Einen Polizisten sollte man nicht beleidigen. Das kann im Zweifel ins Geld gehen. Auch dann, wenn man später, wenn der Fall vor Gericht verhandelt wird, behauptet, mit seiner Geste nur eine Fliege habe vertreiben wollen. Das zeigte nun die Verhandlung, bei der sich ein 21-jähriger selbsternannter Millionär verantworten musste.
Winsen. Mit 21 ist man noch offen für neue Erfahrungen. Ärgerlich ist nur, wenn man diese vor dem Winsener Amtsgericht machen muss. Ein 21 Jahre alter Winsener musste sich wegen Beleidigung verantworten. Im Saal 214 war das allerdings nicht so bald ein Thema. Der Angeklagte beschrieb wortreich, wie unfassbar pingelig sein Auto von einem Polizisten bei einer Verkehrskontrolle untersucht worden sei. Der Polizist suchte und fand Mängel, nicht zu wenige, auch der TÜV war überfällig.
Das eine oder andere Streitgespräch muss sich ergeben haben an diesem Tag im August dieses Jahres. In der Anklage wird das Verhalten des 21-Jährigen als „vorlaut und respektlos“ beschrieben. Der Polizist, der als Zeuge geladen war, hatte den jungen Mann als „konfrontativ, provokativ und abgelenkt“ in Erinnerung. Der Angeklagte wiederum fühlte sich provoziert durch die übergenaue Kontrolle und den TÜV-Verweis, obwohl die Plakette erst seit einem Monat abgelaufen gewesen war. „Was bist Du für ein Polizist?“ soll er gefragt haben.
Eine Fliege, der Schweiß oder eine Beleidigung?
Das aber war nicht die Beleidigung. Der Polizist monierte einen Scheibenwischer, nicht am Auto, sondern als abfällige Geste des Angeklagten ihm gegenüber. Die Polizeistreife war an der Lüneburger Straße in Winsen auf den 21-Jährigen aufmerksam geworden, als dieser offenbar unangeschnallt an ihnen vorüberfuhr.
Die Kontrolle gab es hinter der Luhe-Brücke. Den Scheibenwischer bestritt der Angeklagte. Er habe sich über die Stirn gewischt, habe niemanden beleidigen wollen. Der Polizist erinnert sich anders: „Es war klar, dass da keine vorbeiziehende Fliege gemeint war, sondern ich.“ Ein eindeutiger Scheibenwischer.
Eine Entschuldigung vom vermeintlichen Millionär
Der 21-Jährige beteuerte, er habe niemanden beleidigen wollen, bat auch beim Polizeibeamten im Gerichtssaal um Entschuldigung, der dies mit einem „Hab‘ ich verstanden“ nüchtern zur Kenntnis nahm. Gegen den Strafbefehl hatte der Winsener Einspruch eingelegt, die Geldstrafe erschien zu hoch, außerdem sei er angeschnallt gewesen. Während der Kontrolle hatte er noch getönt, er sei Millionär, seine Anwälte würden ihn sowieso raushauen.
Auf Nachfrage des Richters gab der 21-Jährige an, dass er dies nicht ernst gemeint habe. Einfluss auf die Höhe des Strafbefehls hatte diese Aussage allerdings. Er schließe gerade eine Ausbildung zum Anlagentechniker ab, verdiene 700 Euro, von denen 200 Euro an seine Schwester gingen, bei der er lebe.
Die Staatsanwaltschaft wollte den Ersttäter nach der Entschuldigung mit einer Geldstrafe von 240 Euro milde verabschieden. Der Richter sah das jedoch anders. Er verdoppelte im Urteil auf 480 Euro. Denn: Der Angeklagte habe den Polizeibeamten „in aller Öffentlichkeit“ mit der Scheibenwischer-Geste beleidigt.
Von Björn Hansen
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