Buchholz. Jetzt will auch eine Frau auf den Chefsessel im Buchholzer Rathaus: Grit Weiland von der Wählergemeinschaft Buchholzer Liste kandidiert für das Bürgermeisteramt. Wie berichtet, stellen sich auch der derzeitige Amtsinhaber Jan-Hendrik Röhse (CDU) und der SPD-Fraktionschef Frank Piwecki zur Wahl. Das entscheidende Wort haben am 12. September die Bürger, dann stehen im Kreisgebiet die Kommunalwahlen an. Wo werden die Buchholzer ihr Kreuz machen? Im WA-Interview spricht Grit Weiland über Ideen und Ziele.
WA: Warum haben Sie sich für das Bürgermeisteramt in Buchholz beworben?
Grit Weiland: Die bisherige Buchholzer Stadtentwicklung fußt praktisch allein auf Wachstum durch Bauen. Für alle sichtbar werden mehr und mehr Felder, Wiesen und Wald in Gewerbe- oder Neubaugebiete umgewandelt. Dabei sind wir – mitten in einer spürbaren Umweltkrise – bundespolitisch längst aufgefordert, den Verbrauch neuer Flächen zu senken. Das entspricht auch dem Wunsch vieler Buchholzerinnen und Buchholzer nach Erhalt einer Stadt im Grünen. Ich setze mich für eine nachhaltige Stadtentwicklung von Buchholz ein: Soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange werden dann endlich gleichrangig berücksichtigt. Für dauerhafte Gerechtigkeit braucht es mehr als grüne Worte, nämlich ehrliche Taten.
Wo wurden Sie geboren? Was verbindet Sie mit Buchholz?
Ich bin in Brandenburg geboren. Noch vor der Wende habe ich die damalige DDR verlassen. Nach Stationen in Soltau und Hamburg lebe ich seit 2003 mit meiner Familie in Buchholz. Wirklich angekommen fühle ich mich hier, seit ich mich in die Stadt eingebracht habe: In die Buchholzer Liste, die Bürgerinitiative Ostring, die Freiwilligenagentur f·e·e und mehr. So habe ich ganz verschiedene Einblicke in die Stadtgesellschaft und auch ein Herz für Buchholz gewonnen.
Wie stellen Sie sich das Bürgermeisteramt vor?
Ich bin durch und durch Teamspielerin, arbeite gern kooperativ und im konstruktiven Austausch. Diese Eigenschaft würde ich auch ins Amt einer Bürgermeisterin mitnehmen. Über Verwaltungserfahrungen verfüge ich noch nicht. Insofern wäre die Amtsübernahme zweifellos für mich ein Sprung ins kalte Wasser. Aber die Zeit zum Handeln drängt und ich bin sicher, im Buchholzer Rathaus auf viele qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu treffen.
Was wird zu Ihren ersten Zielen in der neuen Legislaturperiode gehören?
Sobald der Klimaaktionsplan 2035 für Buchholz vorliegt, muss es zügig um die Umsetzung der wichtigsten Maßnahmen gehen. Mit Blick in die Stadtkasse und die Nachhaltigkeitsziele würde ich das Mammut-Projekt „Buchholz 2025plus“ einstellen und parallel nach Wegen zur Realisierung von Wohnen und Arbeiten entlang der innerstädtischen Bahntrasse suchen. Infrage kämen dafür die drei möglichen Bauvorhaben in der Bahngegend, die Buchholz als Trio in der Mitte ein neues Stadtgesicht geben können: die Rütgersfläche, der nördliche Bahnbereich etwa ab Kabenhof bis zum Mühlentunnel und das Canteleu-Viertel. Wenn wir uns nicht weiter verzetteln wollen, brauchen wir zu diesen drei Bauvorhaben kein viertes im Osten.
Braucht Buchholz aus ihrer Sicht noch mehr Gewerbe?
Offenbar in Erwartung höherer Einnahmen weist Buchholz regelmäßig neue Gewerbeflächen aus. Ob diese Strategie zielführend und überhaupt gewollt ist, sollte mit Bürgerbeteiligung hinterfragt werden. Berücksichtigt man die Lebensqualität der hier wohnenden Menschen und den klaren Auftrag zu Flächenschutz und Klimaneutralität, stellt sich für mich zunächst die Frage: Wie können wir auf vorhandener Fläche ein Maximum an Gewerbe realisieren? Die Beanspruchung neuer Flächen kann immer nur eine äußerst sorgfältig bedachte Notlösung sein. Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten brauchen wir auf jeden Fall einen Vergabestandard, der Dachbegrünung, Photovoltaik-Anlagen und Bepflanzung vorgibt. Prinzipiell befördert eine Auslagerung von Büros und Geschäften in die Randlagen ein unerwünschtes Ausbluten der Innenstadt.
Mehr Wohnungen und Gewerbeflächen führen zu mehr Verkehr. Wie wollen Sie damit umgehen?
Verkehr ist die CO2-Hauptquelle in Buchholz und führt zu schädlicher Flächenversiegelung. Ganz unabhängig davon, wieviel Gewerbe oder Wohnungen es in Buchholz einmal geben wird, benötigen wir deshalb zum Erlangen rechtzeitiger Klimaneutralität und ausreichendem Naturschutz eine umweltverträgliche Mobilitätswende. Mit einem Strauß an Maßnahmen – attraktiver ÖPNV, Stärkung des emissionsfreien Fuß- und Radverkehrs, Sharing-Angebote, Ladepunkte für E-Fahrzeuge – müssen wir uns unbedingt auf den Weg in Richtung einer sozusagen enkeltauglichen Mobilität machen. Deshalb gehört auch der Mühlentunnelbau zurück auf die Agenda.
Wie soll es mit der Realisierung für die Ostumfahrung weitergehen?
Gleichbleibende Autozahlen auf der Nord-Süd-Achse, der hohe Anteil innerstädtischen Verkehrs von 70 Prozent und ein klarer Blick in den Buchholzer Minus-Haushalt zeigen uns eindeutig, dass es keine schlüssige Begründung für eine Ostumfahrung gibt. Das Straßenprojekt aus den Zeiten der autogerechten Stadtträumerei zu realisieren, hieße den Schutz von Tieren und Pflanzen ebenso zu ignorieren wie die fortschreitende Erderwärmung. Durch die großräumige Bebauung des gesamten Buchholzer Ostens gingen viele Orte für Spiel, Sport und Erholung verloren. In der Abwägung all dieser Belange halte ich es für zumutbar, in den Stoßzeiten – wie in jeder anderen Stadt Buchholzer Zuschnitts – mit dem Auto eine etwas längere Fahrzeit in Kauf zu nehmen. Das Projekt „Ostring“ würde ich daher aufgeben und vorgesehene Mittel stattdessen in umweltfreundliche Mobilitätsangebote für alle investieren.
Wie wollen Sie sich dem demografischen Wandel stellen?
In einer noch wachsenden Stadt gibt es etwa 10 000 Buchholzerinnen und Buchholzer im Seniorenalter, Tendenz steigend. Das verlangt nach innerstädtischen, kleinen und bezahlbaren Wohnungen oder Wohnformen aus „Alt plus Jung“ oder „Alleinlebend plus Familie“. Wünschenswert wäre eine Beratungsstelle zur Umgestaltung von zu groß gewordenen Häusern und entsprechenden Fördergeldern, um ungenutzte Wohnfläche vermieten zu können. Damit die Fahreignung nicht über ein gutes Leben in Buchholz entscheidet, muss Mobilität besser aus der Sicht von Menschen ohne Auto gedacht werden. Oft betroffen sind übrigens nicht nur Seniorinnen und Senioren, sondern auch Kinder, Menschen mit einer Behinderung oder geringerem Einkommen.
Was wollen Sie für die Verbesserung des Klimas in Buchholz tun?
An dieser Stelle möchte ich all den jungen und junggebliebenen Engagierten danken, die sich unerschütterlich für Klimaschutz in Buchholz einsetzen. Ausschließlich mit Projektideen, wie sie beispielsweise seit diesem Jahr im städtischen Klimaforum erarbeitet werden, kann jedoch längst kein ausreichender Klimaschutz entstehen. Hierzu braucht es den großen Wurf an Maßnahmen, unter anderem zur Mobilitätswende oder für Baustandards – und der muss eindeutig aus der Verwaltung und der Politik kommen! Von Christa-M. Brockmann
[box type=“info“ align=““ class=““ width=““]Hintergrund Zur Person Grit Weiland ist 52 Jahre alt und arbeitet freiberuflich als Diplom-Psychologin. Sie ist verheiratet und hat vier Kinder im Alter von zwölf bis 19 Jahren. Bereits 2016 kandidierte sie für die Buchholzer Liste für den Buchholzer Stadtrat, erhielt jedoch kein Mandat. Ihr ehrenamtliches Engagement ist groß. Seit 2017 beteiligt Weiland sich am Aufbau der Buchholzer Freiwilligenagentur f·e·e, außerdem wirkt sie als Vorsitzende der Bürgerinitiative Ostring (BIO) und Mitglied der Ortsgruppe „Parents for Future Buchholz und Umgebung“. Auch als Mitglied der Initiative „BuchholzZero“ und stellvertretende Sprecherin des Klimateams Mobilität im Rahmen des Klimaforums bringt sie sich ein.[/box]