Vastorf/Vierhöfen. Vor wenigen Wochen führte die Bürgerinitiative (BI) Vierhöfen Harburgs Landrat Rainer Rempe durch das ehemalige und potenzielle Sand- und Kiesabbaugebiet zwischen Westergellersen und Vierhöfen. Allen voran Harri Schulz, der Kopf der BI, wollte dem Landrat vor Ort zeigen, was ihn und seine Mitstreiter seit 22 Jahren beschäftigt: Dass in den 1990er Jahren 15 Meter tief Boden abgebaut wurde, obwohl nur eine Tiefe von fünf Metern erlaubt war, habe noch heute eine „lokale Umweltkatastrophe“ zur Folge, so die BI in einem Schreiben.
Verantwortlich dafür machen die Vierhöfener allen voran die Manzke-Gruppe, die das „Kies- und Mörtelwerk Kirchgellersen“ 1999 aufkaufte, und warnen vor weiteren Abbauvorhaben in dem Gebiet. Im Gespräch mit der LZ stellt der Geschäftsführer der Manzke KSR GmbH, Dr. Matthias Krause, nun klar: „Es steht völlig außer Frage, dass gerade in der Mitte des Sees dramatisch zu tief abgebaut wurde.“ Mit diesem illegalen Abbau habe sein Unternehmen allerdings nichts zu tun, betont er – und bestätigt, dass ein neuer Antrag bald beim Landkreis Harburg eingereicht wird.
Restlicher „vermuteter Bodenschatz“
war nicht mehr vorhanden
Als die Firma „Kies- und Mörtelwerk Kirchgellersen“ Ende der 90er Insolvenz anmeldete, sollte der restliche „vermutete Bodenschatz“ über einen Insolvenzberater verkauft werden. Die Manzke-Gruppe äußerte Interesse, berichtet Krause. „Vor dem Kauf haben wir aber eine Firma damit beauftragt, eine Echolotvermessung des Sees durchzuführen.“ Ziel sei es gewesen, die Menge des restlichen Sandaufkommens abschätzen zu können. „Dabei haben wir mit Erschrecken festgestellt, dass die Mengen, die der Insolvenzverwalter uns verkaufen wollte, nicht mehr vorhanden waren.“
Die Manzke-Gruppe zog daraus Konsequenzen: Sie informierte den damaligen Leiter des Harburger Umweltamtes über den Missstand und erklärte, „dass wir uns aus dem Geschäft zurückziehen“. Rechtliche Konsequenzen hatte der illegale Abbau für den Inhaber des „Kies- und Mörtelwerk Kirchgellersen“ damals keine, auf eine Anzeige sei verzichtet worden, berichtet Krause.
Manzke-Gruppe kaufte Gebiet
zwischen Vierhöfen und Westergellersen
Da das Gebiet in Vierhöfen jedoch noch Potenzial bot, nahm die Manzke-Gruppe wenig später Verhandlungen mit den Besitzern des etwa 90 Hektar großen Gebiets auf, das im Raumordnungsplan des Landes und im Regionalen Raumordnungsprogramm als sogenannte Vorrangfläche für den Abbau von Rohstoffen ausgewiesen ist. „In der Endmoräne befindet sich feiner Bausand“, erklärt Krause. Das Interesse seines Unternehmens besteht nunmehr seit Jahren darin, diesen abzubauen. Allerdings führten die bisherigen Anträge nicht zum Erfolg, da sie entweder wegen Formfehlern zurückgewiesen oder vom Antragsteller selbst zurückgezogen wurden.
Einige Gutachten für
Antrag waren veraltet
Hendrik Hilmer, Leiter der technischen Abteilung bei Manzke und zuständig für die Anträge, erklärt, woran das lag: „Die naturschutzfachlichen Kartierungen, die durchgeführt werden müssen, waren veraltet und werden deshalb gerade neu aufgestellt.“ Dabei handele es sich um eine Art Untersuchung, welcher Schaden durch den Abbau in dem Gebiet für Natur und Tiere entstehen würde und wie dafür Ausgleich geschaffen werden könnte. „Wenn man an einer Stelle Lerchen vertreibt, muss man ihnen an anderer Stelle die Möglichkeit geben, sich wieder anzusiedeln“, erklärt Hilmer beispielhaft.
Auch das Verkehrsgutachten sei nicht mehr aktuell gewesen und wurde in diesem Sommer erneuert, „inklusive Verkehrszählungen und Lärmschutzgutachten“, betont er. „Das ganze Gutachten wurde von Dekra durchgeführt“, fügt der Manzke-Mitarbeiter hinzu und reagiert damit auf Vorwürfe der BI, die die Richtigkeit und Unabhängigkeit der Gutachten massiv anzweifelt.
„Völlig neuer Antrag“
wird beim Landkreis Harburg eingereicht
Der „völlig neue Antrag“ soll in den kommenden Monaten beim Landkreis eingereicht werden. „Wir befinden uns in der Schlussphase“, sagt Krause. Wenn der Landkreis als zuständige Behörde diesen für prüfbar befände, begänne zum ersten Mal in 22 Jahren ein Planfeststellungsverfahren. Eineinhalb Jahre könnten dann ins Land ziehen, bis das Ergebnis des Landkreises vorliege, hält Hilmer für realistisch. Dass die Geschichte damit beendet ist, glauben er und Krause wiederum nicht.
Einigung nicht in Sicht:
Gericht letzte Lösung?
„Wir gehen davon aus, dass das vor Gericht landen wird. Egal, wie es ausgeht.“ Wird ihr Antrag abgelehnt, würde die Manzke-Gruppe klagen, wird er angenommen, würde die BI dagegen vorgehen, vermutet Krause. „Schließlich ist ein Planfeststellungsverfahren ein Abwägungsprozess und der kann angezweifelt werden.“
Und auch, dass sich die BI und die Manzke-Gruppe in ihren Interessen einander annähern, hält Krause für unrealistisch: „Es wird von unserer Seite aus keine Gespräche mehr mit der BI geben, da es einfach keine Verhandlungsmasse gibt.“ Denn während für Harri Schulz klar ist, dass „die Fläche aus dem Landesraumordnungsprogramm gestrichen werden muss“, sagt Hilmer: „Selbst dann könnten wir noch einen Abbauantrag stellen.“
Von Lilly von Consbruch
[box type=“info“ align=““ class=““ width=““]Zur Sache
Das Vorhaben
Die Firma Manzke hat seit 2006 bereits drei Anträge gestellt, um auf einer etwa 27,9 Hektar großen Fläche zwischen Vierhöfen und Westergellersen innerhalb von 30 Jahren 30 Hektar Kies und Sand abzutragen. Zurückbleiben soll danach eine rund 14,6 Hektar große Teichfläche. Ein großer Teil der Fläche ist Waldgebiet, bei Abholzung müsste dafür andernorts Ausgleich geschaffen werden.[/box]