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Prominent besetzte Runde, die kontrovers über die Zukunft der Kunststätte Bossard diskutierte. Diese könne ein Kunstort und damit ein Bildungsort werden, hieß es. Oder man könne einfach das „Licht ausmachen“, wie Bossard-Kritiker Dr. Jörn Lütjohann vorschlug. (Foto: Kunststätte Bossard)

Bossard und die Richtungen

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Podiumsdiskussion in der Kunststätte Bossard: Wie soll nach den bisherigen Kontroversen die Haltung der Bossards zur NS-Diktatur dargestellt werden? Dazu gab es spannende Meinungen.

Lüllau. „Ich würde über den Namen ,Kunststätte Bossard‘ nachdenken. An diesem Ort sollte über die Kunst hinaus mehr geboten werden. Kunstorte sind immer Bildungsorte – nicht nur kulturhistorisch gesehen, sondern in allen angrenzenden Fragen“, erklärt Dr. Elke Gryglewski, Leiterin der Gedenkstätte Bergen-Belsen sowie Geschäftsführerin der Niedersächsischen Gedenkstätten und Gast an der Kunststätte Bossard.

Dieser Gedanke über eine mögliche zukünftige Ausrichtung der Kunststätte Bossard war nur einer von vielen Beiträgen bei der Podiumsdiskussion, die jetzt im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Reden wir über Bossard“ im Neuen Atelier der Kunststätte stattfand. Fachleute aus Politik und Denkmalschutz stellten sich der Frage „Die Kunststätte Bossard in Jesteburg. Ein Ort für Kunst, Denkmalschutz und Politik?“ Eine eindeutige Antwort blieb die Podiumsdiskussion schuldig, wofür sicher die Vielschichtigkeit der Frage und auch der geladenen Gäste auf dem Podium ursächlich war.

Neben Dr. Elke Gryglewski diskutierten Rainer Rempe, Landrat des Landkreises Harburg und Stiftungsratsvorsitzender der Stiftung Johann und Jutta Bossard, Rechtsanwalt Dr. Jörn Lütjohann, Michael Fürst, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen und Dr. Klaus Püttmann, Regionalreferent Lüneburg des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege.

Hausaufgabe für das Team der Kunststätte

Seit fast zwei Jahren beherrscht die Debatte um die Haltung des Ehepaares Bossard zur Zeit der NS-Diktatur die Arbeit an der Kunststätte Bossard. Was Podium und kritisches Publikum darum einen Abend lang gleichermaßen bewegte: Wie kann es mit der Kunststätte Bossard weitergehen? Viele unterschiedliche Ansätze im Hinblick auf die Zukunft der Kunststätte wurden angerissen – einige sind in der Konsequenz nicht umsetzbar, einige andere sind möglicherweise Hausaufgabe für das Team der Kunststätte in den nächsten Jahren.

Dr. Jörn Lütjohann machte seinen radikalen Standpunkt klar: „An der Kunststätte Bossard sollte das Licht ausgemacht werden.“ Mit Nachdruck erklärte einmal mehr Stiftungsratsvorsitzender Rainer Rempe: „Wir erfüllen als Stiftung den Stiftungszweck, das Gesamtkunstwerk zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wie wir den Stiftungszweck ausfüllen, darin sind wir frei und dafür haben wir heute im Rahmen der Podiumsdiskussion wieder eine Reihe guter Anregungen erhalten, die wir in unsere zukünftigen Überlegungen einbeziehen werden.“

Ort der politischen Bildung

So von Dr. Elke Gryglewski, die die Kunststätte Bossard als Ort der politischen Bildung sieht und sich wünscht, dass ein offener Umgang mit der Abbildung des Hakenkreuzes im Eddasaal stattfindet. „Mir ist es wichtig, das Hakenkreuz nicht zu verändern, aber zu kennzeichnen. Es zu zeigen, aber sich davon zu dis-tanzieren, um über gewaltbehaftete Symbole in die Vermittlungs- und Bildungsarbeit einzusteigen.“ Dem stimmte Michael Fürst zu und ist sich sicher: „Hier kann eine bedeutsame Bildungsstätte geschaffen werden.“ Dr. Klaus Püttmann sieht die Aufgabe der Kunststätte weiterhin auf der kunsthistorischen Ebene: „Baudenkmale sind Dokumente der Zeit, Johann Bossard ist ein Zeuge seiner Zeit.“ Fast Einigkeit herrschte im Neuen Atelier, möglichst schnell mit der Umsetzung eines Curriculums zu beginnen – einem Lehrplan für die politische Bildung an der Kunststätte Bossard. Ein Mitschnitt der Podiumsdiskussion wird in Kürze auf www.bossard.de eingestellt.

Die nächste Veranstaltung der Reihe „Reden wir über Bossard“ findet am Mittwoch, 1. Dezember, um 16 Uhr im Neuen Atelier der Kunststätte Bossard statt. Die letzte noch lebende Schülerin Johann Bossards, Uta Falter-Baumgarten aus Harburg, zeigt derzeit ihre Werke an der Kunststätte Bossard und stellt sich in einem Künstlerinnengespräch den Fragen von Hans-Jürgen Börner. Eine Anmeldung zum Ateliergespräch ist ab sofort unter öglich. Der Eintritt ist frei. Die Veranstaltung findet nach der 2G-Regelung statt. wa

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