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Kritischer CDU-Blick auf mögliche Verkehrsprojekte in Seevetal (von links): Enak Ferlemann, Bürgermeisterin Emily Weede und Michael Grosse-Brömer vor dem Hittfelder Rathaus. (Foto: bjh)

Zwei Schreckgespenster in Seevetal

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Raststätte und Bahntrasse: Bürgermeisterin Emily Weede treibt die Furcht um. 

Hittfeld. Emily Weede ist Bürgermeisterin der Gemeinde Seevetal, die wiederum die Gemeinde ist, die mit die höchste Verkehrslast aller Gemeinden in der Bundesrepublik zu tragen hat. Zwei Autobahnen durchqueren Seevetal, hinzu kommen einige Bahnstrecken. Alles belastet die Umwelt und sorgt für ordentlich Verkehrslärm. Das Schlimmste, was man der Gemeinde noch antun kann, wäre der Bau einer Raststätte an der Autobahn 1 bei Meckelfeld und einer neuen Bahntrasse entlang der Autobahn 7.

Beide Schreckgespenster schwirren tatsächlich noch durch die Politik. Grund genug für Bürgermeisterin Emily Weede (CDU) erneut auf die Gefahren dieser Verkehrsprojekte hinzuweisen. An ihrer Seite waren am Dienstag zwei Bundestagsabgeordnete der CDU dabei. Enak Ferlemann war von 2013 bis 2021 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur und davor von 2009 bis 2013 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Der 58-Jährige aus Cuxhaven sitzt unter anderem noch im Vorstand der Bahn AG und darf als absoluter Verkehrsexperte bezeichnet werden. Michael Grosse-Brömer aus Brackel vertritt die Landkreis-Interessen in Berlin und ist im Bundestag Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses.

„Schon vor 30 Jahre hatte es Pläne für eine Rastanlage in Seevetal gegeben. Denen konnte ich schon damals als Ratsfrau nichts abgewinnen“, machte Emily Weede deutlich. Die Auswirkungen auf Natur und Umwelt halte sie heute für genauso bedenklich wie damals. Der Widerstand gegen die sogenannte Rast- und Tankanlage Elbmarsch an der Autobahn 1 rührt sich schon lange, die aktive Bürgerinitiative gegen die Raststätte Elbmarsch hatte im vergangenen Jahr einen schönen Erfolg.

Der Widerstand läuft, man hört den Wachtelkönig

Im Moor, dort wo die Rastanlage mit mehr als 500 Stellplätzen gebaut werden könnte, hatte man den Ruf des Wachtelkönigs mehrfach vernommen. Eine Sichtung des geschützten Vogels gab es dagegen noch nicht. Seinen knarrenden Ruf stößt er erst mit der Dämmerung aus und hauptsächlich zur etwa fünfwöchigen Brutzeit zwischen Mai und Juli. Der Wachtelkönig ist ein Hauptargument gegen die Raststätte. Jetzt soll an einer Feststellung des Vogels gearbeitet werden. Die Gemeinde Seevetal arbeitet dabei mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Harburg und dem Land Niedersachsen zusammen. Das Landvolk und der Kreis-Landwirt sind ebenso beteiligt. Die Feststellung wird bei nächtlichen Wanderung durch das Moor versucht. Gleichzeitig wolle man Hilfe für die betroffenen Landwirte bieten, auf deren Flächen der Wachtelkönig wohlmöglich unterwegs sei.

Rastanlage soll an die neue Autobahn 26 Ost

Nach jetzigem Stand kann man sich über den Wachtelkönig freuen, andererseits ist eine Raststätte in Seevetal aktuell kein Thema. Die rund 25 Hektar große Rastanlage soll auf Hamburger Gebiet das Herzstück der neuen Autobahn 26 Ost werden. Geplant ist die Autobahn als Verbindung für Hafengebiet und Hinterland sowie als Verbindung zwischen den Autobahnen 1 und 7. Dafür hat der Bund bereits Grundstücke des Mineralölproduzenten Shell gekauft, berichtete Enak Ferlemann.

„Eine vernünftige Raststätte gerade für die Lkw-Fahrer ist notwendig“, stellte der 58-Jährige klar. Die bräuchten neben Stellplätzen vor allem bezahlbares Essen und Duschen. Ferlemann verwies aber darauf, dass der Bundesverkehrswegeplan aus 2016 planmäßig nach fünf Jahren wieder überprüft werde.

Er gehe davon aus, dass sich am Sachstand nichts geändert habe, so Ferlemann. Demnach sollte es bei der Lösung auf Hamburger Gebiet bleiben. Zu bedenken sei allerdings, dass in Berlin eine neue Regierung sitze mit einem Verkehrsminister von der FDP, der sich mit dem Umwelt- und Klimaministerium absprechen müsse. Zwei Ministerien, deren Federführung bei den Grünen liegt. Aus CDU-Sicht kann dies zumindest einige Unwägbarkeiten bedeuten, auch neue Planungen für die Raststätte.

Neue Bahntrasse durch Seevetal ist möglich

„Für Seevetal ist die Autobahn 26 Ost elementar“, sagte Emily Weede. Dienstagmittag, passend zum Pressetermin im Hittfelder Rathaus, flatterte ein Schreiben aus Hannover herein. Da ging es um die Alpha-E-Variante zwischen Hamburg und Hannover. Jeweils der Bau einer neuen Trasse, einer Trasse an der bisherigen Strecke und einer Trasse parallel zur Autobahn 7 würden geprüft werden, hieß es im Schreiben.

Die Trasse an der A 7 entlang würde Seevetaler Gemeindegebiet durchschneiden und ist momentan offenbar der Favorit des Hamburger Verkehrssenators Anjes Tjarks. Seine Partei heißt Bündnis 90/Die Grünen. Grundsätzlich ist das ein üblicher Verwaltungsvorgang, dass alle möglichen Alternativen einer Überprüfung unterzogen werden. Ein entscheidendes Kriterium dabei soll die Fahrzeit sein. Je kürzer, je besser.

In Seevetal muss man weiter gute Nerven haben. Eine Entscheidung zur Trassenführung der Bahn sowie ein Ergebnis in Sachen Bundesverkehrswegeplan und Raststätte erwartet Enak Ferlemann frühestens Ende 2023, eher erst 2024. Letzter Stand zur Raststätte ist, dass die Planungen vor Jahren abgebrochen und zurückgestellt worden sind. Emily Weede fühlt sich damit aber noch nicht sicher. „Ich hoffe, dass die Raststätte beerdigt bleibt“, sagte die Bürgermeisterin und fürchtet immer noch den Schocker: den Bau einer Raststätte und einer neuen Bahntrasse an der A 7 in Seevetal.

Von Björn Hansen

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