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Die Heide zwischen Undeloh und Wesel: Auch hier hat sich die Drahtschmiele ausgebreitet. Foto: kr

Die Heideblüte startet: Vergrasung und Käferbefall machen der Kulturlandschaft zu schaffen

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Egestorf/Undeloh. Wie sieht es aus mit der diesjährigen Heideblüte? Wann geht es richtig los? Was hat der Heideblattkäfer im Frühjahr für Schäden verursacht? Warum ist die Drahtschmiele an manchen Stellen so im Vormarsch? Und was hat die Corona-Pandemie mit der Heidepflege zu tun? Der WA sprach mit Dirk Mertens, Fachbereichsleiter Offenlandpflege und Naturschutz beim Verein Naturschutzpark (VNP).
Von einer verspäteten Heideblüte könne man nicht sprechen, erklärte der Experte dem WA. Zwar habe die Heideblüte in den beiden vergangenen Jahren früher begonnen, aber die alte Faustformel – nach der die Heide vom 8. August bis zum 9. Septenber blüht – treffe auch dieses Jahr zu: Ab nächster Woche wird der lilafarbene Blütenteppich immer größer werden. „Wir erwarten eine durchschnittliche Heideblüte“, sagt Mertens. Momentan deute aber vieles darauf hin, dass die Heide wirklich nur gut vier Wochen blüht, eine deutlich verlängerte Blütezeit wie in den vergangenen Jahren schließt er aus. Typisch für diesen Sommer: Es wird große lokale Unterschiede geben. Und das hat viele Gründe.
Ein Grund: Die Verteilung der Niederschläge ist in diesem Frühjahr und Sommer sehr ungleichmäßig – einige Flächen sind knochentrocken, andere haben ergiebigen Regen abbekommen. „Wir hatten bei Niederhaverbeck gerade einen Heidebrand“, berichtet Mertens. An anderen Stellen war es eher zu nass. Ausreichend Niederschläge sind einerseits gut für die Heidepflanzen, weil sie gut wachsen und austreiben können.
Andererseits bergen sie auch Gefahren. „Wenn der Boden zu nährstoffreich ist, gedeihen andere Pflanzen durch das Nass sehr gut“, weiß Mertens. Zu sehen ist das besonders auf den Flächen, die im April und Mai nicht beweidet wurden – beispielsweise auf der Birkenbank in Egestorf. „Unsere Heidschnuckenherden verhindern normalerweise, dass sich die Drahtschmiele stark ausbreitet“, so Mertens, „aber wenn die sie erst einmal blüht, gehen die Vierbeiner da nicht mehr ran.“ Auf Teilen des Birkenbank-Areals in Egestorf, aber auch auf vielen Flächen im Raum Undeloh und Wesel, steht das Süßgras seit Wochen in voller Blüte – hier hat die Heide keine Chance.
„Die Drahtschmiele richtet aber weniger Schaden an als das Pfeifenkraut“, erklärt der VNP-Experte. Grund: Die Drahtschmiele bindet den Stickstoff, den sie aus der Luft aufnimmt, an der Oberfläche, der ungeliebte Dünger dringt nicht so tief in den Boden ein. Ohne Maßnahmen wie Plaggen oder Choppern sei aber auch die Drahtschmiele nicht zurückzudrängen, so Mertens – da wartet viel Arbeit auf die Landschaftspfleger des VNP.
Der Heideblattkäfer richtete Schäden an
Ein weiterer Grund dafür, dass die Heide weniger großflächig blühen und noch mehr als in früheren Jahren ein Mosaik aus Flächen unterschiedlicher Qualität bilden wird: Im Frühjahr hat der gefürchtete Heideblattkäfer so manche Heidefläche stark in Mitleidenschaft gezogen. Dass sich der Schädling im Februar und März derart stark ausbreiten konnte, hat auch wieder mit der Witterung zu tun: Frost und Trockenheit mögen die Käfer gar nicht, der milde, feuchte Winter kam ihnen dagegen sehr entgegen. Unter dem Heidekraut gedieh auch das Moos, band die Feuchtigkeit und schuf beste Bedingungen für die Ausbreitung des Schädlings. „Betroffen waren unter anderem Flächen in der Weseler Heide und in Undeloh“, so Mertens. Zwar hätten sich die Heidepflanzen mittlerweile davon teilweise erholt, ein gewisser Schaden sei aber geblieben.
Nicht nur Wetter und Schädlinge haben Einfluss auf den Zustand der Kulturlandschaft Heide, sondern – wie sollte es anders sein – auch der Mensch. Ohne Pflegemaßnahmen durch Heidschnucken, Chopper und andere technische Geräte würde die Lüneburger Heide bald zum Lüneburger Wald werden. „Wir als VNP haben aber nur begrenzte Möglichkeiten und sind froh, dass es zahlreiche ehrenamtliche Patenschaften für die kleineren Heideflächen gibt“, sagt Mertens. Seit vielen Jahren haben diese Paten immer wieder mit Unterstützung von Helfern Aktionen zur Entkusselung der Heide organisiert – dabei werden die Schösslinge von Kiefern und Birken aus der Erde gerissen, um den kargen Heideboden weiter nährstoffarm zu halten. Und dann kam Corona. Folge: In den letzten 18 Monaten haben solche Aktionen kaum stattgefunden. Und das sieht man, beispielsweise auf der Egestorfer Birkenbank: Die jungen Bäume beginnen damit, sich die Heideflächen zurückzuholen. Auch hier gibt es Handlungsbedarf.
Trotz alledem rechnet Dirk Mertens auch in diesem August mit einer sehr passablen Heideblüte, die Touristen und Naherholungssuchende nicht enttäuschen wird. Auch wenn der weite Blick über unendlich scheinende lila Landschaften in diesem Jahr wohl fehlen wird. „Das Fernbild ist etwas getrübt, aber kleinteilig gibt es wieder eine gute Blüte“, sagt Mertens. Sein persönlicher Tipp: „Die Döhler Heide wird in diesem Jahr sehr schön blühen.“ Von Rainer Krey