Winsen. „Mobile Raumluftfiltergeräte bringen nicht die Vorteile, die zum Teil in den Medien und von Herstellern propagiert werden. Die Minderung des Infektionsrisiko kann nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht eindeutig nachgewiesen werden“ – zu diesem Schluss kommt die Kreisverwaltung, die im Frühjahr vom Kreistag beauftragt wurde, Erfahrungen mit Luftfilteranlagen bei anderen Kommunen zu sammeln.
Anträge zum Thema Luftfilter haben angesichts von angekündigten großzügigen Förderungen fast alle Fraktionen und Gruppen im Kreistag gestellt. Der erste Antrag war von den Freien Wählern gekommen, die bereits im Februar gefordert hatten, die weiterführenden Schulen, für die der Landkreis verantwortlich ist, mit Luftfiltern auszustatten. Angelika Gärtner von den Freien Wählern hatte ein Unternehmen gefunden, das dem Landkreis ein Gerät für einen Probebetrieb im Gymnasium Meckelfeld leihweise überlassen hatte. In einem weiteren Antrag hatten die Freien Wähler gefordert, die Verwaltung zu beauftragen, Fördergelder für stationäre raumlufttechnische Anlagen zu beantragen.
Sowohl Frank-Oliver Lein, der seit Ende Juni mit der LKR eine Gruppe bildet, als auch die LKR-Fraktion selbst hatten beantragt, die Schulen, die von Kindern unter zwölf Jahren besucht werden beziehungsweise die Räume der Klassenstufen fünf bis neun mit Luftfiltern auszustatten.
Die SPD hatte im Juli eine Experten-Anhörung zum Thema Luftfilter gefordert. Die CDU möchte ebenfalls, dass der Einsatz von Luftfiltern geprüft wird, hier beschränkte man sich aber auf fest installierte mechanische Lüftungsanlagen. Der Einsatz von mobilen Filtern solle, so die Forderung von CDU und WG, nicht weiter verfolgt werden.
Ihrem Auftrag ist die Landkreisverwaltung inzwischen nachgekommen und hat eine Stellungnahme zum Thema Luftfilter angefertigt, die der Kreistag am Dienstag in seiner Sitzung diskutieren wird. Eine der wichtigsten Erkenntnisse: „Die Fensterlüftung mit Raumauskühlung kann nicht verhindert werden, da diese Anlagen keine Frischluft zuführen. Die Geräte sind regelmäßig zu laut, erzeugen Zugerscheinungen und werden von den Nutzern abgelehnt.
Der mehrwöchige Probebetrieb in einer neunten Klasse etwa habe ergeben, dass die Grenzwerte in Sachen Lärm deutlich überschritten wurden. Um die einzuhalten, sei ein zweites Gerät notwendig, sodass beide Geräte gedrosselt laufen können. Sowohl Schülerinnen und Schüler als auch eine Lehrkraft hatten sich über die Geräuschkulisse beklagt, dazu kamen Zugerscheinungen, die an einigen Stellen als unzumutbar bewertet wurden. „Insofern wird der Luftfilter von den Nutzern einstimmig abgelehnt“, so das Fazit, zumal die Fensterlüftung trotzdem weiterhin erforderlich bleibe.
Erkenntnisse aus dem Landkreis Lüneburg seien noch nicht vorhanden, hier werde noch nach Geräten für Pilotprojekte gesucht, ist in der Stellungnahme zu lesen. Dort hatten eigentlich wissenschaftlich begleitete Projekte noch vor den Ferien stattfinden sollen. Im Landkreis Rotenburg sei man in einer vergleichbaren Studie zu ähnlichen Ergebnissen wie im Landkreis Harburg gekommen.
Empfehlung für stationäre Anlagen
Die Empfehlung des Landkreises sieht nun vor, von Luftfiltergeräten ohne Frischluftzufuhr Abstand zu nehmen und stattdessen von den aktuellen Fördermöglichkeiten des Bundes für stationäre raumlufttechnische Anlagen Gebrauch zu machen, für die sich auch die CDU/WG ausgesprochen hatte. Förderanträge für alle Schulen wurden bereits erarbeitet. Im Förderprogramm des Bundes, das ein Volumen von 500 Millionen Euro umfasst, ist eine Förderhöhe von 80 Prozent der Kosten für Investition, Planung und Montage vorgesehen.
Empfohlen werden von der Gebäudewirtschaft des Landkreises, mechanische Lüftungsgeräte, die im Deckenbereich der Räume oder als Standgeräte eingebaut werden können. Installiert werden könnten sie störungsfrei während der Schulzeit. Aufgrund der hohen Nachfrage sei aber damit zu rechnen, dass eine Ausrüstung aller Schulen bis zum Winter 21/22 nicht leistbar ist. Als Zwischenlösung käme ein einfacher Ventilator in Frage, der in einem Fensterflügel installiert wird und durch den Frischluft einströmt. Diese Variante sei wirkungsvoller als eine Stoßlüftung, verhindere aber keine Auskühlung des Raumes.
Sicher ist, dass die Ausrüstung der Schulen teuer wird. Pro Raum rechnet die Kreisverwaltung mit rund 25 000 Euro Kosten, die Gesamtkosten für alle Schulen wurden überschlägig mit gut 24 Millionen Euro berechnet. Die Fördersumme werde aufgrund einer Höchstbetragsdeckelung nur knapp 13 Millionen Euro betragen. Umsetzbar sei der Einbau aber ohnehin nur, wenn sowohl Geräte als auch Fachfirmen zur Verfügung stehen. Damit dürfte es Jahre dauern, bis alle Klassenräume entsprechend ausgestattet sind. Von Franzis Waber
