Erst Ruhrgebiet, dann Jesteburg: Das Gebaren der Firma Nachweis-Express ist jetzt ein Fall für den Staatsanwalt.
Jesteburg. Nur ein paar Klicks, 17,49 Euro zahlen und schon ist sie da, die „Impfunfähigkeitsbescheinigung“. „Sie nimmt Dir den Druck, dich voreilig impfen zu lassen.“ Mit diesen Versprechungen geht die Firma „Nachweis-Express.de“ im Internet auf Kundenfang. Mittlerweile haben mehrere Behörden, darunter auch Gesundheitsämter, Strafanzeige gegen die GmbH gestellt, die laut Homepage ihren Sitz an der Jesteburger Hauptstraße hat.
Das Geschäft mit Bescheinigungen, Zertifikaten und auch Fälschungen für Ungeimpfte scheint lukrativ zu sein, die Zahl der Angebote im Netz ist schier unermesslich. Die für Jesteburg zuständige Staatsanwaltschaft Stade hat derweil von den Kollegen im nordrhein-westfälischen Hagen einen Fall übernommen, dessen Dimension noch gar nicht absehbar ist.
In Wetter eine Briefkasten-Adresse
Die Firma Nachweis-Express erregte zunächst im Ruhrgebiet die Aufmerksamkeit der Strafverfolgungsbehörden, weil sie angeblich in der Ortschaft Wetter an der Ruhr ihren Sitz hatte. „Das war aber nur eine Briefkasten-Adresse“, sagt Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli von der Staatsanwaltschaft Hagen. Strafanzeige um Strafanzeige gingen bei der Justiz ein, die Ermittlungen wegen gewerbsmäßigen Betruges einleitete. Denn von den Impfunfähigkeitsbescheinigungen sollen einige tausend Exemplare ausgestellt worden sein.
Der Kunde erhält online eine amtlich aussehende „Bescheinigung einer vorläufigen Impfunfähigkeit“, einen Arztbrief für den weiterbehandelnde Allergologen und ein Musterschreiben zum Haftungsausschluss für die Krankenkasse – so verspricht es Nachweis-Express auf seiner Homepage. Der Interessent muss dazu nicht einmal einen Arzt aufsuchen, gefordert werden lediglich 17,49 Euro für eine „gutachterliche Stellungnahme gemäß der Gebührenordnung für Ärzte“. Das Formular könne man dann zum Beispiel dem Arbeitgeber vorlegen, um sich nicht ständig dafür rechtfertigen zu müssen, dass man nicht geimpft ist, so die Argumentation.
Plötzlicher Umzug ins Försters Hus
Die staatsanwaltlichen Ermittlungen in Hagen waren in vollem Gange, als die Firma plötzlich nach Jesteburg umzog – in ein geschichtsträchtiges Gebäude. Denn an der Adresse, Hauptstraße 41, steht das so genannte Försters Hus, in dem früher der Förster des Ortes wohnte. Im Jahr 2016 war es nach historischer Vorlage für zwei Millionen Euro neu gebaut worden, nachdem man die aus dem Jahr 1855 stammenden Einzelteile abgetragen, restauriert oder ersetzt hatte.
Im Bürotrakt an der Hauptstraße 41 ist weder auf den Klingelschildern noch auf den Briefkästen die Firma Nachweis-Express vermerkt. Dabei ist sie nicht die einzige aus der Branche, die hier angeblich ihren Sitz hat: Auch „Test-Express“ hat laut Homepage im Försters Hus seine Firmenzentrale.
Bei Anrufen nur eine Stimme vom Band
Die Staatsanwaltschaft Stade hat die beiden Express-Firmen zu einem Fall zusammengefasst und umfangreiche Ermittlungen eingeleitet. „Dabei spielt natürlich auch eine Rolle, was man überhaupt tatsächlich mit diesen Bescheinigungen anfangen kann“, sagt Oberstaatsanwalt Johannes Kiers.
Nachweis-Express unterstreicht derweil seine Seriosität mit „Presseberichten“ auf seiner Homepage. Und Test-Express kritisiert in seinem Internet-Auftritt Fake-News: „Selbst Tagesschau.de ist sich nicht zu schade, die Fakten über uns zu verdrehen“, beklagt man dort. Verbunden mit der Versicherung, dass man gegen sämtliche Falschmelder bereits anwaltlich vorgehe und auch schon Klage einreichen würde.
Großes Interesse an einer weiteren Berichterstattung scheint es derweil nicht zu geben. Bei Anrufen kommt nur eine Stimme vom Band und eine Anfrage des WA per Mail blieb unbeantwortet.
Von Thomas Mitzlaff
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