Landeschef Althusmann glaubt, dass die CDU als Korrektiv der linken Mehrheit in Berlin gebraucht wird.
Winsen. Er führt den drittgrößten Landesverband der CDU und deswegen hofft er beim Bundesparteitag im Januar auf einen Platz im siebenköpfigen Präsidium der Partei. Ansonsten sagt CDU-Chef Bernd Althusmann, der im Landkreis Harburg seinen Wahlkreis hat, auf einen Ruf nach Berlin habe er nie spekuliert, er sei und bleibe Niedersachse.
Aller guten Dinge sind drei. Friedrich Merz soll nun im dritten Anlauf neuer Chef der CDU werden. Das war bei der letzten Wahl Anfang des Jahres nicht ihr Wunschkandidat, da waren sie als Landeschef für Armin Laschet, obwohl schon da die Basis in Niedersachsen Merz favorisierte. Haben Sie dafür viel Kritik eingesteckt?
Bernd Althusmann: Es ist kein Geheimnis, dass es Diskussionen innerhalb der Niedersachsen Union gegeben hat. Deshalb noch einmal in aller Kürze: Dass es in unseren Kreisverbänden zum damaligen Zeitpunkt keine Mehrheit für Armin Laschet gab, habe ich in Berlin deutlich kommuniziert. Wenn aber der Bundesvorstand den amtierenden Bundesparteivorsitzenden als Kanzlerkandidat nominiert, stimme ich natürlich mit dem Vorstand. Dazu stehe ich auch. Leider hat der Kandidat nicht überzeugt und die CDU hatte keine klare Botschaft. Aber jetzt blicken wir nach vorn.
Können Sie sich nun mit Friedrich Merz anfreunden?
Dass ich Friedrich Merz sehr schätze, ist allgemein bekannt. Er ist ein Mann der klaren Ansprache. Mein Votum für Armin Laschet war auch zu keinem Zeitpunkt ein Votum gegen Merz. Das ist auch allen Beteiligten klar, ich bin offen damit umgegangen. Von daher bin auch ich sehr zufrieden mit der überzeugenden Entscheidung unserer CDU-Mitglieder, Friedrich Merz im Januar dann zum Bundesparteichef zu wählen.
Sie sind Chef des drittgrößten Landesverbandes, dazu ein Nordlicht in einer CDU, die viel aus der Mitte des Landes geführt wird. Warum sind Sie als frisches Gesicht nicht ins Rennen für den Vorsitz im Bund gegangen? So hat das jetzt ja doch den Beigeschmack einer hartnäckigen Wiederholung.
Mein Platz ist in Niedersachsen. Das ist auch mit meiner Familie so vereinbart. Ein Wechsel nach Berlin stand und steht nicht zur Debatte.
Wer wird noch beim digitalen Parteitag im Januar gewählt?
Dann soll der komplette Bundesvorstand neu gewählt werden.
Und wofür bewirbt sich Bernd Althusmann?
Wenn mein Landesverband mich erneut für das siebenköpfige Präsidium vorschlägt, ich habe seit drei Jahren dort einen Sitz, werde ich dafür kandidieren. Wir sind der drittgrößte Landesverband der CDU, unsere Stimme wird gehört.
Was wird aus Ihrer Sicht künftig der Markenkern der CDU sein?
In den Kernbotschaften werden wir uns treu bleiben. Die CDU wird als Korrektiv der linken Mehrheit in Berlin gebraucht und als Partei der bürgerlichen Mitte. Wir wollen eine zukunftsorientierte Wirtschaft und sichere Jobs auch im Hinblick auf Klima-Herausforderungen, eine gute Gesundheitsversorgung und Pflege auch im ländlichen Bereich, wollen wieder belebte Innenstädte und eine moderne Verwaltung – das Stichwort Digitalisierung ist da insgesamt die große Überschrift, um das kurz anzureißen. Wir werden uns nicht komplett umkrempeln, aber ein Stück weit neu erfinden und uns mutiger und moderner aufstellen. Die CDU ist Anwalt der Fleißigen in diesem Land. Es geht um die Menschen, die jeden Tag arbeiten, ihre Kinder großziehen und sich ehrenamtlich engagieren. Für die große Mitte, die diese Gesellschaft trägt, werden wir uns auch in sozialen Fragen wieder klar positionieren. Wir haben zu lange mit Rücksicht auf die Regierung so manchen Kompromiss aushalten müssen. Jetzt haben wir viel vor und dafür ist auch wieder große Leidenschaft spürbar. Mitglied der CDU zu sein ist eine Haltung, verbunden mit den besten Ideen für unser Land!
Im Oktober sind Landtagswahlen. Die SPD liegt zurzeit in den Umfragen laut NDR weit vorne, aktuell bei 36 Prozent, Rot-Grün hätte eine Mehrheit im Land und auch bei der Beliebtheit liegt Stephan Weil von der SPD mit 65 Prozent rund zwanzig 20 Prozentpunkte vor Ihnen. Und der liebäugelt ganz offen mit Rot-Grün. Wie wollen Sie das noch drehen?
Da bin ich sehr gelassen. Die Ampel-Koalition ist erst kurz im Amt und die Abschaffung der pandemischen Lage war bereits der erste große Fehler. Der Koalitionsvertrag ist ein teurer Wunschzettel und es fehlt letztlich an sehr vielen Stellen der konkrete Finanzierungsvorschlag. Die Niedersachsen Union hat vor wenigen Wochen mit unseren Mitgliedern einen Ideen-Wettbewerb gestartet als Beteiligungs-Prozess, um gemeinsam mit allen Mitgliedern ein Regierungsprogramm mit klaren Vorhaben für unser Land zu erstellen. Das ist eine spannende Zeit, bis Mitte März soll ein erster Entwurf vorliegen. Wir haben also auch in und mit Niedersachsen viel vor.
Welchen Einfluss haben dabei die Bundespolitik, die neue CDU-Spitze und die neue Bundesregierung und deren Erfolge und Misserfolge?
Den größten Einfluss auf unser Handeln hat leider nach wie vor die Pandemie. Da wird die Große Koalition in Niedersachsen weiterhin gut zusammenarbeiten. Keine Frage. Aber natürlich betrachten wir das Regierungshandeln in Berlin sehr genau und auch kritisch. Wenn jetzt die Ampel eine ungesteuerte Zuwanderung ermöglicht oder das Staatsangehörigkeitsrecht verändert, bleibt das nicht ohne Auswirkung. Wenn die Ampel jetzt die Möglichkeiten der Bekämpfung von Clan-Kriminalität oder die Instrumente des Verfassungsschutzes schwächen sollte, wird vielen schnell klar, dass dies ein falscher Weg ist. Wenn der Industriestandort Deutschland durch einseitige Standards gefährdet wird, erreichen wir weder mehr Klimaschutz noch sichert dies Arbeitsplätze. Friedrich Merz wird als Bundesvorsitzender der CDU sehr klare Alternativen aufzeigen. Auch eine konstruktive Opposition bringt unser Land voran. Die CDU kann Wahlen gewinnen, das haben wir in Niedersachsen zuletzt bei der Kommunalwahl gezeigt. Viele Bürger wollen oftmals einen guten Ausgleich zwischen Bund und Mehrheiten in den Ländern. Deshalb bleibe ich optimistisch. Auch am 9. Oktober 2022 kann die CDU gewinnen.
Die Frage stellte Hans-Herbert Jenckel