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Hier stinkt es aber so richtig: Nach einem Wassereinbruch ist die Küche auf unbestimmte Zeit voll gesperrt. (Foto: Gewerkschaft)

Schimmel bei der Winsener Polizei

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Auf dem Polizeirevier in Winsen modert die Küche vor sich hin. Jetzt sahen sich die beiden konkurrierenden Gewerkschaften sogar dazu veranlasst, eine gemeinsame Erklärung abzugeben.

Winsen. Moddriger Geruch zieht durch die Küche, schwarze Schimmelflecken an den Wänden und auf dem Fußboden lassen keinen Zweifel: Hier kann kein Kaffee mehr gekocht und kein Essen mehr zubereitet werden. Für eine Polizeiwache ist das eine fatale Situation: Denn die 45 Beamtinnen und Beamten des Schichtdienstes, die rund um die Uhr für die Sicherheit der Menschen im östlichen Landkreis Harburg sorgen sollen, brauchen eine Möglichkeit, sich Essen und Getränke zuzubereiten. Es ist nur ein Beispiel für offenbar erhebliche bauliche Mängel der Polizeiliegenschaft in Winsen.

Winsen sei ein trauriger Höhepunkt

Die Missstände scheinen so gravierend zu sein, dass die beiden Polizeigewerkschaften DPolG und GdP, die eigentlich im Konkurrenzkampf um Mitglieder stehen, die Situation in Sorge um die Mitarbeiter jetzt in einer gemeinsamen Pressemitteilung anprangern. Landesweit gebe es teilweise „desaströse Zustände“, der in Winsen aber stelle einen traurigen Höhepunkt dar.

„Die Küchenmöbel sind mittlerweile entsorgt worden, die Tür ist luftdicht abgeklebt“, schildert Christian-Tobias Gerlach, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Lüneburg. Wann die Küche wieder genutzt werden kann, stehe in den Sternen. „Was sich oberflächlich wie ein bedauerlicher und reparabler Unglücksfall anhört, sorgt bei den Beamten für nachhaltige Verbitterung“, erklärt Gerlach. Denn dies sei „auch ein Ergebnis der systematischen Verwahrlosung der Immobilien dieser Liegenschaft durch die chronische Unterfinanzierung durch das Land Niedersachsen und stellt somit nicht einmal die Spitze eines Eisberges dar.“

Sporadische Arbeiten reichen nicht mehr aus

Denn offenbar ist der gesamte Gebäudekomplex mittlerweile so marode, dass nur mit sporadischen Reparaturarbeiten dagegen nicht mehr anzukommen ist. So gab es laut Mitarbeitern bereits im April 2018 und Februar 2020 bei Unwettern aufgrund von Baumängeln so große Wassereinbrüche, dass ein Arbeitsraum seitdem komplett gesperrt ist. „Die bisherigen Erfahrungen mit der Mängelbeseitigung lassen hier Schlimmes vermuten“, sagt Gerlach.

Je nach verfügbaren finanziellen Sondertöpfen fänden immer wieder Einzelmaßnahmen statt, ohne dass es ein Gesamtkonzept gebe. Dies sei ein regelrechter „Verfall staatlicher Vermögenswerte“. Die landeseigene Liegenschaft verfüge nicht über eine ausreichende Anzahl an Sanitäranlagen, ganz abgesehen von deren Zustand. Die Autobahnpolizei habe lediglich eine veraltete Dusche im Raum der Damentoilette. Die Frauen-Umkleide befindet sich im unmittelbaren Zellenbereich, die Wasser- und Elektroinstallationen seien marode, die Keller aufgrund von Feuchtigkeit gesperrt.

Sanierungsbedarf von rund 1,2 Millionen Euro

„Diese Mängel sind zum Teil seit mehr als zehn Jahren bekannt, der Sanierungsstau wird immer größer“, beklagt der Gewerkschafts-Vorsitzende. Er fordert, „ein Ende der Flickschusterei und eine gesamtheitliche Betrachtung, die die Substanz der Gebäude erhält und dem Personal angemessene Umkleide-, Sanitär- und Küchenräumlichkeiten verschafft“.

Dass aktuell nur punktuelle Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden, räumt die übergeordnete Polizeidirektion (PD) Lüneburg ein. So wolle man die Unterbringungssituation kurzfristig verbessern. Es bestehe aber bei den vier Gebäuden ein Sanierungsbedarf in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro, heißt es dazu in einer Stellungnahme der PD. Betroffen seien Dach- und Fassadendämmung, Fenster, Sanitäranlagen und Umkleidemöglichkeiten. Die Finanzierung falle in die Zuständigkeit der Bauverwaltung des Landes.

Durch aktuelle Preissituation sei es zu Verzögerungen gekommen

Es würden während der Sanierungsphase „selbstverständlich Möglichkeiten geschaffen, dass die Kollegen sich Essen und Getränke zubereiten und diese in von der Wache abgetrennten Bereichen einnehmen können“, betont der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion Harburg, Frank Freienberg.

Nach den letzten Regenwasser-Einbrüchen im September laufen laut Polizeidirektion nunmehr „die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Lösung des Problems an“. Durch die aktuelle Markt- und Preissituation sei es aber zu Verzögerungen gekommen. Außerdem werde eine anderweitige Unterbringung der Autobahnpolizei angestrebt, das entsprechende Verfahren sei aber noch nicht abgeschlossen.

Von Thomas Mitzlaff

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