Winsen. „Ein neues, frisches Bündnis würde Niedersachsen gut tun“, sagt Bernd Althusmann. Der stellvertretende Ministerpräsident des Landes Niedersachsen, Wirtschaftsminister und Landesvorsitzende der CDU stattete dem Winsener Anzeigers in den neuen Verlagsräumen an der Bahnhofstraße einen Besuch ab und beantwortete anschließend im Schlosspark die Fragen von WA-Redaktionsleiter Thomas Mitzlaff. Althusmann ist Abgeordneter des Wahlkreises 51, der die Gemeinden Seevetal, Rosengarten und Neu Wulmstorf umfasst.
Herr Althusmann, sie wohnen im Landkreis Lüneburg, der aktuell die höchsten Corona-Inzidenzwert bundesweit hat. Wie gehen Sie damit um?
Diese Entwicklung der vergangenen Woche ist natürlich sehr bedauerlich, hervorgerufen wurde sie ja offenbar vor allem durch Abifeiern und Discothekenbesuche. Man muss allerdings auch sagen, dass nach 16 Monaten Pandemie die Aussagekraft eines regionalen Inzidenzwertes bei deutlich gestiegener Impfquote der Bevölkerung neu beurteilt werden sollte.
Heute sind rund 50 Prozent der Niedersachsen vollständig geimpft. Auf der Ministerpräsidenten-Konferenz muss besprochen werden, an welche Faktoren wir die Inzidenzen künftig koppeln. Dieser Wert bleibt dennoch wichtig als kurzfristiger Gradmesser zur Beurteilung eines Infektionsrisikos. Aber die Belastung der Intensiv-Betten mit Corona-Patienten oder die regionale Impfquote sollte mit einfließen. Deshalb gilt weiterhin mein Appell: Bitte lassen Sie sich impfen!
Vor Ort ist es natürlich auch immer ein schmaler Grat zwischen wirtschaftlichen und gesundheitlichen Interessen …
Ich gehe davon aus, dass wir bis Ende September in Niedersachsen eine Impfquote von 70 bis 80 Prozent erreichen, die vierte Welle durchbrechen und einen Lockdown vermeiden können. Unsere Schulen sollen nach den Ferien sicher zum Präsenzunterricht zurückkehren und unsere Kitas im Land sollten wir offenhalten. Und natürlich sehe ich die Belastung der Betriebe in unserer Region. Die Wirtschaft muss laufen, weil wir sonst im Tourismus oder im Veranstaltungsbereich – zum Beispiel bei Messen – vor große Probleme gestellt würden, von den Einschränkungen unseres Alltags ganz zu schweigen.
Sie erwarten eine Impfquote von bis zu 80 Prozent?
Ja, für mich ist das auch ein Stück staatsbürgerliche Verantwortung, um sich selbst zu schützen, aber auch die, die sich aus verschiedenen Gründen nicht impfen lassen können. Ungeimpft sind ja derzeit vor allem die jüngeren Menschen etwa zwischen 15 und 34 Jahren. Gerade diese Gruppe sollten wir jetzt in den Blick nehmen und ihnen Angebote auch vor Ort in ihrem Umfeld machen.
Zum 30. September schließen ja nunmehr die Impfzentren. Ist diese Bundes-Entscheidung ein Fehler?
Das wird man lageabhängig Anfang September neu beurteilen müssen. Derzeit sieht es so aus, dass die Hausärzte sowie mobile Impfteams das Angebot sicherstellen können.
Ihre Plakate hängen überall im Wahlkreis. Sind Sie derzeit im Wahlkampfmodus, ohne unmittelbar zur Wahl zu stehen?
Wahlkampf ist ja dann doch irgendwie immer. Die kommenden 14 Monate sind von drei entscheidenden Wahlen für unser Land geprägt. Als CDU betrachten wir dies als eine Einheit: die Kommunalwahlen und die Bundestagswahl im September, sowie die Landtagswahlen voraussichtlich im Oktober 2022. Wir werben in allen drei Phasen gemeinsam um Vertrauen.
Und dann will die SPD Sie in Niedersachsen nächstes Jahr von der Bettkante stoßen und die Koalition nicht weiterführen. Wie geht man damit um?
Ich möchte Ministerpräsident in Niedersachsen werden und die Pläne von Herrn Weil, das verstaubte rot-grüne Regierungsbündnis wieder aufleben zu lassen, wäre eine Rückkehr in die Vergangenheit.
Welches Bündnis würden Sie bevorzugen?
In erster Linie trete ich an, um ein starkes Ergebnis für die CDU zu holen, nicht für eine Koalition. Aber unter CDU-Führung wären mehrere Kombinationen denkbar, auch mit der SPD. Ich denke aber, ein neues, frisches Bündnis würde Niedersachsen guttun, etwa Jamaika oder auch Schwarz-Grün. Entscheidend ist für mich, dass ohne die CDU keine Regierungsmehrheit zustande kommen kann.
