Ein Freund und Helfer sagt Tschüss: Nach 16 Jahren als Kontaktbeamter in der Winsener City geht Horst Kraßmann in den wohlverdienten Ruhestand.
Winsen. Horst Kraßmann ist in Winsen bekannt wie ein bunter Hund. Damit erfüllt der 63-Jährige genau sein Anforderungsprofil als Kontaktbeamter der Polizei Winsen. 2005 wechselte der gebürtige Borsteler in die City-Wache an der Rathausstraße und zieht seither seine weiten Runden durch die Stadt. Nach beinah genau 16 Jahren endet diese Ära, Horst Kraßmann hat den Ruhestand im Visier. Kurz vor Weihnachten wird sein Dienst enden. Der Polizeihauptkommissar hatte zuvor bereits um ein Jahr verlängert. Nun warten die Familie und die Pension.
Zuständig für den Kontakt der Kinder zur Polizei
Kontakte zu knüpfen ist Horst Kraßmann nicht schwergefallen, Präsenz hat er in seiner Funktion immer für wesentlich gehalten. Die täglichen Runden durch die Stadt gehören dazu. Es geht nicht nur durch die City und auf den Wochenmarkt, sondern bis in den Eckermann-Park. Morgens entdeckt man Kraßmann auch gerne vor den Schulen, wo er ein Auge auf den zunehmenden Verkehr hat. Gerade die Kinder sind Kraßmann wichtig. Er ist für die Mädchen und Jungen oft der erste Kontakt zur Polizei.
„Wichtig ist es, klarzustellen, dass wir die Guten sind, die helfen“, sagt der 63-Jährige im WA-Gespräch. Den Elternspruch, dass die Polizei komme, wenn Kinder sich nicht zu benehmen wüssten, mag er gar nicht. Also kommen die Kinder in die City-Wache oder erhalten eine Einladung aufs Revier an der Luhdorfer Straße, Besichtigung von Polizeiauto und Arrestzelle inklusive, und wissen dann, dass die Polizei nicht hinter Kindern her ist.
Kraßmann hat im Dienst auch den Blick für die vermeintlichen Kleinigkeiten, etwa bei Licht-Kontrollen an Fahrrädern gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit. Da sind es oft die Großen, die ohne Licht fahren, oder die bei Rot über die Ampeln gehen. „Es ist traurig, wenn Erwachsene sich nicht an die Regeln halten. Sie sollten Vorbild sein“, meint der Kontaktbeamte.
Genauso ist der Polizist auch Ansprechpartner für Senioren wie für alle anderen Bürger. Einen typischen Satz gibt es für Kraßmann bei seinen Rundgängen: „Wo ich Sie gerade sehe…“, lautet die Einleitung für kurze Nachfragen oder längere Problemschilderungen. Immer dazu gehört der Klönschnack. Man kennt sich eben nach mehr als 15 Jahren vor Ort.
City-Wache ist wichtig als Anlaufpunkt
Horst Kraßmann ist seine Arbeit wichtig. Er plädiert für die City-Wache als Standort und auch dafür, dass Winsen mindestens zwei Kontaktbeamte haben solle. Die City-Wache ist für ihn ein niedrigschwelliger Anlaufpunkt für die Bürger. Es sei elementar, dass die Menschen einfach durch die Tür kommen könnten, egal mit welchem Anliegen. Geregelte Öffnungszeiten kann die City-Wache allerdings nicht bieten, schließlich sollen die Kontaktbeamten auch unterwegs sein.
1976 begann Kraßmanns berufliche Karriere mit seiner Einstellung beim Bundesgrenzschutz (BGS). Winsen war in Zeiten des Eisernen Vorhangs ein wichtiger BGS-Standort, dessen Ende 1998 eingeleitet wurde. Der Start des Borstelers war mit Einsätzen in der Terrorfahndung und Drogenkontrollen durchaus aufregend. Im Grenzschutzeinzeldienst (GSE) war Kraßmann zunächst an der niederländischen Grenze und dann an der innerdeutschen Grenze in Lauenburg im Einsatz. Dort gab es mit der Grenzöffnung 1989 das wohl eindrücklichste Erlebnis für Kraßmann. „Das war unvorstellbar.“
Kraßmann ist live dabei bei der Grenzöffnung
Am Abend des 9. November sei ein blauer Trabant aus Boitzenburg das erste Auto am Grenzpunkt gewesen. Drinnen drei Mann im Blaumann, direkt aus der Fabrik. Sie wollten sich in Westen etwas umschauen, ob das in Ordnung gehe, fragten sie Kraßmann und seinen Kollegen. Das war in Ordnung. Der gleiche Trabi kam später noch einmal an die Grenze, etwas voller, als vorher, denn nun waren auch die Familien an Bord.
Ein bewegendes Ereignis für Horst Kraßmann, beruflich aber auch ein Einschnitt: „Da hat man mir die Grenze geklaut“, sagt er im WA-Gespräch mit einer gewissen Ironie. Der BGS verlor so an Bedeutung, die Beamten wurden vielfach auf die Flughäfen verteilt. Auch Kraßmann war zunächst in Hamburg am Flughafen im Dienst, leitete da aber bereits den Wechsel zur Landespolizei Niedersachsen ein.
Im Winsener Kreisgebiet war er dann für die Autobahnpolizei in Thieshope im Einsatz. „Dann wurde ich vom Rennfahrer zum Fußgänger“, beschreibt Kraßmann seinen Wechsel in die City-Wache. Bereut hat er diesen Schritt nicht. Langweilig sei es nie gewesen, er nehme viele gute Erinnerung mit in den Ruhestand. Da warten eine Ehefrau, drei erwachsene Kinder, vier Enkelkinder, ein Haus und ein Garten. Ein Projekt hat der 63-Jährige schon im Blick: Eine Radtour quer durch Frankreich bis an den Atlantik.
Von Björn Hansen