Dana Burmeister ist eine von insgesamt 253 Zensus-Interviewern. Sie berichtet sie von ihren Erfahrungen und wie man am besten mit ungeplanten Situationen an fremden Haustüren umgeht.
Winsen. Seit rund zwei Monaten läuft Deutschlands größte Einwohnerbefragung, der Zensus 2022. Allein im Landkreis Harburg nehmen 26 000 Menschen an der Umfrage teil. Damit diese Menge an Daten überhaupt erhoben werden kann, setzt die Kreisverwaltung auf Menschen wie Dana Burmeister. Die 24-Jährige tingelte ehrenamtlich von Haustür zu Haustür und führte die Interviews in Winsen und der Elbmarsch durch. „Es war aber deutlich aufwändiger, als ich es mir vorgestellt hatte“, gesteht sie im Gespräch mit dem WA – die Erfahrung missen möchte sie aber auch nicht.
Die größte Überraschung gab es gleich zu Beginn. Nach einer ersten Schulung bekam Dana Burmeister direkt eine Tasche voll mit allen wichtigen Unterlagen mit nach Hause. „Erst klang das alles total plausibel, aber als ich mich dann in Ruhe mit dem ganzen Papierkram auseinandergesetzt habe, war ich schon erschlagen“, berichtet die Interviewerin. Sie sei schon über ganz einfache Punkte gestolpert: Fragen zum Geschlecht und zum Lebenspartner seien heutzutage anders zu stellen als noch vor elf Jahren. „Und ich wollte da auf keinen Fall in ein Fettnäpfchen treten“, so die 24-Jährige.
Allein war sie mit diesem Gefühl nicht. „Etwa eine Handvoll der Freiwilligen hat an dem Punkt wieder abgesagt“, erklärt Chiara Sarek, stellvertretende Leiterin der Erhebungsstelle im Landkreis. Doch 263 blieben bei der Stange. So auch Dana Burmeister.
Im schlimmsten Fall droht das Zwangsgeld
Sie packte auch das Pflichtgefühl. „Es ist nur mal ein Ehrenamt, für das ich mich angemeldet habe. Und ohne Ehrenamt geht es einfach nicht“, sagt die Lüneburgerin. Also setzte sie sich hin und plante zwei Routen, mit denen sie die 21 Haushalte möglichst clever verbinden konnte.
Bei der ersten Tour wurden die Terminkarten verteilt, bei der zweiten ging es an die Befragung. Insgesamt etwa vier Stunden dauerten am Ende die Interviews, bei denen zunächst oft erst Aufklärungsarbeit geleistet werden musste. „Einige haben den Sinn der Interviews hinterfragt, weil die Personen ja beim Einwohnermeldeamt gemeldet seien“, so Dana Burmeister.
Ihrer Auskunftspflicht kamen die meisten anschließend dennoch nach, aber nicht alle. „Es besteht die Möglichkeit, die Aussage erstmal zu verweigern“, erklärt Chiara Sarek. Viel bringen würde das allerdings nicht. In diesen Fällen folgen Erinnerungs- und Mahnschreiben – und im schlimmsten Fall eine Zwangsgeldandrohung. Denn wer für den Zensus ausgewählt wurde, der muss auch teilnehmen.
Eine andere Erschwernis bei der Befragung waren Sprachbarrieren. „Das war ein typisches Problem, mit dem wir gerechnet haben und auf das wir die Interviewer vorbereitet haben“, erklärt Chiara Sarek. Tatsächlich konnten so vor Ort viele Barrieren überwunden werden, aber auch nicht alle. „Manchmal haben wir aus der Erhebungsstelle am Telefon mitgeholfen, manchmal ist dann noch eine Kollegin von uns los, die die entsprechende Sprache selbst spricht“, so die stellvertretende Leiterin.
Begegnungen, die in Erinnerung bleiben
Bei den Interviews kam es für Dana Burmeister aber auch zu bleibenden Erinnerungen. Eine Person sei davon ausgegangen, das auch der zusätzliche Papierbogen bei einem weiteren Termin gemeinsam ausgefüllt wird. „Das war nur ein kleines Missverständnis, aber ein total süßes Telefonat“, berichtet die 24-Jährige.
Ein anderer Haushalt habe extrem auf Corona-Maßnahmen geachtet und wollte sogar ihren Impfstatus sehen. „Zu solch privaten Aussagen sind unsere Interviewer aber nicht verpflichtet“, stellt Chiara Sarek klar. Ein weiteres Highlight der Befragungen war für Dana Burmeister eine kleine Feier, in die sie ungeahnt hereinplatzte. „Auf den Kuchen habe ich aber verzichtet“, schmunzelt die Lüneburgerin, die ihr Soll an Befragungen jetzt bereits erfüllt hat.
Am Ende bleiben trotz aller Mühen viele positive Erinnerungen. „Die Stimmung an den Haustüren war gut, die Leute total freundlich. Winsen ist wirklich eine sehr nette Stadt“, so ihr Fazit. Sie habe auf ihrer Tour Ecken der Luhestadt entdeckt, die sie sonst vermutlich nie gesehen hätte.
Trotzdem müsse man Lust und Motivation für dieses Ehrenamt mitbringen. „Dann macht es auch richtig Spaß.“ Hat die 24-Jährige jetzt also Blut geleckt? „Wäre die nächste Befragung im kommenden Jahr, würde ich definitiv sagen: Nein, danke! Aber in zehn Jahren… mal gucken.“
Von Dominik Heuer
Mit dem Zensus wird ermittelt, wie viele Menschen in Deutschland leben, wie sie wohnen und wie sie arbeiten. Viele Entscheidungen in der Politik beruhen auf Bevölkerungs- und Wohnungszahlen. Um verlässliche Werte zu haben, ist eine regelmäßige Bestandsaufnahme notwendig. Normalerweise findet der Zensus daher alle zehn Jahre statt. Die letzte Erhebung war 2011, aufgrund der Corona-Pandemie wurde der Termin aus 2021 auf 2022 verschoben.
Das ist der Zensus