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Michael Thode lebt am Rand von Salzhausen in einem kleinen Idyll. In seinen Thrillern aber geht es gar nicht idyllisch zu, da wird‘s brutal in der Heide. Foto: oc

Michael Thode aus Salzhausen ist als Thriller-Autor mit regionalem Bezug gut unterwegs

Salzhausen. Er wühlt gern im Garten. Er ist Jurist, Oberstleutnant der Reserve, trägt armhoch Tattoos und an den Fingern so Heavy-Metal-mäßig schwere Ringe. Wacken? „Klar, meine fünfte Jahreszeit.“ Vor allem aber ist Michael Thode Thriller-Autor. Jetzt liegt der zweite Fall auf den Büchertischen: „Schuld! Seid! Ihr!“ Harter, schneller Stoff. Was für ein Kontrast zum Idyll am Rand von Salzhausen, wo Thode, Frau und Gordon Setter Frida neben einem Reiterhof leben! Die Umgebung aber ist mörderisch, 415 Seiten lang.
Schriftsteller, Offizier und Journalist
„Jetzt setze ich alles auf eine Karte“, sagt Thode. Er sitzt im halbwilden Garten, es blüht an allen Ecken, schwarzer Kaffee im Becher: „Born to lose. Live to win“, steht drauf, erinnert an Lemmy Kilmister, den Motörhead-Mucker. Michael Thode ist jetzt 47, er hat viel gemacht, arbeitete in etlichen Jobs, als Journalist, bei einer Spedition, als Offizier im Kosovo und in Afghanistan… Krimis aber hat er schon als Kind geschrieben, und jetzt geht er da aufs Ganze. Es ist seine entscheidende Chance.
Denn der erste Fall für Hauptkommissar Rolf Degenhardt liegt lang zurück, „Das stumme Kind“ erschien 2014. „Was will ich? Womit werde ich glücklich?“ habe er sich immer wieder gefragt, sagt Thode. Nebenberuflich schreiben geht nicht, wenn man sich etablieren will. Schon gar nicht in einem so dicht besetzten Feld wie der Spannungsliteratur. „Du musst jährlich liefern“, sagt Thode. Also hängt er sich jetzt da voll rein, Thriller Nummer drei ist gerade erschienen.
Thode führt nach Winsen, Sprötze, Lüneburg, Garstedt, Vierhöfen, Radbruch und vor allem nach Buchholz. Dort in der Nordheide sitzt die Polizeiinspektion um Rolf Degenhardt. Sie bekommt es mit Toten zu tun, die sich mit Strychnin aus dem Leben beförderten. Aber nicht freiwillig. Einem Rachefeldzug hetzen Degenhardt und Team hinterher. Nur mühsam finden sie den roten Faden, der die Toten verbindet.
Thode rollt seine Geschichte aus mehreren Erzählperspektiven und Zeitebenen auf. Der Thrill funktioniert. Die Geschichte ist gut gebaut. Die Kunst, die Konstruktion nicht zu sehr durchscheinen zu lassen, klappt. Das Springen durch Zeit und Perspektive verwirrt nicht mehr als es soll, die Sprache ist schlank, dialogstark, die Kapitel sind kurz.
Auch die Psyche des Täters und seine Motivation dröseln sich auf. „Kein Mensch ist nur gut oder nur schlecht“, sagt Thode. Die Morde aber sind brutal, werden so psychotisch wie akribisch mit digitaler Technik vorbereitet. Thode hat da genau recherchiert. „Erschreckend, wie einfach es ist, einen Herzschrittmacher zu hacken“, sagt er – auf dem Golfplatz bei Radbruch kommt die Technik zum Einsatz.
Also noch ein Regionalkrimi aus Lüneburg und der Heide? Da gibt es doch schon so einige, die von Kathrin Hanke und Angela L. Forster vor allem. Thode aber schreibt anders, „Schuld! Seid! Ihr!“ hat einen härteren Drive, Thriller eben. Woher kommen die Ideen? Michael Thode liest viel: Stig Larsson, Harlan Coben, Michael Robotham, Sebastian Fitzek, Jan Beck nennt er als Favoriten und Romy Fölck, die in der Haseldorfer Marsch lebt, wie er über Jura zum Schreiben kam und wie er beim Verlag Bastei Lübbe untergekommen ist. Thode saugt viel auf und sucht seinen eigenen Weg.
Der Mann aus Salzhausen ist ein disziplinierter Arbeiter, überlässt nichts dem Zufall. „Dinge, die ich mache, mache ich ohne Handbremse.“ Das Ende steht, bevor das erste Wort geschrieben ist. Ein paar Wochen nur setzt er aus, dann ist er als Jurist bei der Bundeswehr aktiv. Das macht ihm Spaß und ist gut fürs Brot.
Recherche in der Nachbarschaft
Thode wird auch weiterhin auf die Region als Zentrum des Geschehens setzen. „Ich fühle mich hier wohl, ich kenne mich hier aus. Das hat den Vorteil, dass ich Recherchen schnell machen kann“, sagt er. Seit 2009 lebt der aus Heide in Holstein stammende Autor mit seiner Frau Annika in der Lüneburger Heide. Im dritten Fall geht es auch um Pferde, da kann Thode fürs Recherchieren zu Haus bleiben: Seine Frau gibt Reitunterricht in allen Klassen.
Spürbar ist im zweiten Degenhardt-Fall schon, wie Thode Personal aufbaut, das – so die Resonanz stimmt – durch die kommenden Jahre ermitteln soll. Dass ein so aufgeplusterter wie ahnungsloser Vorgesetzter ins Kommissariat platzt, gehört auch dazu. Mit solchen Klischeebolzen schlagen sich Ermittler aus Krimi und Thriller ja meistens rum, ob Brunetti in Venedig oder de Bodt in Berlin. Also warum soll es in Buchholz anders sein?
Michael Thode ist Gast des Lüneburger Krimifestivals, das Ende Oktober startet. Er liest in der Dörpschün, der Termin wird noch bekannt gegeben. Von Hans-Martin Koch