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Die Neetze fließt durch die Landkreis Lüneburg und Harburg. (Foto: LK Lüneburg)

Wird die Neetze eine „Bachperle“?

LK Lüneburg.  Die Neetze fließt durch die Landkreise Lüneburg und Harburg und ist preisverdächtig. Das Projekt „Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit der Neetze an der Mühle in Thomasburg“ ist für die „Niedersächsische Bachperle“ 2022 nominiert.

Anfang September begutachtete eine siebenköpfige Expertenjury die umfangreiche Maßnahme. Claudia Scheil, Vorsitzende des Fördervereins Thomasburg, und Michael Loch, Fachgebietsleiter Wasser beim Landkreis Lüneburg, führten durch das Projekt und zeigten die positiven Auswirkungen auf die Neetze, die Pflanzen- und Tierwelt und auch, wie stark die Bevölkerung vor Ort den neu gewonnenen Bachabschnitt genießt. Die Investition von 633.000 Euro wurde finanziert durch EU-, Bundes- und Landesmittel aus dem Förderprogramm „Fließgewässerentwicklung“, den Landkreis Lüneburg, den Strukturentwicklungsfonds des Landkreises sowie die AG Mühlenteich und die Mühleneigentümer und -anlieger. Dazu kamen weitere private Spenden.

Altarm des Flusses
wieder aktiviert

„Als Landkreis kümmern wir uns intensiv um die ökologische Entwicklung der Fließgewässer“, erklärt Michael Loch. Eine der umfassendsten Maßnahmen der vergangenen Jahre war, eine ökologische Durchgängigkeit in Thomasburg zu schaffen: Ein Altarm der Neetze wurde wieder angeschlossen und ein rund 100 Meter langer neuer Gewässerlauf geschaffen. Jetzt fließt der Bach wieder, wie ursprünglich, in Schlingen und das Mühlenwehr, ein früheres Wanderhindernis für Fische, wird umgangen. Was sich einfach anhört, bedarf intensiver Planungen, Expertise und Umsetzung von Fachbetrieben – Start war 2013, die endgültigen Baumaßnahmen konnten dann 2020 beginnen. „Wir haben eine neues Umgehungsgerinne angelegt und den Altarm entschlammt“, zählt Michael Loch auf.

Die Gemeinde nutzte die Synergieeffekte und entschlammte in gleichem Zuge den Mühlenteich und setzte das Mühlenwehr instand. „Ursprünglich wollten wir ausloten, welches Potential die Wasserkraft als Energielieferant bei uns hat“, schildert Claudia Scheil den Beginn der Maßnahme. „Schnell wurde klar, dass unser Standort zu wenig Strom liefert, aber dass wir ihn ökologisch aufwerten können. Und: Vom Altarm ging eine große Geruchsbelästigung aus – Methan gaste aus. Dann haben wir den Landkreis als Partner mit ins Boot geholt.“ Für die Umgestaltung gründeten die Thomasburger eine AG Mühlenteich, die den Gesamtprozess begleitete und Bürgerinnen und Bürger einbezog. „Es gab Diskussionen, auch unterschiedliche Meinungen, aber vor allem viel gemeinsame Kraft, die Neetze wieder in ursprüngliche Schleifen zu bringen. Die Thomasburger haben sich dahintergeklemmt, Spenden gesammelt, Tombolas veranstaltet. Die Kinder haben selbst ein Benefiz-Bobby-Car-Rennen organisiert“, erinnert sich Claudia Scheil und sagt mit einem Blick auf die Picknick-Bänke: „Und heute genießen viele Menschen die neue Landschaft, Kinder nutzen die Neetze auch zur Abkühlung im Sommer.“

Herausforderung
Thomasburger Mühle

An der Thomasburger Mühle mussten bei der Renaturierung neben Naturschutz auch Denkmalschutz, Ortsbild und Standsicherheit der Gebäude berücksichtigt werden. (Foto: LK Lüneburg)

Das Projekt an der Thomasburger Mühle war anspruchsvoll: Neben den ökologischen und hydraulischen Anforderungen waren weitere Aspekte wie Naturschutz, Denkmalschutz, Ortsbild und Standsicherheit der Gebäude zu berücksichtigen. Der hohe Aufwand hat sich gelohnt: „Heute fließt die Neetze ungehindert dahin. Es gibt jetzt schon ein reiches Insektenvorkommen und der Fischbestand hat sich erhöht“, sagt Michael Loch und Claudia Scheil ergänzt: „Das nutzen jetzt auch die Fischotter, die wir auch wieder hier haben.“

Jetzt hoffen Claudia Scheil, Michael Loch und der Thomasburger Bürgermeister Dieter Schröder auf die Bachperlen-Auszeichnung für ihre Neetze. Sie ist eines von elf Projekten in Niedersachsen, die für die Auszeichnung „Niedersächsische Bachperle“ im Rahmen des Niedersächsischen Gewässerwettbewerbs nominiert ist. Diese besondere Auszeichnung sowie einen Wettbewerbs-Sonderpreis erhielten in den Vorjahren bereits Projekte an der Billerbeck in Melbeck (2012) und an der Lopau bei Bockum (2018).

Hintergrund

Der Niedersächsische Gewässerwettbewerb „Bach im Fluss“ hat zum Ziel, die Gewässerentwicklung in Niedersachsen zu fördern, gelungene Projekte der Fließgewässerentwicklung öffentlich zu präsentieren und die Vorbildfunktion guter Projekte zu nutzen.

Gerade vor dem Hintergrund der EG-Wasserrahmenrichtlinie und dem angestrebten Ziel, den guten ökologischen und chemischen Zustand der niedersächsischen Bäche und Flüsse zu erreichen, ist dies von großer Bedeutung. 2022 findet der zweijährliche Wettbewerb schon zum siebten Mal statt. Getragen wird der Wettbewerb vom Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz sowie von der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens.

Die Gewinnerinnen und Gewinner des Wettbewerbs werden im Rahmen der Preisverleihung, die im November in Hannover stattfindet, ausgezeichnet. Als Hauptpreise wird die Niedersächsische Bachperle jeweils in den Kategorien ‚Hauptamt’ und ‚Ehrenamt’ vom Niedersächsischen Umweltminister überreicht. Darüber hinaus wird es jeweils einen Sonderpreis von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung und von FluR – Fließgewässer im urbanen Raum geben.