Echem. Das Ziel ist es, den Einklang zwischen Nutztierhaltern und dem Wolf zu erreichen. „Es muss doch beim Schutz von Herden etwas zwischen gar nichts tun und der Entnahme von Wölfen geben“, sagt Elke Steinbach, bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen für die Koordination des Herdenschutzes zuständig. Dieses Dazwischen sollen wolfsabweisende Zäune ausfüllen, die Weidetiere vor Übergriffen schützen können. Solche stehen jetzt als Musterzäune auf dem Gelände des landwirtschaftlichen Bildungszentrums (LBZ) in Echem als Dauerausstellung.
„Normalerweise suchen Wölfe nach Möglichkeiten, einen Zaun zu untergraben, hindurch zu schlüpfen oder zu überklettern. Bei einer wolfsabweisenden Einzäunung ist deshalb ein Untergrabeschutz und ein Überkletterschutz von besonderer Bedeutung“: So ist es auf den Schautafeln zu lesen, die an der Zaunanlage aufgebaut sind.
Über diese informierte sich der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD) jetzt bei Elke Steinbach während eines Besuches des LBZ in Echem. Aufbau, Technik und Schutzwirkung der verschiedenen Einfriedungen erläuterte die Expertin dem Minister.
Der praktische Herdenschutz sei vor dem Hintergrund der rasant gestiegenen Wolfspopulation in Niedersachsen eine große Herausforderung, attestierte Lies. „Wir kannten die Situation wie sie jetzt ist, früher nicht. Wir müssen uns auf Veränderungen einstellen.“
Ein Grund für ihn, warum die Diskussion darüber seit geraumer Zeit so hochemotionalisiert verlaufe. Weil es diese Ängste gebe, müsse das Land beraten und aufklären. Die Musterzäune seien ein sehr hilfreiches und wichtiges Instrument, betonte der Minister.
Denn: „Die Akzeptanz des Herdenschutzes muss sich positiv entwickeln.“ Auf keinen Fall dürfe die Belastung der einzelnen Tierhalter so groß sein, dass diese zur Aufgabe führe.
Akzeptanz des Schutzes muss besser werden
„Wir müssen jeden da abholen, wo er mit seinem Wissensstand steht“, meint Elke Steinbach. Deshalb wird das LBZ künftig Seminare für Nutztierhalter und Auszubildende zum fachgerechten Zaunbau anbieten. Sie können sehen und lernen, wie sie ihre Tiere bestmöglich vor Wolfsübergriffen schützen. Wolfsberater wie Ulrike Kruse, die sich ebenfalls über die Anlage in Echem informierte, können diese in ihre Beratungen einbeziehen, vor Ort und am praktischen Beispiel. Auch für Hobbyhalter.
Schließlich sei jeder Besitzer für das Wohl seiner Tiere verantwortlich, betont Steinbach. Sie räumt aber ein, dass es keinen 100-prozentigen Schutz vor Wolfsübergriffen gebe. Dennoch müssten Halter von Rindern, Pferden, Schafen und Ziegen, aber auch Gehegewild lernen, dass es nicht mehr wie in der Vergangenheit nur um den Ausbruchsschutz für die eigene Herde gehe. „Da ist die Kompetenz bei den Haltern hoch“, sagt sie. Aber die Wolfsabwehr sei dann doch ein ganz anderes Kaliber. „Weil Wölfe in die Herden eindringen wollen.“
Die Anlage in Echem umfasst acht Zaunreihen, gezeigt werden stationäre Festzäune und mobile Varianten, die mechanisch sowie elektrisch abweisend wirken. Weidetierhalter erhalten detaillierte und auf die individuelle Situation angepasste Informationen zu Material und Aufbau sowie zur Aufrüstung bestehender Zäune. Wichtig: Alles entspricht den Vorgaben der Richtlinie Wolf, nach der sie Fördermittel beantragen können.
Bei der Entwicklung der Musterzäune haben Elke Steinbach und die anderen Experten der Landwirtschaftskammer auf Literatur über Verhalten und Biologie von Wölfen, Erfahrungen aus Wolfszentren, anderen Ländern sowie Erkenntnisse vom niedersächsischen Wolfsbürozurückgegriffen, sich zudem eine ähnliche Anlage in Sachsen-Anhalt angesehen. Steinbachs Fazit und Rat: „Ein Update der eigenen Zaunanlage schadet nie.“Zumal die Entwicklung hin zu immer besseren Systemenweitergehen werde. Im Sinnedes Ziels, dass Nutztierhalter und Wölfe im Einklang leben können. Von Stefan Bohlmann
