien. „Also dachten wir: Warum versuchen wir das nicht selbst?“ Und: Warum nicht gleich im größeren Stil?
Bei der Anmeldung ihrer Gewerbe standen sich Heidebock und Heidekönigin mit Rat und Tat zur Seite. „Leonie fragte neulich, ob wir eine Verpackungslizenz haben“, erzählt Gardlo. „Und wir so: Leonie, was ist das überhaupt?“ Er lacht. „Wir zwei Chaoten hätten sonst sicher einige Sachen vergessen.“
Doch seit Mittwochabend ist es soweit: Das selbstentworfene minimalistisch gehaltene Motiv mit dem eigenen Firmenlogo steht im Online-Shop – jeweils auf schwarze und weiße Shirts und Pullover gestickt. Zwei Wochen lang können Bestellungen abgegeben werden – dann ist Schluss. „Das baut eine gewisse Exklusivität auf“, sagt Falko Gardlo. Ob sich das rechnet? Der frischgebackene Modeschöpfer ist sich da nicht so sicher: „Es kann auch eine Nullnummer oder ein Minusgeschäft werden. Für uns ist es aber viel wichtiger, dass es Spaß macht.“ Was ihn und seinen Mitstreiter hoffen lässt, sind die Follower auf ihrem firmeneigenen Instagram-Kanal – knapp 400 waren es nach den ersten 36 Stunden. Von Anna Petersen
