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Hausarzt Norbert Eckhardt, Landtagskandidatin Sabine Lehmbeck und SPD-Generalsekretärin Hanna Naber diskutierten im Marstall mit Zuschauern über die Problematik des ländlichen Ärztemangels. (Foto: dre)

Bis der Arzt nicht mehr kommt

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SPD-Genossen um Sabine Lehmbeck diskutieren über Hausärztemangel und mögliche Lösungen.

Winsen. Rund 20 Zuschauer lauschen und beteiligen sich am Freitagabend an einer Podiumsdiskussion zum Thema Hausärztemangel im Landkreis Harburg. Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) hatte dazu neben der SPD- Landtagskandidatin Sabine Lehmbeck, auch den in Hamburg praktizierenden, aber in Neu Wulmstorf lebenden, Hausarzt und Parteigenosse Norbert Eckhardt und die niedersächsische SPD-Generalsekretärin Hanna Naber auf die Bühne gebeten. Naber ist außerdem Mitglied des Gesundheitsausschusses in Hannover und gewährt dabei immer wieder Einblicke in die Arbeit des Landtags.

„Viele Hausärzte gehen in den Ruhestand und aus verschiedenen Gründen fehlt der Nachwuchs. Es ist mittlerweile schwer, einen Arzt überhaupt zu erreichen“, eröffnet Sabine Lehmbeck das Gespräch. Wenn man montags spontan zum Arzt gehe, müsse man mehrere Stunden Wartezeit in überfüllten Wartezimmern in Kauf nehmen, so die Sozialdemokratin weiter. Hanna Naber ergänzt: „Junge Ärzte wollen nicht mehr Hausarzt werden. Wir müssen das Gesundheitssystem umkrempeln, der Mensch muss in den Mittelpunkt rücken.“ Es sei dabei auch die Aufgabe des Landtags, gleiche Bedingungen für das Leben in der Stadt und auf dem Land zu schaffen. Ebenfalls unzufrieden mit der Situation zeigte sich der anwesende Praktiker. Arzt Eckhardt meint: „Die Zeit hier heute reicht nicht, um alles zu erzählen, was schief läuft.“

Statistik sagt wenig über Realität aus

Bei 20 fehlenden Hausärzten sei der Landkreis statistisch nicht unterversorgt, erklärt Hanna Naber, doch: „Eine rechnerische Ausstattung bringt nicht viel, wenn die Realität nicht abgebildet wird.“ Es müsse geschaut werden, welche Aufgaben zum Beispiel auch gut ausgebildete Assistenzkräfte übernehmen könnten. Hausärzte könnten so entlastet werden, informiert die Abgeordnete über alternative Wege. Norbert Eckhardt erläuterte die Umsetzung am Beispiel seiner Praxis: „Ich hab meine Angestellten auf eigene Kosten weitergebildet und lasse mir vieles abnehmen. So lasse ich auch den kompletten Papierkram erledigen und habe mehr Zeit für Patienten, also das zu tun, wofür ich Arzt geworden bin.“ Eckhardt könne so rund 1300 statt der durchschnittlich 800 Patienten im Monat behandeln. „Diese Ausbildung rechnet sich also letztlich auch für den Arzt“, resümiert Naber daraufhin.

Eine Zuschauerin will wissen, was die SPD konkret plane, um die Situation zu entschärfen. Hanna Naber räumt ein, dass sich politische Rahmenbedingungen nicht von heute auf morgen ändern lassen würden. Alle sei immer von Mehrheiten abhängig. Und Norbert Eckhardt weiß: „Es gibt keine schnelle Lösung. Die 20 fehlenden Ärzte kann der Landkreis sich nicht aus den Rippen schnitzen.“ Hanna Naber, die über den niedersächsischen Gesundheitsausschuss auch an der Enquetekommission beteiligt ist, die die Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen untersucht, stellte einige Erkenntnisse vor: „Es ist sinnvoll kleine und nicht mehr zeitgemäße Krankenhäuser zu schließen. Es fehlen oft medizinische und hygienische Standards. Diese sollten durch regionale medizinische Versorgungszentren ersetzt werden.“

Kommunen brauchen Hilfe aus Hannover

Im Publikum befindet sich auch Tespes Ortsbürgermeister und SPD-Landratskandidat Michael Cramm , der über die Probleme aus der Elbmarsch berichtet: „Wir haben jetzt die Not und sehen ein MVZ als die beste Lösung an. Aber die Planung und Umsetzung braucht wenigstens drei bis fünf Jahre.“ Die Kommunen würden auch nicht um das benötigte Know-how verfügen, weshalb Cramm nach möglicher Unterstützung durch das Land fragt. Naber erklärt, dass sie weder einen Ministerposten bekleide, noch wisse, wer ab Herbst Minister sei oder welche Ministerien es überhaupt dann gebe. „Ich bin aber überzeugt, dass jede zukünftige Regierung, welche Farben ihr auch angehören, sich unserem Bericht verpflichtet fühlt und tätig wird.“

Von Andreas Urhahn

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Hausärztliche Versorgung im Landkreis Harburg

Kreisseniorenbeirat tagt am 6. September

Auch der Kreisseniorenbeirat nimmt sich der Problematik fehlender Hausärzte im Landkreis an. Wie unterstützt die Kreisverwaltung mit ihrer erfolgreichen Initiative „Stadtlandpraxis“ Medizinstudenten, Assistenzärzte, junge Praxisgründer und Ärztinnen, die in den Beruf zurückkehren möchten, um sie für eine Niederlassung als Hausarzt im Landkreis Harburg zu gewinnen?

Darüber berichtet Fachbereichsleiter Soziales Reiner Kaminski bei der bevorstehenden Sitzung des Kreisseniorenbeirats. Das Gremium tagt am Dienstag, 6. September, ab 14 Uhr im Sitzungssaal B-013 des Winsener Kreishauses. Die Sitzung ist öffentlich, Gäste sind herzlich willkommen.

Fragen zur anstehenden Sitzung und zur Arbeit des Kreisseniorenbeirats beantwortet die amtierende Vorsitzende Elisabeth Schmidt unter Telefon (04187) 900 44 22 oder per E-Mail an .

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