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Grundschüler sollen ab kommender Woche im Unterricht keine Maske mehr tragen müssen. Auch andere Corona-Regeln sollen fallen. (Foto: AdobeStock)

Entspannt in die Corona-Lockerungen?

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Die Corona-Inzidenzen im Landkreis steigen seit gut drei Wochen wieder, dennoch soll ab Montag umfangreich gelockert werden. Der WA hat bei Landkreis und Krankenhäusern nachgefragt, wie sich die Lage aktuell darstellt.

Landkreis. Ein Blick auf die große Tabelle mit den Coronazahlen auf der Homepage des Landkreises vermittelt den Eindruck, dass seit dem Wiederanstieg der Inzidenz – der vorläufige „Tiefpunkt“ war am 23. Februar erreicht – insgesamt 19 Menschen (Stand Dienstagabend) an oder mit dem Coronavirus verstorben sind. Das wäre etwas weniger als ein Todesfall pro Tag. Hervorzuheben ist dabei noch der 3. März, an dem allein neun der 19 gemeldet worden sind. Was hat das zu bedeuten? Aufklärung bringt der Pressesprecher des Landkreises, Andres Wulfes, im WA-Gespräch.

„Die Leute sind nicht an den Tagen der Meldung zu Tode gekommen“, stellt Wulfes gleich zu Beginn klar. Es handelte sich demnach zu einem großen Teil um Nachmeldungen durch das Standesamt. Das komme vor, wenn ein Arzt versäumt, den Todesfall im Zusammenhang mit dem Virus zu melden. Andres Wulfes teilt den Zeitraum mit, in dem diese 19 Menschen tatsächlich verstorben sind: zwischen dem 2. Februar und dem 7. März. Hinzu komme, so der Pressesprecher, dass nicht bei allen Fällen Covid eindeutig ursächlich für das Ableben gewesen sei. „Bei neun Personen war die Todesursache eindeutig Covid“, weiß Wulfes.

Impfstatus nicht immer bekannt

Die anderen Zehn seien zwar infiziert gewesen, doch für den Tod könnten letztendlich andere Umstände wie Vorerkrankungen verantwortlich gewesen sein. „Wie und ob Corona hier verstärkend gewirkt hat, darüber kann nur spekuliert werden“, erklärt Wulfes. Bis auf wenige Ausnahmen habe es sich um Menschen im Alter zwischen 80 und 99 Jahren gehandelt, viele von ihnen aus Pflegeheimen.

Der Impfstatus sei nicht bei jeder Person nachvollziehbar gewesen, aber: „Wir gehen davon aus, dass der Großteil der Heimbewohner mindestens zwei Mal geimpft wurde“, so Wulfes. Bis auf eine 39-jährige Person, die an einer Vorerkrankung litt, waren alle über 60. Ein 72-Jähriger starb ohne Impfung und ohne Vorerkrankung an dem Virus.

In Anbetracht der anstehenden Lockerungen, die in der kommenden Woche greifen sollen, zeichnen die Angaben des Landkreises trotz der steigenden Inzidenzen ein Bild leichter Entspannung, was schwere Verläufe angeht. Es soll zum Beispiel an vielen Orten die Maskenpflicht fallen, so auch in Grundschulen. Eine Bewertung der neuen Regelungen möchte Landrat Rainer Rempe auf Anfrage des WA nicht abgeben. Der Landkreis rät jedoch weiterhin dazu, Vorsicht walten zu lassen und appelliert an die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger. „Wir müssen auch abwarten, was genau überhaupt beschlossen wird“, sagt Andres Wulfes.

Personelle Engpässe im Krankenhaus

Dr. Christian Pott beschreibt die Situation in den Krankenhäusern Buchholz und Winsen: „Vor Weihnachten hatten wir angesichts der damals noch vorherrschenden Delta-Variante die härteste Zeit. Mittlerweile hat sich die Lage entspannt.“ Die aktuellen Inzidenzen wären mit Delta untragbar für die beiden Einrichtungen, meint der Ärztliche Direktor.

Auf den Intensivstationen zeige sich, dass zwar wieder mehr Patienten mit Corona zu versorgen seien, aber eben nicht wegen Corona. „Wir stellen bei vielen das Virus fest, die wegen einer ganz anderen Erkrankung eingeliefert wurden. Weil bei diesen Inzidenzen einfach viele Leute infiziert sind.“ So sei die Pandemie nur indirekt das Problem, viel mehr Aufwand bedeuteten die durch sie bedingten Vorgaben. „Ob die Patienten mit oder wegen Corona da sind, fordert uns natürlich gleichermaßen. Dazu kommen zahlreiche personelle Ausfälle durch positive Tests“, erläutert Dr. Pott die aktuellen Umstände. Dazu komme der Fachkräftemangel, der den Ausgleich erschwere.

Manche Regeln bleiben bestehen

Ob sich die Lage in den Krankenhäusern durch gravierende Lockerungen wieder verschärfen würde, vermag der Arzt nicht zu beurteilen, doch für ihn deute momentan nichts darauf hin. „Wir diskutieren intern auch, was wir beibehalten wollen. Die Testpflicht für Besucher halten wir zum Beispiel weiterhin für sinnvoll.“ Auch wenn Dr. Pott befürchtet, das könne zu Kontroversen im Eingangsbereich führen. „Ich glaube aber schon, dass wir lockern können, vielleicht sogar müssen.“ Geimpfte und Geboosterte seien bei Omikron vor schweren Verläufen sehr gut geschützt, in den meisten Fällen, wenn es so weit kommt, müssten nur Ungeimpfte an ein Beatmungsgerät.

Vulnerable Gruppen müssen unbedingt weiter geschützt werden, auch ungeimpfte Vorerkrankte gehören für Dr. Pott selbstverständlich dazu, aber: „Die derzeitige Lage macht schon ein bisschen Mut. Im Moment halten wir das aus!“

Von Andreas Urhahn