Undeloh. 2012 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt, vor knapp drei Jahren feierte er seine 50-jährige Amtszeit als Bürgermeister – genug vom leitenden Ehrenamt in der 1000-Seelen-Gemeinde Undeloh hat Albert Homann aber noch lange nicht: Der 84-Jährige kandidiert erneut für den Gemeinderat – und er ist auch bereit, sich für weitere fünf Jahre zum Bürgermeister wählen zu lassen. „Was soll ich machen?“ sagt Homann im WA-Gespräch. „Von den aktuellen Ratsmitgliedern will niemand meine Nachfolge antreten, sie haben mich gebeten weiterzumachen.“ Also macht Homann weiter. Seine Ehefrau Angela findet das richtig und will ihn weiter bei seiner Tätigkeit für die Gemeinde unterstützen. „Er ist der Beste, keiner kann das so gut wie er“, sagt sie.
Seit fast 53 Jahren leitet Albert Homann die Geschicke der Gemeinde Undeloh, ist nicht nur ehrenamtlicher Bürgermeister, sondern nimmt – gegen eine Aufwandsentschädigung – auch die Aufgaben des Gemeindedirektors wahr. „Viele Undeloher haben die Sorge, dass Hanstedt künftig mehr Gewicht in Undeloh bekommt“, sagt er. Das wäre der Fall, wenn sein Nachfolger als ehrenamtlicher Bürgermeister nicht bereit wäre, diese Aufgaben weiterhin selbst zu übernehmen und die Verwaltung an die Samtgemeinde abgetreten würde. Auch für Homann wäre das ein zurzeit noch unvorstellbares Szenario.
Seit er 1968 zum Bürgermeister gewählt wurde, hat er das Amt als Macher interpretiert und ausgefüllt. „Ich habe etwas vorgeschlagen, der Gemeinderat hat zugestimmt und dann haben wir das durchgezogen“, beschreibt er selbst das übliche Procedere. „Ich habe immer die Initiative ergriffen“, sagt er. „Die Leute sind doch froh, wenn einer das macht.“ Und er hat alles selbst gemacht und so auch die Gemeindekasse entlastet: Wenn ein Loch in der Straße war, ist der Bürgermeister persönlich losgezogen und hat es geflickt. In schneereichen Wintern hat der Wintersport-Fan sich auf das auf seine Initiative hin angeschaffte Loipenspurgerät gesetzt und kilometerlange Langlauf-Loipen durch die schneebedeckte Heide gezogen – schließlich lebt die Gemeinde seit jeher vom Tourismus.
Dass er sich mit dieser Amtsauffassung unersetzbar macht und die großen Spuren, die er damit hinterlässt, es enorm erschweren, einen Nachfolger zu finden, dämmert dem 84-Jährigen so langsam – und er versucht etwas gegenzusteuern. „Heute höre ich schon mal auf die Ratsmitglieder“, sagt der ehemalige Gastwirt, der seine Gaststätte vor drei Jahren verkauft hat. Und auch von der Selfmade-Mentalität will er ein wenig abrücken. „In diesem Jahr habe ich die Schlaglöcher von einer Firma reparieren lassen“, berichtet Homann. Außerdem hat er, der jahrzehntelang aus seiner Gaststätte heraus die Gemeinde reagiert hatte, die vielen Aktenordner von seiner Wohnung in das 2020 fertiggestellte neue Gemeindebüro an der Hauptstraße transportiert – bis dato hatte es in Undeloh gar kein Gemeindebüro gegeben.
Homann machte fast alles selbst, allein seine Frau Angela unterstütze ihn. „Meine Stellvertreterin“, nennt Homann sie halb im Scherz und voller Liebe. Das Ehepaar ist seit 60 Jahren verheiratet, richtig feiern konnten die beiden ihre Diamantene Hochzeit aber wegen der Corona-Pandemie nicht. „Dabei feiere ich sehr gerne, noch lieber als in Urlaub zu fahren“, sagt die Gattin.
Auch seiner Frau zuliebe könnte sich Albert Homann schon gut vorstellen, das Bürgermeisteramt in jüngere Hände abzugeben. „Ich hab das lange genug gemacht“, sagt er. Nur will er nicht ohne Nachfolger gehen, das ist nicht sein Stil. Hoffnung setzt er auf den neuen Gemeinderat, der am 12. September gewählt wird. Nachdem im letzten Gemeinderat nicht alle elf Sitze besetzt wenn konnten, weil nur eine siebenköpfige CDU-Liste zur Wahl antrat, gibt es diesmal eine parteiübergreifende Liste mit mehr als ausreichend Kandidaten. „Im Gemeinderat ist es total unwichtig, welcher Partei man angehört“, findet Homann.
„Die Gemeinde kommt mit dem Geld gut hin“, sagt der Bürgermeister. Große Aufgaben stünden nicht an, die Ausweitung von neuem Bauland sei eh schwierig, weil Undeloh direkt am Naturschutzgebiet liege. „Wir können die Spielplätze in Wesel und Undeloh dieses Jahr mit neuen Spielgeräten ausstatten“, berichtet der Bürgermeister zufrieden, 25000 Euro stünden dafür zur Verfügung. In Undeloh ist man von jeher bescheiden.
Gespannt ist Albert Homann darauf, ob sich im neuen Gemeinderat jemand findet, der sich zutraut das Bürgermeisteramt zu übernehmen. „Ich bin 1968 auch als Ratsneuling ins kalte Wasser gesprungen und habe das Amt sofort übernommen“, macht er möglichen Kandidaten Mut. Er selbst habe anfangs öfter mal in die Akten seines Amtsvorgängers Hermann Witthöft geschaut, um zu sehen, wie der die Dinge angepackt hat. Diese Möglichkeit habe auch sein Nachfolger. Sollte sich aber niemand finde – und das ist nicht ganz unwahrscheinlich – dann wird der 84-Jährige wieder in die Bresche springen und dem im Oktober zu Ende gehenden 53. Amtsjahr noch weitere fünf Jahre als Bürgermeister folgen lassen. Von Rainer Krey
