Täglich könnten allein 219 Güterzüge über die mögliche ICE-Trasse entlang der A7 fahren. Die Personenzüge noch gar nicht mitgezählt. Offenbar plant die Bahn genau das. Dagegen formierte sich am Wochenende mächtig Protest.
Garlstorf. Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Die Deutsche Bahn plant eine neue ICE-Trasse von Hamburg nach Hannover an der Autobahn 7. Der Ausbau der vorhandenen Strecke, die mit Bürgern und Kommunen erarbeitete Alpha-E-Trasse, wurde offensichtlich verworfen. Immer mehr Kreisbewohner, Verwaltungschefs und Politiker befürchten, dass dafür hinter den Kulissen die Entscheidung bereits gefallen ist. Um so größer ist jetzt der Protest.
Die Demonstrations- und Informationsveranstaltung der Samtgemeinde Salzhausen am vergangenen Sonntag sprengte jedenfalls alle bisherigen Dimensionen. Aus zahlreichen Orten des Landkreises und aus dem benachbarten Heidekreis waren die Bürgerinitiativen und andere aufgebrachte Einwohner gekommen.
Täglich werden 219 Güterzüge erwartet
Insgesamt 1600 Menschen zogen mit Fahnen und Transparenten auf das abgemähte Feld am Schießstand. Große Fahrradgruppen, Reiter, Jäger und 120 Trecker stellten sich auf. Auf Hängern hatten sie zwei aus Planen nachgebaute ICE-Züge in Originalgröße dabei. Laut Auskunft der BI Unsynn aus dem Heidekreis sollen neben der Personenbeförderung täglich allein 219 Güterzüge über die neue Trasse fahren.
Kinder hielten sich die Ohren zu
Zusammen mit den weiteren Rednern stand der Garlstorfer Bürgermeister Horst-Günter Jagau auf der Ladefläche des Lkw: „Ich bin überwältigt von der großen Resonanz auf unsere Einladung. Dort, wo jetzt die Trecker aufgereiht sind, soll die zweigleisige Trasse entstehen!“
Der Hochgeschwindigkeitszug und der Güterverkehr durch die Lüneburger Heide zerschneide die Landschaft, bedrohe landwirtschaftliche Betriebe und nehme auf Häuser keine Rücksicht, so Jagau. Die Strecke führe mitten durch die Samtgemeinde Salzhausen. Besonders bitter: Der Zug halte hier nie, sondern fahre mit 250 Sachen durch. Wie sich das anhört, konnten die Anwesenden dann aus dem Lautsprecher hören. Der Krach der Aufnahme erschreckte ganz besonders die Jüngsten. Ängstlich hielten sie sich die Ohren zu.
Der Salzhäuser Samtgemeindebürgermeister Wolfgang Krause kritisierte, dass die Deutsche Bahn die demokratisch gefundene Alpha-E-Trasse aus dem Jahr 2015 jetzt mit Füßen trete: „Im Mai hatte die DB zugesagt, dass wir die aktuellen Pläne bis zum 1. Juni erhalten“, schilderte er. „Wir haben diese erst vor drei Wochen über den Landkreis Harburg ohne weitere Erörterungen bekommen. Danach verläuft die Strecke an der A 7, was man aber nicht wörtlich nehmen darf. Oft weicht die Trasse kilometerweit von der Autobahn ab. Auch hier in Garlstorf sind wir weit weg von der Autobahn.“
Lärmschutz nicht so wichtig?
„Bereits im Dezember solle die Bundespolitik über den Trassenverlauf entscheiden“, erklärte Krause. „Das Weihnachtsgebäck liegt bereits in den Geschäften, doch laut Auskunft der Bahn würden immer noch mehrere Varianten geprüft.“ Alle Versuche, Gespräche mit der DB zu führen seien bisher gescheitert. Der CDU-Landtagsabgeordnete André Bock fühlt sich „verarscht“.
Nach Auskunft von Landrat Rainer Rempe sei Lärmschutz noch gar kein Thema. Dieser solle laut DB erst im dritten Planungsabschnitt erfolgen. Und dann auch keineswegs überregional, das müsse jede Kommune selbst regeln. Der Chef aus dem Kreishaus brachte es auf den Punkt: „Es ist höchste Eisenbahn, dass wir uns weiter entschieden gegen diesen Wahnsinn wehren. Das lassen wir uns nicht gefallen!“ Statt Neubau fordern die Anwesenden einen Ausbau der bestehenden ICE-Bahnstrecke von Hamburg über Lüneburg und Celle nach Hannover.
Lob für gute Organisation
Die Samtgemeinde Salzhausen hat ihre Protestveranstaltung gegen die Bahntrasse an der A 7 vorbildlich organisiert. Bereits in der Garlstorfer Ortsmitte standen Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr und leiteten die Ankommenden über die schmale Straße zum Ort des Geschehens. Die Parkfläche auf dem Acker war durch Pfosten und Flatterband übersichtlich aufgeteilt, so dass kein Chaos entstand. Jeder Autofahrer fand schnell seinen Stellplatz, für Fahrräder gab es einen extra Bereich.
Von Christa-M. Brockmann
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