Winsen. Die Amtszeit des Ersten Stadtrates für Winsen endet zwar eigentlich erst Ende März 2022, und eigentlich hätte die Stelle öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Um Christian Riech allerdings Klarheit über seine berufliche Zukunft zu geben, stand die Wahl bereits jetzt auf der Tagesordnung des Winsener Stadtrates.
Auf eine Ausschreibung könne im Einvernehmen mit dem Bürgermeister verzichtet werden, wenn beabsichtigt sei, den bisherigen Stelleninhaber erneut zu wählen, erläuterte Bürgermeister André Wiese und ließ keine Zweifel daran, dass das der Fall sei. Riech ist seit mehr als 30 Jahren bei der Stadt Winsen beschäftigt. Eingestellt wurde er als Leiter des Ordnungsamtes 1991, schon nach kurzer Zeit wurde er dann zum allgemeinen Vertreter des damaligen Stadtdirektors ernannt und bekleidet diese Position seit nun 30 Jahren. Das Zeugnis, das Wiese ihm zur Wiederwahl ausstellte, spricht von einem „zuverlässigen, loyalen und belastbaren Wegbegleiter, der sich insbesondere in der Führung der Verwaltung als große Stütze erwiesen hat“.
Das sahen allerdings nicht alle Fraktionen im Rat so. Die SPD habe sich zwar entschlossen, so Ratsfrau Brigitte Netz, der Wahl zuzustimmen, aber leicht sei das nicht gefallen. „Herr Riech ist kein Mittler zwischen den unterschiedlichen Interessen. Er agiert polarisierend und ohne Fingerspitzengefühl“, so die Kritik aus den Reihen der SPD. Darüber hinaus seien Frauen in der Führungsetage des Winsener Rathauses deutlich unterrepräsentiert und durch eine öffentliche Ausschreibung hätte man das ändern können. „Aber wir wollen Streit über die Besetzung vermeiden“, so Netz. Ohnehin treffe die Entscheidung über die Auswahl der Bewerber der Bürgermeister, der Rat stimme ihr nur zu.
Auch von Grünen und Linken kam Kritik an der Entscheidung, auf die Ausschreibung des Postens zu verzichten. Eine Bestenauslese könne nicht vorgenommen werden, wenn nur eine Person zur Wahl stehe, kritisierte Dr. Erhard Schäfer. Der Rat stehe vor einem Wechsel und der neue Rat solle in solchen Entscheidungen mit entscheiden können, appellierte Bernd Meyer für eine Vertagung des Themas in eine Sitzung des neuen Rates, der im November erstmals zusammentritt.
Die Kritik konnte man in den Reihen der CDU-Fraktion in keiner Weise nachvollziehen. „Herr Riech wurde sehr angegangen und hat bewiesen, dass er sich zur Wehr setzen kann“, resümierte Anja Trominski und fand Unterstützung bei der FDP. „An Parteilichkeit kann ich mich nicht erinnern. Das könnte daran liegen, dass Herr Riech keiner Partei angehört“, erklärte Nino Ruschmeyer.
Riech wurde mit fünf Gegenstimmen für weitere acht Jahre im Amt bestätigt. „Ich bin 59 Jahre alt. Das ist für mich also die letzte Amtsperiode. Trotzdem werde ich sicher keine ruhige Kugel schieben“, versprach er. Von Franzis Waber
