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Brote und Brötchen nahmen Michael Isensee vom Deutschen Brotinstitut und Bäcker Frank Soetebier unter die Lupe. (Foto: rin)

Krümel, Krusen, Krumen

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Handwerkerschaft ließ Brote und Brötchen von Innungsbäckereien prüfen – in der Winsener Volksbank.

Winsen. Wenn es in der Winsener Filiale der Volksbank Lüneburger Heide wie in einer Bäckerei duftet, dann ist ganz klar Brotprüfung angesagt. Michael Isensee vom Deutschen Brotinstitut und Frank Soetebier als Bäcker vor Ort schnitten, krümelten und kauten, was das Zeug hielt. Und sie waren mit dem Gesamtergebnis zufrieden: Von den vorgestellten elf Broten und 15 Brötchen wurden alle mit gut oder sehr gut bewertet.

Ein bisschen ernüchternd stimmte allerdings die Zahl der Teilnehmer: Ganze drei Innungsbetriebe von insgesamt 18 aus dem Raum Harburg und Lüneburg hatte ihre Backerzeugnisse für diese Prüfung eingereicht. „Als ich damals angefangen habe, hatten wir 70 Bäckereien im Landkreis, heute gehören der Bäckerinnung hier gerade noch sieben Betriebe an“, erinnert sich Soetebier wehmütig. Im Vergleich zu 2020 beteiligten sich dieses Jahr auch nur noch halb so viele Betriebe, wobei eine Bäckerei mangels Nachfolger geschlossen worden ist und eine andere separat geprüft wird.

Niedrigerer Pro-Kopf-Verbrauch

Hier in Norddeutschland sei die Bäcker-Landschaft übrigens ganz anders als in Bayern, erzählt Soetebier. Dort gebe es deutlich mehr Bäckereien und auch mehr Fleischereien. „Der Pro-Kopf-Verbrauch an Brot ist in Bayern deutlich höher als hier bei uns“, sagt der Bäcker. Und Isensee pflichtet ihm bei. Die Esskultur sei in Deutschlands Süden eben eine andere, „da nehmen Kinder noch ein Pausenbrot mit zur Schule, und da kommt abends Brot auf den Tisch“.

Worauf kommt es denn nun bei Brot und Brötchen an? „Na, dass es außen knackig und innen schön weich ist“, sagen die gastgebende Banker Frank Soetbeer und Melanie Ronschke von der Volksbank wie aus einem Munde. So einfach ist es dann aber doch nicht. Michael Isensee klärt genauer auf: „Wir beurteilen sechs Kriterien.“ Neben Form und Aussehen spielen unter anderem auch die Krusteneigenschaften, die Krumenbildung, die Elastizität und das Aroma eine Rolle. „Und natürlich wird je nach Sorte individuell geprüft“, fügt der Mann mit 30-jähriger Erfahrung in der schmucken weißen Bäckerjacke an. Denn eine Kaviarstange sei eben etwas anderes als ein Baguette, obwohl es beides Produkte aus Weizenteig sind. „Die Kaviarstange benutzt man für Kanapees, das Baguette bricht man eher. Es kommt eben auch ganz drauf an, was von einer Sorte verlangt wird.“

100 Punkte kann Isensee vergeben, wenn an dem Produkt alles stimmt. Dann kassiert die Bäckerei dafür die Note sehr gut. Immerhin von 99 bis 90 Punkte gibt es noch ein Gut. Beides wird mit Urkunde ausgezeichnet.

Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung

Wirklich neue Trends können Soetebier und Isensee nicht ausmachen. „Allerdings gewinnt das Thema Nachhaltigkeit immer größere Bedeutung“, so der Scharmbecker Bäckermeister. Die sorge für ein Alleinstellungsmerkmal kleinerer Bäckereien, die sich so regional behaupten können. Und: „Dass man mit regionalen und nachhaltigen Erzeugnissen eine andere CO2-Bilanz aufs Brot kriegt, ist immer mehr Kunden das Geld wert.“

Michael Isensee lässt sich übrigens nicht auf eine Lieblings-Brötchensorte festnageln: „Für mich kommt es auf den Belag an. Ich würde nie Marmelade auf ein Körnerbrötchen schmieren. Vollkorn geht für mich mit Pute und Schinken, Lachs mit Laugenbrötchen.“ Eine Ausnahme macht der Experte vom Deutschen Brotinstitut dann allerdings sehr wohl. „Also Rosinenbrötchen mit grober Leberwurst ist das Beste“, verrät er schmunzelnd, greift zum Messer, schneidet das nächste Brötchen auf und probiert.

Von Kathrin Röhlke

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