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Harburgs Landrat Rainer Rempe lässt sich von Harri Schulz von der BI Vierhöfen markante Stellen zeigen, an denen die Auswirkungen des illegalen Kies- und Sandabbaus sichtbar werden. (Foto: t&w)

Kiesabbau mit chronischen Folgen?

Vierhöfen. „Wir lassen nicht locker“, sagt Harri Schulz zu Harburgs Landrat Rainer Rempe während sie durch das potenzielle Abbaugebiet zwischen Westergellersen und Vierhöfen wandern. Schließlich setzt sich die Bürgerinitiative (BI) Vierhöfen, dessen Kopf der 76-jährige Harri Schulz ist, schon seit 22 Jahren gegen den Kiesabbau in der Ortschaft ein.

Auch der Landrat war nicht zum ersten Mal in dem 1000-Einwohner-Dorf, doch zum ersten Mal dort, wo es den Vierhöfenern wirklich wehtut: An der ausgetrockneten Quelle, an den alten Teichen, die heute sichtbar weniger Wasser führen als noch vor Jahrzehnten, an den Wiesen, die vor Jahren überschwemmt waren. „Es ist wichtig, das alles hier einmal vor Ort gesehen zu haben, um zu verstehen, worum es uns geht“, erklärte Schulz, warum die BI den Landrat zu der Tour eingeladen hatte.

Die Ursprünge für die heutigen Sorgen der Vierhöfener liegen in den 90er Jahren. Damals hatte das Kies- und Mörtelwerk Kirchgellersen, das 1999 von der Manzke-Gruppe übernommen wurde, dort Boden abgebaut und einen Baggersee hinterlassen. Das Problem dabei: Die Grube wurde nicht, wie beantragt fünf Meter tief ausgebaut, sondern 15 Meter. In Folge sei nicht nur die Quelle versiegt, sondern auch der See durch den Grundwasserzufluss temporär bis zu drei Meter höher angestiegen, was schon dazu geführt habe, dass bei rund 40 Häusern Wasser in die Keller lief, Wiesen überflutet wurden. Gutachter stritten diese Zusammenhänge bisher immer ab.

Bürgerinitiative will verhindern, dass Ähnliches erneut passiert

„Der Landkreis wusste das und hat das gedeckt“, ärgert sich Schulz noch heute über den illegalen Abbau in 15 Metern Tiefe, wohlwissend, dass Rainer Rempe damals nicht im Amt war, dessen folglich nicht beschuldigt werden kann. „Es geht uns auch nicht darum, jemanden an den Pranger zu stellen“, stellte Matthias Schuh von der BI klar: „Was passiert ist, können wir ohnehin nicht ändern. Aber wir müssen zusehen, dass Ähnliches nicht wieder passieren wird. Wir wollen unser Dorf und das, was wir haben, schützen.“

Denn die Firma Manzke hat seit 2006 bereits vier Anträge gestellt, um auf der etwa 27,9 Hektar großen Fläche zwischen Vierhöfen und Westergellersen in den nächsten 30 Jahren 30 Hektar Kies und Sand abzutragen. Zurückbleiben soll auch danach eine rund 14,6 Hektar große Teichfläche. Und die BI fürchtet angesichts der Größe dieses Vorhabens noch weitaus stärkere Auswirkungen für Mensch und Natur als sie schon jetzt beklagen.

Fünfter Antrag könnte noch dieses Jahr eingereicht werden

Doch alle bisherigen Anträge enthielten Formfehler oder wurden vom Antragsteller selbst zurückgezogen. Laut Landrat Rempe sei aber „nicht auszuschließen“, dass ein fünfter Antrag noch in diesem Jahr gestellt werde. Das Unternehmen habe entsprechendes angekündigt.

„Das ist doch eine never ending story“, ärgerte sich Claus Lorenzen von der BI. „Wie lang soll das noch so weitergehen?“ Doch auch den Vierhöfenern ist klar, dass der Landkreis nichts anderes tun kann, als auf diese Anträge zu reagieren. Denn „solange die Fläche im Raumordnungsplan ist, hat der Eigentümer auch ein Recht darauf, hier abzubauen“, erklärte die stellvertretende Landrätin Christa Beyer. Und das Gelände aus der Raumordnungsplanung streichen – das kann nur das Land Niedersachen. „Wir werden mit Sicherheit Kontakt zu Hannover aufnehmen“, versicherte Schulz.

Bisher noch keine inhaltliche Prüfung möglich

Sollte der fünfte Antrag der Firma Manzke vollständig und prüffähig sein, könnte der Landkreis zum ersten Mal ein sogenanntes Planfeststellungsverfahren für dieses Gebiet in Gang setzen. Und erst dann könnte auch eine inhaltliche Überprüfung stattfinden, in die unter anderem die Vorbehalte der BI in Form einer Öffentlichkeitsbeteiligung einfließen würden.

„Wir stehen noch ganz am Anfang“, betonte Rempe, „aber gerade deshalb ist es wichtig, Informationen aus vielfältigen Quellen zu bekommen.“ Versprechen konnte und wollte der Landrat den Vierhöfenern nichts: „Wir müssen uns in dieser Situation neutral verhalten, Sie können sich aber sicher sein, dass wir die Sache sehr, sehr ernst nehmen.“

Von Lilly von Consbruch