Borstel. Eine Blühwiese in der Borsteler Feldmark, die Bienenkörbe stehen gleich neben dem Gatter: Einen besseren Treffpunkt für das WA-Gespräch mit hiesigen Landwirten gibt es kaum. Sieben Landwirte aus Borstel haben sich jetzt zusammengetan, allesamt Weidetierhalter. Sie wollen die Öffentlichkeit aufmerksam machen auf ihre Probleme, aber auch auf das, was sie bereits für Nachhaltigkeit und Naturschutz leisten. Dazu soll es am Freitag, 17. September, um 18 Uhr auf dem Dorfplatz in Borstel ein Mahnfeuer geben, dort möchte man mit Bürgern und gerne auch politischen Vertretern ins Gespräch kommen.
Grundsätzlicher Tenor ist und bleibt, dass die Landwirte mehr und mehr den Eindruck haben, dass die Politik trotz aller Versprechen eher gegen sie arbeitet, dass die Probleme der regionalen Landwirtschaft einfach kein Gehör finden, weder in Hannover und noch weniger in Berlin. Im Fokus am Tag der Weidehalter steht allerdings der Wolf, der auch den Landwirten in Borstel zu schaffen macht. Schafe, Rinder und Pferde werden auf den Bauernhöfen und den dazugehörigen Weiden in diesem Winsener Ortsteil gehalten.
In den Gemarkungen Radbruch und Vierhöfen soll aktuell jeweils ein Rudel unterwegs sein. Allein schon deren Streifzüge sorgten für Gefahr, weil so die Weidetiere in Unruhe versetzt würden, berichtet Jens-Peter Rabeler, Inhaber eines Reit- und Zuchthofes in Borstel. Weidetiere sind Herdentiere und damit Fluchttiere. Panik in einer Herde, wodurch auch immer augelöst, ist der Albtraum eines Landwirtes. Der muss die Tiere dann wieder einsammeln. In Borstel hat man Tiere auch schon von der Bundesstraße oder Autobahn holen müssen.
Landwirte sehen Weidetiere in Gefahr
„Südlich der Bundesstraße lasse ich keine Pferde mehr weiden, das ist zu gefährlich“, sagt Rabeler. Auch der Wald zwischen Bundestraße und Autobahn sei nicht mehr sicher. Da rotteten sich die Wildschweine zusammen und die Wölfe liefen da durch, wird berichtet. Auch zu Wolfsrissen sei es schon gekommen in diesem Gebiet, ergänzt Wendelin Schmücker, die jedoch nicht beim Wolfsberater gemeldet worden seien.
Der Schäfer organisiert als Vorsitzender des Fördervereins der Deutschen Schafhaltung die Mahnfeuer bereits seit fünf Jahren. Eine aus seiner Sicht traurige Tradition, denn dieser Zeitraum zeige, dass Belastungen, Sorgen und Ängste bereits seit fünf Jahren durch die Politik ignoriert würden. Beim Schutz vor Wölfen fühlen sich die Landwirte allein gelassen. Es gebe zwar eine Förderung für die sogenannten Wolfszäune, auf den Materialkosten bleibe man aber weitestgehend sitzen. „Eine 20 Hektar große Weide einzuzäunen ist praktisch unmöglich. Man bräuchte einen mehrere Kilometer langen Zaun“, rechnet Jens-Peter Rabeler vor. Schmücker ergänzt: „Dass ein wolfssicherer Zaun einen Wolf tatsächlich aufhält, davon kann man nicht mehr ausgehen.“ Und im Fall der Fälle bliebe nach einem Riss meist die Versicherungs- und Schadensfrage offen.
Zu den Forderungen gehört die Jagdquote
Der Schäfer stellt klar, dass man statt eines „einseitigen Wolfsschutzes“ ein neues Wolfsmanagement brauche, das auch eine Jagdquote beinhalte. Rabeler stimmt zu: „Der Wolf entwickelt keine Scheu, wenn er nicht gejagt wird.“ Sich unkontrolliert ausbreitende Rudel brächten die Weidetierhalter in arge Bedrängnis, so Schmücker.
Das sind keine gute Aussichten für Familienbetriebe. Die Höfe Bergmann, Bittmann, Gehrdau, König, Rabeler, Riewesell und Schmücker sollen auch in Zukunft Familienbetriebe bleiben. Darum müsse man jetzt etwas auch für den Nachwuchs getan werden, darum müsse man auch die Bedingungen für die Landwirtschaft verbessern. Vor Ort sei bereits viel passiert für Nachhaltigkeit und Naturschutz. Auf insgesamt rund 500 Hektar Feldmark rund um Borstel habe man auf 120 Hektar ökologische Vorrangflächen und Blühwiesen geschaffen. Auch der von Landwirtschaft und Landtag eingeschlagene „Niedersächsische Weg“ gehe die richtige Richtung, sind sich die Landwirte einig. Darin sind zahlreiche Maßnahmen zum Natur- und Artenschutz vereinbart worden.
Die lokalen Landwirte sperren sich nicht dagegen, sondern betonen, dass auch sie längst für Ökologie und Umweltverträglichkeit stehen würden. „Damit leisten wir regional unseren Anteil an der gesellschaftlichen Entwicklung“, sagt Jens-Peter Rabeler. Verärgert aber sind Bauern, wenn sie zum Buhmann gemacht werden und der Bund mit einer realitätsfernen Gesetzgebung von oben dagegen regelt. „Wir Bauern tun bereits viel“, unterstreicht Rüdiger Riewesell. Letztlich wollten ja auch die kleineren Betriebe etwas vom großen Kuchen. Beim Mahnfeuer am 17. September gibt es eine Menge zu besprechen. Es wäre gut, wenn viele interessierte Gesprächspartner dazu kämen. Von Björn Hansen
