Immer mehr Banken und Sparkassen führen Verwahrentgelte für Giro- und Tagesgeldkonten ein

Lüneburg. Immer mehr Banken und Sparkassen führen Verwahr­entgelte ein. Wer zu viel Geld auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto hat, zahlt künftig Strafzinsen. Auch in Niedersachsen sind viele Kunden betroffen, teilt das Lüneburger Büro der Verbraucherzentrale Niedersachsen mit. So kassiert etwa die Sparda-Bank West ab Juli Negativzinsen für Giro- und Tagesgeldkonten. Bei anderen Kreditinstituten in Lüneburg gibt es bereits Negativzinsen. Die Volksbank Lüneburger Heide eG verlangt 0,5 Prozent Strafzinsen bei Neukunden ab 50 000 Euro, bei Bestandskunden ab 100 000 Euro. Die Commerzbank nimmt ebenso wie die Deutsche Bank 0,5 Prozent auf private Guthaben ab 100 000 Euro. Die Sparkasse Lüneburg hatte am 1. April Verwahrentgelte für Guthaben auf neuen privaten Girokonten eingeführt. Freibeträge werden individuell bis zu einer Grenze von 100 000 Euro festgelegt. „Grundsätzlich führen wir Bestandskonten ohne Verwahrentgelt“, sagt Angela Meyer, Sprecherin der Sparkasse.
Noch ist unklar, ob die neuen Entgelte überhaupt rechtens sind. Die Verbraucherzentrale rät Betroffenen, die Gebühren nicht einfach hinzunehmen und zeigt Alternativen. Die Sparda-Bank West habe ab Juli Verwahr­entgelte für bestehende Konten eingeführt: Für Guthaben über 25 000 Euro auf dem Girokonto sowie Guthaben über 50 000 Euro auf Tagesgeldkonten werden 0,5 Prozent Negativzinsen fällig. Und das sei kein Einzelfall. „Scheinbar sind Einlagen von Privatpersonen nicht mehr willkommen“, sagt Philipp Rehberg, Finanzexperte der Verbraucherzentrale. Geldinstitute begründen die Verwahrentgelte mit den Negativzinsen, die auch die Europäische Zentralbank für Kundengeld erhebt. „Wir bezweifeln jedoch, dass Geldinstitute die angeblichen Gebühren in vollem Umfang auf ihre Kunden abwälzen dürfen“, sagt Rehberg. „Schließlich verwahren sie die Gelder nicht nur, sondern erzielen damit auch Gewinne.“ Die Verbraucherzentralen haben bereits erste Unterlassungsklagen gegen diese Praxis eingereicht, bis zur höchstrichterlichen Klärung werde es aber noch dauern.
Unabhängig von der Frage, ob das Vorgehen der Geldinstitute rechtmäßig ist: Wer die neuen Entgelte nicht akzeptiert, wird die Kündigung des Kontos riskieren. Machtlos sind Kunden aus Sicht der Verbraucherschützer deshalb aber nicht. „Wir raten dazu, vorhandene Guthaben so umzuschichten oder auf mehrere Konten zu verteilen, dass keine Strafzinsen entstehen. Auch ein Kontowechsel kann eine gute Option sein – und ist einfacher, als viele denken“, sagt Rehberg. Schließlich gebe es noch Banken und Sparkassen, die keine Verwahrentgelte erheben. Dabei sei es aber wichtig, auf die deutsche oder eine gleichwertige ausländische Einlagensicherung zu achten. Dauerhaft sollte Vermögen ohnehin nicht auf Tagesgeldkonten „geparkt“ werden, empfiehlt der Finanzfachmann. „Hier lassen sich keine relevanten Renditen erzielen. Für eine mittel- und langfristige Anlage sind daher Sparbriefe, Sparpläne und Festgelder sowie für Risikobewusstere auch Aktienfonds und entsprechende Fondsparpläne die bessere Wahl.“ lz/wko