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Freuen sich über die Unterstützung aus der ganzen Samtgemeinde: Elisabeth Mestmacher (links) und Elisabeth Lübberstedt-Hobohm in der gerade eingerichteten Kinderecke der Unterkunft in Salzhausen. (Foto: rin)

Salzhausen: Welle der Hilfsbereitschaft

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Die Hilfsbereitschaft, die die Menschen aus Salzhausen für Geflüchtete aus der Ukraine an den Tag legen, ist vorbildlich. Über die sozialen Medien verbreiteten sich die Spendenaufrufe in Windeseile.

Salzhausen. Was Salzhausen in den vergangenen Tagen geleistet hat, ist in Sachen Hilfsbereitschaft für Geflüchtete aus der Ukraine vorbildlich. Den 50 gestrandeten Menschen in einem Bus aus Polen boten die Salzhäuser Obdach, ein Haus im Ort mit acht Zimmern für Flüchtlinge wartet auf den Bezug. Alles wurde in kürzester Zeit aus dem Boden gestampft.

Für Elisabeth Mestmacher, frühere Bürgermeisterin und Vorsitzende der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Freundeskreis Bialy-Bór-Salzhausen, war das Helfen mit Ausbruch des Krieges keine Frage. „Bialy-Bór ist das ukrainische Zentrum in Polen, die Verbundenheit zum Nachbarland ist dort bis heute riesig“, sagt die 71-Jährige.

Als vor 25 Jahren die Städtepartnerschaft gegründet wurde, hatten 40 Prozent der Einwohner ukrainische Wurzeln. Es gibt dort eine ukrainische Schule, die mit der Oberschule Salzhausen eine Partnerschaft pflegt, und es gibt eine neue griechisch-katholische Kirche der ukrainisch-stämmigen Gläubigen mit großem Gästehaus, das jetzt mit knapp 40 Kriegsflüchtlingen gefüllt ist.

Von der Resonanz selbst überrascht

„Anfangs haben wir erstmal um Geldspenden gebeten; dann, als wir wussten, was gebraucht wird, um Sachspenden“, berichtet „Lieschen“ Mestmacher. Sie und ihre Mitstreiterinnen Elisabeth Lübberstedt-Hobohm und Hannelore Petersen vom Freundeskreis hätten es allerdings nicht für möglich gehalten, dass sie mit einer derartigen Wucht von der Welle der Hilfsbereitschaft überrollt werden würden. Über die sozialen Medien verbreiteten sich die Spendenaufrufe in Windeseile.

So ging es auch Cornelius Schafmayer, der sich eigentlich nur zufällig mit Bauunternehmer Steffen Lücking im Schützenhaus traf. Dann trudelte die Meldung ein: Ein privater Bus aus Polen mit 50 Geflüchteten an Bord kann nicht wie geplant nach Lübeck. „Die 50 Ukrainer sollten nicht im Bus übernachten. Stefan Lücking hat alles Finanzielle geregelt, und dann haben wir mal was organisiert“, schildert der Chef des Garlstorfer Unternehmens W. & O. Dittmann.

Unterkunft war pünktlich fertig

Schon bald glühten auch über die Schützen die Social-Media-Kanäle. Eine Putzkolonne brachte die Schützenhalle und Toiletten auf Vordermann, der MTV stellte im benachbarten Sport-Huus seine Duschräume zur Verfügung, Bürger brachten Bettzeug, Handtücher, Kuscheltiere und mehr. Frauen bereiteten ein Büfett vor, für das die örtlichen Bäcker Brötchen lieferten, andere bezogen derweil die Betten. „Das war gigantisch. Da war ich echt ein paar mal den Tränen nahe angesichts dieser Hilfsbereitschaft“, sagt Schafmayer. „Aber wir wollten alles so herrichten, als würden wir selbst dort schlafen wollen.“ Pünktlich zur Ankunft des Busses um 21 Uhr war alles fertig.

Derweil machte sich das andere Team im Ort daran, das leer stehende Volksbankgebäude und Fitnessstudio in ein Heim für Geflüchtete umzuwandeln. Auch dort brauchten die engagierten Frauen nicht lange auf Unterstützung zu warten: Möbel, Bettzeug, Spielsachen, Kleidung, eine Waschmaschine, Küchenutensilien, Lebensmittel, Hygieneartikel und sogar eine Küche wurden gespendet. Auch die Helfer wurden bedacht. Elisabeth Mestmacher sagt: „Kinder aus der Nachbarschaft haben für uns Kuchen gebacken, andere kamen mit Brötchen. Das war unglaublich.“

Die Schützenhalle ist inzwischen wieder verwaist. Zehn Kinder der Gruppe hatten sich mit Corona infiziert. Samtgemeindebürgermeister Wolfgang Krause hängte sich ans Telefon und konnte schließlich vermelden, die Gruppe komme in Buchholz unter und bleibe dort vorerst in Quarantäne.

Auch an therapeutische Angebote ist schon gedacht

In Salzhausen ist derweil die Unterkunft inzwischen bezugsfertig und vom Ordnungsamt abgenommen. Viele haben auch dort geholfen: Die Stepaerobic-Gruppe von Deti Kanefendt hat extra die Fenster geputzt, die letzten Gardinen fürs Haus liegen unter der Nähmaschine einer Nachbarin, der WLAN-Anschluss ist fertig, die Zimmer eingerichtet – liebevoll mit Deckchen, Blumen und Bildern. Im Flur steht ein gespendetes Fahrrad, daneben eine Kinderkarre und eine Galerie bunter Kinderschuhe. Es gibt Spielzeug und ein Trampolin.

Auch um die emotionale Situation der Geflüchteten machen sich die Helferinnen Gedanken. „Wir haben auch Angebote wie eine Traumatherapie organisiert und Mediziner mit ins Boot geholt“, erzählt Elisabeth Mestmacher. Sie und ihre gleichaltrige Freundin Elisabeth Lübberstedt-Hobohm sind sicherlich auch ein bisschen kaputt von den drei Tagen unter Volldampf. „Aber wir organisieren einfach auch gerne. Das macht uns Spaß und setzt ziemlich viel Energie frei“, sagen die beiden Frauen lachend und arbeiten einfach weiter.

Von Kathrin Röhlke