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Im Rotlichtmilieu recherchierte Rita Knobel-Ulrich für ihren neuen ZDF-Film. Foto: Knobel-Ulrich

Rita Knobel-Ulrich unterwegs im Rotlicht-Milieu

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Drennhausen. Als Rita Knobel-Ulrich vor fünf Jahren einen Film für das ZDF unter dem Titel „Deutschland und der gekaufte Sex“ drehte, war fast klar, dass die Elbmarscherin das Thema nicht auf sich beruhen lassen würde. Schon gar nicht als 2017 auch noch das neue Prostituiertenschutzgesetz verabschiedet wurde, dass mehr Kontrollen und besseren Schutz für Sexarbeiterinnen versprach. Doch dann kam Corona und veränderte die Situation auch für Prostituierte drastisch. Ein Jahr lang arbeitete sie an dem Streifen, den das ZDF jetzt unter dem Titel „Das Ende der Sexarbeit? Prostitution nach der Pandemie“ ausstrahlte, der auch in der Mediathek des Senders noch weiterhin abrufbar ist.
Den Namen Knobel-Ulrich verbindet man ja eher mit Berichten aus fernen Ländern: Sie besucht Tschuktschen am Ende Sibiriens, berichtet über Eisbärenalarm an der Hudson Bay oder begibt sich auf Spuren von Chilenen mit deutschen Vorfahren. Aber die 71-Jährige nimmt sich auch sozialkritischer Themen an. Deswegen, sagt die quirlige Elbmarscherin, sei auch das Thema Sexarbeit für sie nicht gerade etwas Besonderes. „Ich hatte ja viele Kontakte schon durch den letzten Film. Auch wenn Corona nun noch mal viel durcheinandergebracht hat“, sagt Rita Knobel-Ulrich. So war fest abgesprochen, dass sie und ihr Filmteam die Polizei bei Kontrollen begleiten durfte. Aber die Pandemie verhinderte auch das.
Prostituierte schaffen illegal an
Denn viele Prostituierte mussten nach der Schließung der Bordelle abtauchen. „Die Frauen haben illegal angeschafft – heimlich auf dem Straßenstrich oder in Apartments“, schildert die Filmemacherin aus der Elbmarsch. Die Polizei berichtet, wie schwierig es sei, die Frauen zu kontrollieren, aber auch zu helfen. Puff-Besitzer wiederum klagen, dass sie gerade alle Auflage erfüllt hätten, nun aber die Bordelle leer stünden. Das alles fängt Rita Knobel-Ulrich in Bildern und O-Tönen ein.
„Berührungsängste habe ich nie“, sagt Rita Knobel-Ulrich – weder mit fremden Kulturen noch mit Prostituierten. Höflich und distanziert, aber auch ehrlich und freundlich müsse man im Umgang mit den Betreffenden sein, dann bekomme man auch Aufnahmen und Statements. „Vielen Prostituierten musste ich beispielsweise klar sagen: Wenn sie wollen, dass ihre Position gehört wird, dann müssen sie mit mir reden.“ Im Gegenzug versprach die Filmemacherin, auf Wunsch selbstverständlich Gesichter zu verpixeln und Stimmen zu verzerren.
„Natürlich kann man schnell zwischen die Fronten geraten. Insofern ist so ein Film auch ein Balanceakt. Aber man darf auf nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen“, findet Rita Knobel-Ulrich. Sie selbst schätzt sich ohnehin als eher misstrauisch ein. Ihr Ansatz: nicht bewerten, sondern berichten. Der Zuschauer muss sich bitte selbst seine Meinung bilden. Von Kathrin Röhlke