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Christian B. (l.) lieh sich unter falschem Namen hochwertige Autos für vermeintliche Probefahrten und verkaufte diese weiter. Der Seevetaler Elvis A. (r.) soll die gefälschten Ausweise besorgt haben. (Fotos: be)
Christian B. (l.) lieh sich unter falschem Namen hochwertige Autos für vermeintliche Probefahrten und verkaufte diese weiter. Der Seevetaler Elvis A. (r.) soll die gefälschten Ausweise besorgt haben. (Fotos: be)

Probefahrten ohne Rückkehr

Wenn sie bei den Autohändlern als Kunden auftraten, machten sie offenbar Eindruck. Vor dem Lüneburger Landgericht bleibt davon nicht viel übrig. Beide Männer haben schon im Gefängnis gesessen, und das droht ihnen nun erneut, weil sie Autos für Probefahrten geliehen, aber diese dann nicht zurückgebracht, sondern verkauft haben.

Lüneburg/Seevetal. Weißes Hemd, rosafarbener Markenpullover, höfliche Umgangsformen und gewählte Ausdrucksweise – keine Frage, Christian B. macht einen seriösen Eindruck. Das dachten sich auch Autohändler aus ganz Norddeutschland, die dem Seevetaler hochwertige Fahrzeuge für Probefahrten zur Verfügung stellten. Doch von denen kam der 50-Jährige nie zurück, sondern verkaufte die Autos weiter – jetzt muss er sich dafür mit seinem mutmaßlichen Komplizen Elvis A. vor dem Lüneburger Landgericht verantworten.

Seriosität bröckelt schnell

Auf der Anklagebank sitzen zwei Männer aus dem Landkreis Harburg, bei denen im Verlauf der Verhandlung nichts mehr von der vermeintlichen Seriosität übrig bleibt. Beide haben schon mehrere Jahre im Gefängnis gesessen und versuchen nun, dem anderen möglichst viel Schuld in die Schuhe zu schieben. Die Taten als solche sind unstrittig, die 2. große Strafkammer muss vielmehr herausfinden, wer nun wie tief drin steckt in dem Geschäft mit geklauten Probefahrt-Autos.

Ausweispapiere komplett gefälscht

Der Mann, der am 17. August 2020 in einem Maschener Autohaus als Karsten Vogt um eine Probefahrt bat, hatte sich zuvor telefonisch angemeldet. Er wies sich mit einem österreichischen Führerschein und einer Meldebescheinigung aus und erhielt so einen Audi Q7 – Wert: 55.000 Euro. Was der Autohändler nicht ahnte: Die Papiere waren gefälscht. Das Fahrzeug wurde flugs mit neuen Kennzeichen sowie einem gefälschten Brief und Schein versehen, die Identifikationsnummer frisiert und der Wagen über eBay weiterverkauft.

Bei der Übergabe startete die Polizei

Nächste Beute war Wochen später in Braunschweig ein Porsche 911 Cabriolet sowie in Kirchweyhe bei Bremen ein Audi A6. Dann aber entdeckte der Mitarbeiter eines Autohauses das gestohlene Fahrzeug auf der Internetplattform und informierte die Polizei. Die nahm Christian B. und Elvis A. bei der vermeintlichen Verkaufsübergabe fest. Jetzt sitzen beide in Hamburger Gefängnissen. Die drei gestohlenen Fahrzeuge hatten einen Gesamtwert von 134.000 Euro.

Christian B. stellt seinen Komplizen, mit dem er in einem Haus wohnte, am ersten Verhandlungstag ausführlich als Rädelsführer dar. Elvis A. habe wahrscheinlich in Montenegro die gefälschten Ausweispapiere bestellt, die neuen Fahrzeugpapiere selbst hergestellt. „Er fuhr mich immer zu den Autohäusern, wartete um die Ecke und verschwand dann mit den gestohlenen Fahrzeugen.“ Wie diese präpariert wurden, wisse er nicht, betont Christian B. Er sei erst wieder ins Spiel gekommen, als es galt, die Fahrzeuge zu verkaufen.

Besonders dreist: Nach der zweiten Tat in Braunschweig verursachte der Seevetaler volltrunken mit seinem eigenen Auto einen Unfall und griff Polizisten an. Bei ihm fanden die Beamten 4500 Euro, Geld aus dem Verkauf eines Autos.

Elvis A. dagegen will seinem Kumpel nur gut bezahlte Freundschaftsdienste geleistet haben, indem er ihn zu den Autohäusern kutschierte. „Dass der da irgendwas Illegales machte, wusste ich schon“, räumt er ein. Aber gefälschte Papiere besorgt? „Habe ich nicht.“

Porsche in der Garage ausgeschlachtet

Und die Fahrzeuge für den Verkauf frisiert? „Keine Ahnung, warum er mich in die Pfanne haut.“ Dass da in der Garage seiner Wohnung ein Porsche ausgeschlachtet wurde, habe er dann doch schon mitbekommen, räumt der 45-Jährige ein. Woher der Bolide kam? „Den hat Christian B. gekauft.“ Der Porsche 911 aus dem Braunschweiger Autohaus ist derweil weiter verschwunden.

Das Gericht hat fünf weitere Verhandlungstage bis Mitte März angesetzt.

Von Thomas Mitzlaff