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Die Vorbereitungen sind in den letzten Zügen: Jörg und Gabriela Petri haben 2015 das Heiderock-Festival auf die Beine gestellt. Jetzt fiebern sie der bereits sechsten Auflage entgegen. (Foto: bjh)

Schatz, wir machen ein Festival!

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Gabriela und Jörg Petri aus Ramelsloh fiebern dem HeideRock-Comeback entgegen. So kam es zum neuen Hobby.

Ramelsloh. Derry ist der einzige, der in diesem Haushalt in Ramelsloh zunächst etwas unentspannt wirkt. Frauchen Gabriela und Herrchen Jörg Petri bekommen aber auch ihren Irish Water Spaniel schnell beruhigt. Gleichzeitig hat man schon einen Eindruck, welches Faible das Paar für Irland und Schottland hegt. Derry ist eine Stadt in Nordirland und Irish Water Spaniel spricht ja für sich. Für die beiden Ramelsloher darf es immer etwas von der Insel sein.

Jörg (61) hatte Gabriela (62) mit seiner Vorliebe für irisch-schottische Musik angesteckt. Die beiden waren schon gemeinsam in die Schule gegangen, wurden aber erst 2008 ein Paar und heirateten. Jörg ist ein großer Fan der Band The Keltics aus Faßberg. Auch da zog Gabriela mit, gemeinsam ging es auf die Konzerte. Mit Sänger Thys Bouma und dessen Frau hatte man sich bereits ganz gut angefreundet. Die Petris hatten zudem Zeit, die beruflichen Karrieren klangen aus.

Das Familienfest wuchs sich aus zum Festival

Dann kam so allmählich eine Idee auf: Gabriela wollte in Ramelsloh ein Familienfest ausrichten. Bühne, Bänke, Getränke, freier Eintritt, das war das Konzept. Als Band hatte man da schon The Keltics gewinnen können. Doch damit begann die Arbeit erst richtig. Das war 2015. „Das Gelände hatten wir schnell gefunden“, erinnert sich Jörg Petri, aber es brauchte vor allem eine Genehmigung. Die gab es dann recht unkompliziert aus dem Rathaus in Hittfeld. Genau 999 Gäste durften mitfeiern.

Das war es aber noch nicht: Erforderlich waren auch noch 30 Toiletten, professionelle Security, ein Parkplatz und sogar 30er-Schilder, um den Verkehr am Festivalgelände herunterzufahren. Die Kosten für dies alles allein mit dem Getränkeverkauf wieder einzuspielen, hatte sich damit auch erledigt. „Wir mussten Eintritt nehmen“, berichtet Jörg Petri. Aber die Premiere war ausverkauft.

Der Pipe-Major rettet die dramatische Premiere

Drama blieb allerdings nicht aus, denn das Festival startete in brütender Hitze, später kam noch ein schweres Gewitter, das sich über dem Festivalgelände am Kleberland in Ramelsloh entlud. Bands und Besucher suchten Schutz in ihren Autos, andere suchten das Weite, die Bühne soff ab, aber es ging weiter. Bis der Strom wieder da war, sorgte Pipe-Major Ronnie Bromhead mit seinem Dudelsack für Stimmung.

„Diese Festival-Premiere war wie eine Geburt“, erinnert sich Gabriela Petri. Man hatte das Festival über die Bühne gebracht. Auf Wunsch der Fans gab es 2016 das gleiche Line-Up mit den Keltics und den Porters sowie Andrew Gordon und Ronnie Bromhead. Und dazu kamen schon rund 1200 Besucher. Das HeideRock-Festival hatte sich etabliert, zu den Veranstaltungen von 2017 bis 2019 kamen im Schnitt rund 1600 Besucher.

Der Weg zum jetzigen Comeback war mühsam

„2020 hatten wir einen starken Vorverkauf, dann aber kam Corona“, sagt Gabriela. Auch jetzt fiel der Start ins Comeback eher schwer, nicht nur was die Organisation anbetraf. Der Vorverkauf lief nur schleppend an, jetzt ist die Nachfrage deutlich höher. Auch die Suche nach einem Fischwagen und einem Crepe-Stand gestaltete sich zunächst schwierig, jetzt aber ist das kulinarische Angebot komplett.

Auch das Interesse der Bands an einem Festival-Auftritt ist erheblich gestiegen, was die zahlreichen Bewerbungen belegen. Die schicken Videos. Grundsätzlich versuchen Gabriela und Jörg Petri die Bands vorher einmal live zu erleben. Die Maßstäbe legt Gabriela fest. Sie möchte vor allem „Native Speaker“ auf der Bühne, Mittelalter-Bands sind in Ramelsloh an der falschen Adresse.

Fans aus Europa und Bands, die sich bewerben

Die Besucher des HeideRock-Festivals kommen etwa zur Hälfte aus der Umgebung, die andere Hälfte aus Bayern, Dänemark, Schweden oder den Niederlanden. Die dürfen sich glücklich schätzen, etwa eine Band wie die Cardinal Sins in Ramelsloh live zu erleben. Die Band war bei der ersten Anfrage zunächst skeptisch. „Die touren eigentlich nur durch Irland und Schottland. Wir waren ihnen zunächst nicht ganz geheuer“, erklärt Jörg. Die Cardinal Sins fragten nach bei Andrew Gordon, einem Dauergast beim HeideRock-Festival, der die Petris als „Nice Guys“ empfahl. Jetzt sind die Cardinals zum zweiten Mal dabei.

Soll das Festival noch wachsen? Da sind sich Gabriela und Jörg nicht ganz einig. Mehr als 2000 Zuschauer können sich beide vorstellen, aber während sie nichts gegen ein „irisch-schottisches Wacken“ hätte, sieht er Grenzen. „Das Festival darf seinen Charakter nicht verlieren“, meint Jörg. Ein Geschäft ist das Festival nicht. Mit der Gesamtbilanz sei man im Minus, sagt Jörg. Man wolle vor allem kostendeckend arbeiten können. Ein Plus würde man als Schlechtwetter-Rücklage nutzen oder das Geld auch wieder ins Festival reinvestieren.

Die Petris stecken rund ein Jahr in die Vorbereitung des Festivals, buchen Bands, holen Genehmigungen ein, ordern Gastro- und Getränkestände, kümmern sich um die Werbung und die Sponsoren. Bei allem Aufwand haben sie aber ihren Spaß an diesem Hobby. HeideRock ist zu einem internationalen Festival gewachsen. Darüber darf man auch einmal staunen.

Von Björn Hansen

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