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Tausende von Bildern müssen die Ermittler bei Verdachtsfällen von Kinderpornografie auswerten. Nun haben sie auf dem Rechner eines Verdächtigen 130 entsprechende Dateien gefunden. (Symbolfoto: A/t&w)

Die Reue kommt zu spät

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Ein Mann aus der Samtgemeinde Elbmarsch musste sich jetzt vor dem Amtsgericht Winsen wegen des Besitzes von kinder- und jugendpornografischem Material verantworten.

Winsen. Der lange Arm der Staatsanwaltschaft Hannover reicht bis in die Samtgemeinde Elbmarsch. Ein 58 Jahre alter, dort auf einem Campingplatz wohnender Mann musste sich jetzt vor dem Amtsgericht Winsen wegen des Besitzes von kinder- und jugendpornografischem Material verantworten. Denn bei einer polizeilichen Durchsuchung im Juli 2020 waren bei ihm rund 130 entsprechende Dateien auf dem Computer und dem Mobiltelefon gefunden worden.

Nachdem es seit 2019 in Niedersachsen einen erheblichen Anstieg an Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornografie gegeben hatte, ist die zuständige Zentralstelle der Staatsanwaltschaft bereits zum zweiten Mal personell verstärkt worden, das erhöht den Druck auf die Straftäter. Den Tatvorwurf hatte der Angeklagte grundsätzlich eingeräumt, eine Einlassung dazu, warum er diese Bilder und Videos heruntergeladen hatte, wollte er nicht abgeben.

Der 58-Jährige erzählte vor Gericht vielmehr von einem Schicksalschlag: Seine Frau sei an Krebs erkrankt, er habe sie bis zu ihrem Tode gepflegt. Danach sei er in die Elbmarsch umgezogen. Auch seine aktuelle Freundin sei schwer krank. Und da er zur Arbeit nach Hamburg pendeln müsse, fehle es ihm an sozialen Kontakten. Zudem laufe sein Arbeitsvertrag Ende September aus. Dass er einen neuen Job finde, sei wohl unwahrscheinlich.

130 Dateien sind auch 130-facher Missbrauch

Das mag alles sein, erklärt aber nicht das Interesse für kinderpornografisches Material. Das machte auch die Vorsitzende Richterin deutlich. 130 Dateien zu horten, bedeute auch, 130 Fällen von Kindesmissbrauch Vorschub zu leisten. Für das Strafmaß im Urteil sei deshalb auch diese Menge entscheidend. Wie die Staatsanwaltschaft hielt das Gericht eine Geldstrafe von 3600 Euro für angemessen. Damit ist der Mann vorbestraft, was Einträge ins Bundeszentralregister und das Führungszeugnis bedeutet. Nach einer Gesetzesänderung im Mai 2021 gilt der Besitz und die Verbreitung von kinderpornografischem Material inzwischen als Verbrechen und wird mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bestraft.

Die Richterin erklärte, dass es bei ihr für solche Vergehen, wie sie dem 58-Jährigen vorgeworfen werden, heute mindestens eine sechsmonatige Freiheitsstrafe gebe. Das Geständnis spreche allerdings für den Angeklagten, auch weil er dem Gericht und der Staatsanwaltschaft so das Sichten der Dateien erspare. Der Angeklagte hatte das letzte Wort: „Ich bereue, was ich getan habe, und schäme mich zutiefst.“

Von Björn Hansen