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Durchschnittlich jeden zweiten Morgen zeigt die digitale Anzeigetafel Verspätungen an.
Pendler ab Winsen brauchen gute Nerven: Durchschnittlich jeden zweiten Morgen zeigt die digitale Anzeigetafel Verspätungen an. (Foto: tm)

Kein Platz für die „Rolli-Rampe“

Das neueste Modell der Metronom-Flotte sorgt weiter für Pendler-Frust: Jede zweite Fahrt morgens von Winsen nach Hamburg ist verspätet.

Winsen. Die harsche Kritik an dem neuen Modell des Metronom-Zuges reißt nicht ab: Nach zahlreichen Pendlern beschweren sich nunmehr auch Reisende mit Gehbehinderungen über die modernisierten Doppelstockwagen. Denn immer wieder kommt es vor, dass Rollstuhlfahrer auf dem Bahnsteig zurückgelassen werden müssen. Derweil hat die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) erstmals Zahlen zu dem bereits als „Pannenzug“ titulierten Modell veröffentlicht. Demnach hat er eine Verspätungsquote von rund 50 Prozent.

Die LNVG ist als Betreiber des Nahverkehrs in Niedersachsen für die Beschaffung des Zugmaterials verantwortlich. So auch für den Metronom, dessen Wagenpark bis zu 15 Jahre alt ist und der schrittweise modernisiert werden soll. Das aber sorgt für die Probleme. Denn bei dem neuen Modell, von dem derzeit eines in den regulären Verkehr integriert ist und sich ein zweites im Probebetrieb befindet, haben die Lokführer oftmals erhebliche Schwierigkeiten, den Zug in Gang zu bringen.

Manchmal fällt er ganz aus

Leidtragende sind unter anderem die Pendler, die morgens um 8.39 Uhr von Winsen nach Hamburg fahren wollen. Denn der ME mit der Nummer 82112 kommt an vielen Tagen erheblich verspätet erst vom Stammwerk in Uelzen los, manchmal fällt er sogar ganz aus.

Und dort mitfahren zu wollen, ist für Rollstuhlfahrer ein heikles Unterfangen. Denn anders als die anderen Züge hat das neueste Modell keine aufklappbare oder gar ausfahrbare Rampe. Vielmehr gibt es nur eine sogenannte Spaltüberbrückung, außerhalb der Türen fährt ein Tritt bis zum Bahnsteig aus. Doch oftmals bleibt eine unüberbrückbare Stufe. In solchen Fällen müssen Zugbegleiter sich Schutzhandschuhe anziehen, eine unförmige ausklappbare Rampe aus einem Schrank holen, diese an der Tür ausbreiten und anschließend wieder einholen. Eine schwere körperliche Arbeit, die vor allem beim weiblichen Zugpersonal gefürchtet und nicht immer zu leisten ist. Und wenn doch, hat sich der Zug spätestens durch diesen zeitaufwändigen Aufwand eine Verspätung eingehandelt.

Elektrische Rampen aber wird es in den neuen Zügen nicht geben, erklärt LNVG-Sprecher Dirk Altwig: „Die konnten aus Platzgründen nicht eingebaut werden.“ Die Wagen würden aber kurzfristig mit einer anderen Rampe ausgestattet, die das Zugpersonal leichter bedienen kann.

Es gibt bereits erste Software-Updates

Und das Problem mit der Unpünktlichkeit? Der betroffene Metronom, Abfahrt um 8.39 Uhr, sei seit 1. Oktober bei rund der Hälfte der Fahrten verspätet in Hamburg eingetroffen, erklärt LNVG-Sprecher Dirk Altwig. Drei Mal sei der Zug ganz ausgefallen.

Man bedaure die aktuelle Situation und die Folgen für die Fahrgäste sehr, versichert der LNVG-Sprecher. „Mitarbeiter des Herstellers Alstom sind zeitweise mit an Bord, um bei Störungen sofort eingreifen zu können.“ Außerdem würden die Schulungen des Personals für diesen neuen Zug weitergehen. Es gebe bereits erste Software-Updates.

Im übrigen seien die Verspätungen überwiegend nicht auf Software-Probleme, sondern auf Verzögerungen im Betriebsablauf wie Überholungen durch andere Züge begründet.
Die Pendler sahen derweil vergangene Woche zu ihrer Überraschung, dass um 8.39 Uhr wieder ein älteres Modell in Richtung Hamburg einfuhr. Der neue Zug sei in der Werkstatt, erklärte Dirk Altwig auf Anfrage. Am Montag war er erstmals wieder im Einsatz – mit 20 Minuten Verspätung in Winsen.

Von Thomas Mitzlaff