Winsen. 117 Millionen Euro will das Land Niedersachsen den Städten und Gemeinden zur Verfügung stellen, um die Folgen der Pandemie zu bewältigen und ihre Innenstädte zukunftssicher aufzustellen. Von den Fördergeldern aus dem Programm „Perspektive Innenstadt“ möchte auch die Stadt Winsen profitieren und bereits im Oktober mit Aktionen beginnen. Bis zu 1,2 Millionen Euro möchte man in die verschiedensten Maßnahmen stecken, maximal 400 000 Euro davon sollen aus eigenen Mitteln finanziert werden. Diesem Plan gab der Stadtrat am Donnerstagabend einstimmig mit drei Enthaltungen seinen Segen.
Breiter Mix von Maßnahmen zur Belebung
Da die Anträge bereits Mitte Juli eingereicht werden mussten, hatte die Stadtverwaltung vorläufig einen breiten Mix von Maßnahmen in Aussicht gestellt, der in den kommenden Monaten mit der Politik, mit örtlichen Akteuren und externen Sachverständigen abgestimmt werden soll. Es sei davon auszugehen, dass es noch Veränderungen in den Planungen geben werde, dass einzelne vorgeschlagene Maßnahmen vielleicht gar nicht förderfähig seien oder ganz neue Aspekte ins Blickfeld geraten, so Bürgermeister André Wiese. Trotzdem sei es unabdingbar, die Mittel als außerplanmäßige Zahlung für den diesjährigen Haushalt einzuplanen, um bereits im Oktober handlungsfähig zu sein, wenn die Aktionen starten sollen. Der neue Rat tritt erst im November erstmals zusammen, die Haushaltsberatungen werden sich daher voraussichtlich bis ins neue Jahr ziehen. Damit kämen die Mittel, wenn sie erst im kommenden Jahr eingeplant werden, zu spät.
Teuerstes Projekt: Vermeidung von Leerstand
Angedacht hat die Verwaltung eine ganze Reihe von Punkten, die bereits mehr oder weniger konkretisiert werden konnten. Die mit rund 450 000 Euro teuerste veranschlagte Maßnahme wird die Leerstandsvermeidung in der Innenstadt sein. Die Idee: Die Stadt könnte leerstehende Immobilien zwischenerwerben und für neue Nutzungskonzepte ausstatten. Damit könnte ein „Winsener Wirtschaftsschaufenster“ entstehen, das ein innerstädtischer Begegnungsort für Unternehmen sei und deren Produkte und Leistungen den Bürgern präsentiere.
Ins Visier genommen wurde außerdem ein Wettbewerb für innovative Ladenkonzepte, bei dem die Stadt als Zwischenmieter Existenzgründern und Unternehmen mit innovativen Konzepten Flächen zu vergünstigten Konditionen zur Verfügung stellt. Darüber hinaus will man kurzfristige Zwischennutzungen fördern, die den Eigentümern den Druck zur sofortigen Neuvermietung der Flächen nehmen.
Im Handlungsfeld Mobilität und Klimaschutz gibt es bereits eine konkrete Idee: Für vorerst drei Jahre soll unter der Bezeichnung „StadtRad Winsen“ ein Leihradsystem mit 100 Rädern auf die Beine gestellt werden, für das sowohl in der Innenstadt als auch in innenstadtnahen Gebieten Leihstationen installiert werden. Auch eine Verlängerung der WinsenBus-Linie 4001 und ein „Innenstadt-Sprinter“ zwischen dem Bahnhof und den Ortsteilen ist im Gespräch. Für diese Maßnahmen sind vorerst 320 000 Euro veranschlagt.
Neue Formate für Veranstaltungen
200 000 Euro sollen in die Umsetzung von Events fließen. „Veranstaltungen sind der Schlüssel zum Erfolg“, so die Verwaltung. Daher sollen neue Formate erprobt werden, die im Laufe der zweiten Jahreshälfte 2021 konkretisiert werden. Den Wochenmarkt werde man dabei einbeziehen, so der Plan. Im Handlungsfeld Veranstaltungen enthalten ist auch die Überlegung, das Mobiliar im Marstall zu erneuern, um ihn als Veranstaltungsort zu sichern.
Hilfe für die Bahnhofstraße
Jeweils 50 000 Euro sollen in Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung der Bahnhofstraße und in die Planungen für die Digitalisierung der City fließen. Hier soll am Ende eine „Smart City“ stehen, so das Ziel der Verwaltung. Mit Hilfe eines Long Range Wide Area Network sollen Besucher schon vor dem Besuch Informationen zur Frequentierung der City erhalten, freie Parkplätze angezeigt bekommen oder sich über die Luftqualität informieren können.
Investieren möchte die Verwaltung auch in Personalkosten. Mit 130 000 Euro soll die Stabstelle Wirtschaftsförderung aufgestockt werden, da die mit den aktuellen Kapazitäten die Umsetzung der Maßnahmen nicht leisten kann.
„Wir wären mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir sagen würden, wir machen das nicht“, outete Ratsfrau Dr. Cornell Babendererde (CDU) sich als Fan des Konzeptes. Man solle die Möglichkeit der Förderung unbedingt ergreifen, so der Tenor von den Christdemokraten. Dem schlossen sich auch die Grünen an. „Ich halte es für angebracht, Mittel bereitzustellen“, so Bernd Meyer von den Grünen, die selbst einen Antrag zur Belebung der Innenstadt eingebracht hatten – der allerdings durchfiel.
Weniger begeistert zeigte sich die FDP. Man könne zwar nichts dagegen haben, die Innenstadt weiterzuentwickeln, so Ratsherr Ruschmeyer, aber vor allem die Maßnahmen in Sachen Leerstand lehne er ab. „Das ist zu viel Einmischung der öffentlichen Hand“, so Ruschmeyer. Auch die Förderung der Personalkosten stieß bei der FDP auf Skepsis. Es sei einfach nicht ehrlich, eine Stelle nur für einen Förderzeitraum auszuschreiben. Der Antrag der Freien Demokraten, die beiden Punkte aus dem Katalog herauszunehmen und im Gegenzug die Mittel auf 250 000 Euro zu begrenzen, wurde allerdings von der Ratsmehrheit abgelehnt. Von Franzis Waber
