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Gegen Vorschriften für mehr Klimaschutz und eine Quotenregelung für bezahlbaren Wohnraum in Winsener Neubaugebieten sprach sich jetzt die Mehrheit des Stadtrates aus. Foto; fw

Winsens Rat lässt Anträge zu Klimaschutz und bezahlbarem Wohnraum durchfallen

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Winsen. Gleich zwei Anträge, die der Stadtrat am Donnerstagabend diskutierte, beschäftigten sich mit dem Thema Klimaschutz in Neubaugebieten. Mit der Forderung nach mehr bezahlbaren Mietwohnungen setzte die SPD noch eine weitere Forderung obenauf. Die Festlegung von Klimaschutzmaßnahmen bei Neubauten fiel allerdings bei der Ratsmehrheit aus CDU, FDP und AfD ebenso durch wie eine 30-Prozent-Regel für bezahlbaren Wohnraum in Baugebieten.
Bei künftigen Bebauungsplänen für Wohn- und Gewerbegebiete sollen mindestens 50 Prozent der Dachflächen mit Photovoltaikmodulen ausgestattet werden, außerdem sollte ein höherer Dämmstandard als gesetzlich vorgeschrieben eingehalten werden: Das forderte die Gruppe Grüne/Linke in ihrem Antrag. Die SPD zielte in Sachen Klimaschutz in Neubaugebieten in eine ähnliche Richtung. Sie forderte ein Konzept zur Umsetzung einer klimaneutralen Versorgung mit Strom, Wärme und Mobilität sowie eine Begrünung der öffentlichen Flächen in Neubaugebieten. Geregelt werden sollte in diesem Konzept, so der Vorschlag, die Energieeffizienz der Neubauten, die Begrünung auch in privaten Gärten und eine klimafreundliche Mobilität, etwa durch die Anbindung an den ÖPNV.
Keine Vorschriften für Häuslebauer
„Wenn wir weitermachen wie bisher, werden wir die Klimaziele nicht erreichen“, warb Dr. Erhard Schäfer für den Antrag von Grünen/Linken. Es sei unvorstellbar, dass heute noch Neubaugebiete geplant würden, die nicht klimaneutral sind, argumentierte Brigitte Netz für die SPD. Bei den anderen Fraktionen im Rat stießen die Anträge jedoch auf wenig Verständnis. „Ich weigere mich, den Häuslebauern das vorzuschreiben“, argumentierte Nino Ruschmeyer (FDP), während Roderick Pfreundschuh den Grünen und der SPD vorwarf, den Bau eines Einfamilienhauses mit ihren Forderungen nur noch für Reiche zu ermöglichen. „Mit Zwangsmaßnahmen und Gängelei werden Sie den Klimaschutz nicht erreichen“, so Pfreundschuh. Für die CDU warf Jan Jürgens in die Diskussion, dass es nicht mehr möglich sei, den Platz im Dachgeschoss zu nutzen, wenn die Hälfte der Dachflächen mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet sei.
AfD favorisiert Atomkraft
„Dass das Bauen teurer wird, stimmt nicht. Es ist auf Dauer sogar günstiger“, versuchte Bernd Meyer (Grüne) den Rat davon zu überzeugen, dass die Investitionen in den Klimaschutz sich langfristig lohnen werden, und forderte sie auf, eigene Konzepte zum Klimaschutz vorzustellen. Unterstützung fand er dabei bei der SPD: „Sie haben keinen Plan, lehnen aber die Pläne der anderen ab“, warf Ratsfrau Netz CDU, FDP und AfD vor. Als Antwort kam von der AfD, dass der Plan nur die Nutzung von Atomkraft sein könne. „Wir können in Winsen das Klima sowieso nicht retten“, bekannte dagegen Dr. Nils-Oliver Höppner für die CDU. Die Bürger seien ohnehin gar nicht so klimafeindlich wie es dargestellt werde und gemeinsam werde man die Klimaziele schon erreichen.
Beide Anträge wurden von der Ratsmehrheit abgelehnt, ebenso wie ein weiterer Antrag der SPD zum Bewohner-Mix in Neubauquartieren. „Um die Versorgung der Bevölkerung mit preiswertem und bedarfsgerechtem Mietwohnraum zu verbessern, wird bei der Entwicklung von Baulandflächen für den Bereich der Mehrfamilienhausbebauung ein Zielwert von 30 Prozent der entstehenden Nettowohnfläche zur anteiligen Errichtung von gefördertem oder für bezahlbaren, preisgedämpften Mietwohnraum festgelegt“, so die Kernforderung.
Günstiger Wohnraum politisch nicht gewollt?
„Der bezahlbare Wohnraum wird immer weniger, die Preise steigen und Gentrifizierung findet statt“, resümierte Michael Schulze, der den Antrag vorstellte. „Wir haben den Eindruck, dass bezahlbarer Wohnraum in Winsen gar nicht gewollt ist“, setzte Brigitte Netz nach. Doch auch mit dieser Forderung biss die SPD auf Granit. „Eine 30-Prozent-Vorgabe ist großer Müll“, befand Ruschmeyer. Ratsherr Jürgens argumentierte, dass der Ansatz der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft für die Stadt verträglicher sei als eine Quotierung. Auf das Argument der SPD, dass man für die dringend benötigten Fachkräfte auch Wohnraum schaffen müsse, der mit einem mittleren Gehalt bezahlbar sei, um sie nicht zum Pendeln zu zwingen, antwortet Jürgens, dass es ja gar nicht Lebenspraxis sei, vor Ort zu wohnen und zu arbeiten.
Auch dieser Antrag wurde von der Ratsmehrheit zurückgewiesen. „Wer nach Winsen kommen will, der findet hier auch Wohnraum“, sah Jürgens keinen Anlass zum Handeln. Von Franzis Waber