Durch Corona seien mehr Menschen im Landkreis Harburg in finanzielle Nöte geraten, berichten die Schuldnerberater Daniela De Matteis und Kay Barnstedt. Eine Gruppe sei dabei ganz besonders stark vertreten.
Winsen. Seit fast zwei Jahren befindet sich die ganze Welt im festen Griff der Corona-Pandemie. Das Leben, wie wir es kennen, ist noch immer massiv eingeschränkt. Viele Menschen haben mehr verloren als andere, mussten und müssen mehr erdulden als Maske tragen, Abstand halten und Kontaktbeschränkungen. Sie haben Schulden, können ihren Betrieb nicht weiterführen und müssen Insolvenz beziehungsweise Privatinsolvenz beantragen. Es gibt Beratungsstellen, die dabei helfen, mit der schwierigen Situation umzugehen und sie zu überstehen. In Winsen sind das zum Beispiel die Schuldenhilfe-Sofort und die ADN-Schuldnerberatung.
Inhabergeführte Betriebe häufig betroffen
Seit 2012 bietet der Winsener Rechtsanwalt Kay Barnstedt eine Schuldnerberatung des Alternativen Dienstleistungs-Netzwerkes (ADN) an. Er sehe im privaten Bereich keine vermehrten Fälle von Überschuldung, doch auf jeden Fall im Sektor der Kleinunternehmer. „Es handelt sich zumeist um inhabergeführte Betriebe mit wenigen Angestellten. Da geht tatsächlich das Licht aus wegen Corona“, teilt Barnstedt seine Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit mit.
Das seien eigentlich tolle, gesunde Unternehmen, denen dann durch die Pandemie der wichtigste Auftraggeber weggebrochen ist. „Das kommt sowohl im Handwerk als auch in der Gastronomie vor“, erklärt der Anwalt. Privatinsolvenzen haben dagegen oft mit Suchterkrankungen oder unwirtschaftlicher Haushaltsführung zu tun. „Durch Krankheit, Scheidung oder den Tod des Partners kann man auch in so eine Situation gelangen“, weiß der ADN-Fachmann.
Einzelunternehmer oft betroffen
Daniela De Matteis leitet die Schuldenhilfe-Sofort, die im Landkreis Harburg Außenstellen in Winsen und Buchholz betreibt. Sie sagt: „Es sind in der Corona-Zeit mehr Leute geworden, die Probleme bekommen. Entweder durch Kurzarbeit oder weil sie erhaltene Corona-Hilfen zurückzahlen müssen.“
Viele Bezieher der Gelder seien schlicht überfordert, das alles einzuschätzen und zu überblicken. „Sie sollen das erstatten, doch der Betrieb läuft noch nicht wieder.“ Genau wie bei der ADN, sind bei der Schuldenhilfe-Sofort auch oft Einzelunternehmer betroffen, zum Beispiel Kosmetik- oder Nagelstudios, die lange Zeit komplett geschlossen bleiben mussten. Ein Team aus Pädagogen, Psychologen, Bankkaufleuten, Juristen und anderen berät Betroffene, die sich in unterschiedlichen Stadien der Verschuldung befinden.
„Bei manchen wurde bereits gepfändet, andere wiederum wenden sich präventiv an uns“, erläutert De Matteis, deren Team auch ein Mal im Jahr eine Aktionswoche für Bedürftige anbietet, in der zum Beispiel Lebensmittel gesammelt werden. In Gesprächen werde dann geklärt, was mit dem Einkommen möglich ist. Klienten sind dabei Ungelernte und hochqualifizierte Menschen. „Das geht querbeet.“
Schuldner sollten rechtzeitig handeln
Beide, die ADN und die Schuldenhilfe-Sofort, begleiten Schuldner auf dem Weg in die Insolvenz, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt. Das passiert, wenn ein angestrebter außergerichtlicher Vergleich scheitert. „Wir unterstützen dann bei der Antragstellung.“ Finanziert werde die Schuldner-Beratung meistens durch die öffentliche Hand. „Wenn der Schuldner über ein hohes Einkommen verfügt, wird das mit allen Ausgaben gegengerechnet; dann kann es sein, dass er bei uns als Selbstzahler eingestuft wird“, führt Kay Barnstedt aus. Diese Möglichkeit ist bei der Schuldenhilfe-Sofort nicht vorgesehen.
Beide, Daniela De Matteis und Kay Barnstedt, betonen die Wichtigkeit des rechtzeitigen Handelns. „Die Briefe irgendwann nicht mehr zu öffnen, das bringt nichts“, sagt De Matteis, denn: „Die Schulden laufen weiter.“