Winsen. Mit einer gewissen Nostalgie kündigte gestern Amtsrichter Dr. Meik Lange die nächste Verhandlung in Saal 214 des Winsener Amtsgerichtes an. Es gehe um das mittlerweile selten gewordene Delikt des Vollrausches. Die Vorfreude wurde jedoch gleich gedämpft, denn der Angeklagte war zuimindest nicht pünktlich erschienen. Konsequenterweise wuchsen auch die Zweifel, ob der gute Mann den Weg zum Schloss überhaupt schaffen könne.
In der Strafsache war bereits von Anfang an der Wurm drin. Die Ladung zum ersten Verhandlungstermin war irgendwo im Postverkehr versackt und kam erst zwei Wochen nach dem Verhandlungstermin als Irrläufer wieder im Gericht an. Der Nachweis einer ordnungsgemäßen Ladung konnte nicht erbracht werden. Glück für den Angeklagten, Pech für das Amtsgericht. Das musste einen neuen Termin festlegen und den Angeklagten erneut laden.
Was war nun eigentlich passiert im Vollrausch? Alkohol und Drogen im Übermaß hatte der Mann konsumiert, als er in Tespe in einen Rewe-Markt wankte. Dort wurde randaliert und allerlei Inventar umgeschmissen, bis die Polizei kommen musste. Die Beamten bekamen den voll Berauschten nicht in den Griff. Der wehrte sich gegen die Festnahme und ihm gelang noch ein Flaschenwurf in Richtung der Polizisten. Getroffen hat er nichts und niemanden, strafbar ist diese Art des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte dennoch.
In Summe ergab das eine Anklage wegen Beleidigung, Sachbeschädigung und eben Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Auch nach einer Viertelstunde geduldigen Wartens im Gericht war vom Angeklagten nichts zu sehen. Nun musste man davon ausgehen, dass der gute Mann den Weg zum Schloss wohl auch nicht schaffen wolle, obwohl die zweite Ladung ordnungsgemäß verschickt worden war.
Für den dritten Versuch wird das Amtsgericht die Optionen des Angeklagten einschränken. Den Mann erwartet jetzt ein Strafbefehl, dazu dürfte er möglicherweise auch von der Polizei ab der Haustür in die ehrwürdigen Räumlichkeiten der Justiz begleitet werden, sanft, aber bestimmt. bjh