Winsen. „Lieder ohne Worte“ sind eigentlich das Metier von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Dass auch Brahms, Clara und Robert Schumann in diesem Metier zu Hause sein könnten, zeigte das zweite Konzert der sechsten Winsener Brahms-Woche in der St.-Marien-Kirche. Die Klaviervirtuosin Katharina Hinz hatte keine Gesangsstimmen zu begleiten, sondern die Bratschistin Lena Eckels. In ihrer fantastischen Moderation verband Franke Kraneis die Künstler miteinander.
„Meine Liebe ist grün“ – Dieses Motto für den Abend bot Felix Schumann, Sohn von Clara und Patenkind von Brahms. Höchst selten hat sich Brahms an den Werken prominenter Dichter vergriffen aus Angst, ihre Kunst zu beschädigen. Für sein Patenkind galt diese Angst nicht, und so schrieb er ein Lied mit weit ausladenden Melodiebögen auf dessen Gedicht. Mit der „Sapphischen Ode“ und „Von ewiger Liebe“ folgten zwei weitere wunderschöne Lieder, und das „Allegro amabile“ gestalteten die beiden Interpretinnen wunderbar. Das gilt auch für die „drei Romanzen“ von Clara Schumann, die Brahms sehr verehrt hat.
Nach einer Weinpause folgten vier Lieder von Robert Schumann, und dessen „Adagio und Allegro“ (op. 70) wuchs zu einem der Glanzpunkte des Abends und zeigte, dass das eigentlich vorgesehene Cello mühelos durch die Bratsche zu ersetzen ist. Die beiden Lieder aus „Vier ernsten Gesängen“ von Brahms rundete das Programm ab. „O Tod“ ist das dramatische Aufbegehren gegen das Sterben, das schließlich – ähnlich wie in Schuberts „Der Tod und das Mädchen“ – sich mit dem Schicksal versöhnt.
In „Wenn ich mit Engelszungen redete“ strich Eckels die Schönheit der Melodie wunderschön heraus. Letztere Werke zeigten deutlich, dass der Komponist fest im bürgerlichen Protestantismus verankert war. Die Botschaften der Lieder kamen auch ohne gesungene Texte eindeutig hinüber. Brahms und die Schumanns mit einem bisschen Mendelssohn – ein köstlicher Abend, an dessen Ende leider keine Zugabe stand.
Die Brahms-Woche wird am heutigen Mittwoch, 8. September, um 19.30 Uhr in der St.-Marien-Kirche mit einer Cellosoiree fortgesetzt. Bernhard Roth (Violoncello) und Reinhard Gräler (Klavier) präsentieren die dritte Gambensonate von Johann Sebastian Bach, die Cellosonate von Johannes Brahms und den dritten Satz der Cellosonate von Sergej Rachmaninow. Der Eintritt ist frei.
Von Martin Teske