Zwei Männer wegen Leasingbetrug angeklagt. Gerhard Strate in der Verteidigung. Einstellung abgelehnt.
Winsen. Ein Freundschaftsdienst hatte am Dienstag den bekannten Hamburger Rechtsanwalt Dr. Gerhard Strate nach Winsen ins Amtsgericht geführt. Er vertrat in einem Prozess einen der beiden Angeklagten. Dabei ging es um Leasing-Betrug. Man bestellt Waren, die es nicht gibt, finanziert diese über eine reale Leasing-Firma und bleibt die Raten schuldig. Ein 42 Jahre alte Seevetaler und ein 48 Jahre alter Hamburger hatten sozusagen Geschäfte mit sich selbst gemacht. Strate verteidigte den Seevetaler.
Zuerst aber musste er zusehen, wie sein Mandant mit enormen Erinnerungslücken und einer Menge Konjunktiv durch die Befragungen von Richterin und Staatsanwalt tauchte. Er hatte den Geschäftsführer einer sogenannten Mantel-GmbH gespielt, leistete Unterschriften für Einkäufe und Bestellungen, will aber geglaubt haben, dass alles mit rechten Dingen zuging.
Möbel bestellt für ein Büro, das es nicht gibt
Er habe sich als Tischler ein zweites wirtschaftliches Standbein aufbauen wollen, berichtet er bei seiner ersten Ausführung. Man habe viele Ideen gehabt, dann aber sei ja Corona gekommen. Die Nachfragen ergeben ein weniger leidenschaftliches Bild. Warum habe man denn Möbel für 13 000 Euro bestellt, ohne ein Büro zu haben? Habe die GmbH bis heute überhaupt eine Geschäftstätigkeit gezeigt? Man habe ein Büro in Aussicht gehabt und eine Geschäftstätigkeit habe bisher nicht gegeben, muss der 42-Jährige zugeben.
In diesem Fall war lediglich die vermeintliche Möbel-Bestellung angeklagt. Dahinter aber steckt ein wüstes Geflecht an Scheinfirmen und Mantel-Gesellschaften, die die finanzierenden Leasing-Firmen schädigten. Eine weitaus umfangreichere Anklage wird gerade in Hamburg geführt.
Versicherungs-Fachwirt für krumme Geschäfte
Dem zweiten Angeklagten war die Überzeugung nicht zu nehmen. Man habe Ideen für Holzbau und Co-Workingspaces gehabt, wollte Firmen Möbel verkaufen. Kunden habe er aus seiner Tätigkeit als Versicherungs-Fachwirt akquieren wollen. So weit die individuelle Vorstellung des 48-Jährigen, dazu gekommen ist es allerdings nicht.
Ob noch weitere Leasingverträge abgeschlossen wurden, könne er nicht beantworten. Der Staatsanwalt verweist auf die Kontoauszüge der GmbH. Da gibt es weitere Leasingverträge und Geld, das munter hin und her gebucht wurde. Ob der Angeklagte die Verträge geschlossen habe, fragt der Staatsanwalt. Der Angeklagte will darauf nicht antworten, weiß aber noch, dass das immer „Rechnungen für irgendetwas“ gewesen seien. Allerdings sind auch die Verwendungszwecke überwiegend verdächtig.
Dann kommen die zwei Zeugen. Ein 69-Jähriger, dessen GmbH von den beiden Angeklagten übernommen worden ist, berichtete. 32 000 Euro habe er dafür kassiert, sein Steuerberater habe ihm den Tipp gegeben. Die Abwicklung sei bereits etwas zwielichtig gewesen. Das Geld sollte er in Bar bekommen, wählte aber den rechtmäßigen Umweg über eine Bank.
GmbH-Verkäufer hat die Gläubiger vor der Tür
Der Stress startete, als der Mann bemerkte, dass die neue GmbH immer noch unter seiner Wohnadresse firmiere. Leasingverträge seien bei ihm eingegangen. „Die haben sich erst einmal einen Mercedes G 300 gekauft“, sagt der 69-Jährige. Gebraucht kostet das Vehikel schon noch über 60 000 Euro. Bald standen dann auch die Gläubiger vor seiner Tür. Telefonisch habe er die GmbH nicht erreichen können, bis heute sei keine Adressänderung vorgenommen worden.
Deutlich wird der zweite Zeuge, ein 55 Jahre alter Mann, der beruflich für die Sicherstellung mobiler Wirtschaftsgüter sorgt. Ihn habe eine der betrogenen Leasingfirmen beauftragt, Geld für Lager-Inventar, darunter ein Hochregal, einzutreiben. Gesucht habe er bei der zweiten Mantel-GmbH mit angeblichem Sitz in Wedel. „Die Firma war an der Adresse unbekannt. Zudem waren das normale Büros, da passte nirgends ein Hochregal rein“, berichtet der Experte.
Seiner Meinung nach hätten die Angeklagte da eine „reine Kapitalbeschaffung“ betrieben. Den Geschäftsführer, der Seevetaler, habe man an seinem Arbeitsplatz angetroffen. Der 42-Jährige habe sich richtig erschrocken. „Der wusste nichts von seinem Glück“, schilderte der Zeuge seinen ersten Eindruck.
Strate staunt und versucht die Rettung
Verteidiger Gerhard Strate hatte sich all das mit einem gewissen Erstaunen angehört. Für seinen Mandanten hatte er Hoffnung auf eine Einstellung gegen Geldauflage. Er sei mit einer Zahlung von 10 000 Euro dazu motiviert worden, den GmbH-Geschäftsführer zu geben, und sei so in etwas verstrickt gewesen, dass nicht sein sollte. „Eine verhängnisvolle Naivität“, nannte das der Anwalt.
Sein Mandant habe auch ein wenig Angst um seinen Job gehabt und wohl wirklich auf ein zweites Standbein gehofft. Er habe bisher ein unbeanstandetes Leben geführt, habe den finanziellen Schaden, den er angerichtet hatte, mit einer Zahlung von rund 14 000 Euro wieder ausgeglichen, und sei bereit eine Geldauflage von 10 000 Euro zu zahlen.
Der Vorschlag scheiterte zumindest vorerst am Veto des Staatsanwalts. Nur wenn der 42-Jährige reinen Tisch mache und auch Informationen zu weiteren Beteiligten preisgebe, könne er einer Einstellung zustimmen. Nun wird die Verhandlung Ende Mai fortgesetzt. Strate kann damit leben. „Das Amtsgericht hier im Schloss ist wirklich schön“, sagte er auf WA-Nachfrage zu seiner ersten Verhandlung in Winsen. Recht hat er.
Von Björn Hansen
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