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Das Winsener Amazon-Lager: Ein ehemaliger Mitarbeiter hat Handys gestohlen, dafür wurde er jetzt verurteilt. (Foto: phs)

Drei Handys im Schuh: Ehemaliger Amazon-Mitarbeiter wegen Diebstahls vor Gericht

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Ein 28-Jähriger steht vor Gericht, weil er im Amazon Lager 14 Smartphones gestohlen haben soll. Er beteuert jedoch, dass er seinem „lieben Chef“ lediglich zeigen wollte, wie einfach so ein Diebstahl funktioniere. Doch diese Argumentation hat Schwachstellen.

Winsen. Er habe als sogenannter Picker im Amazon-Lager in Luhdorf gearbeitet. Ihm seien mögliche Diebstähle aufgefallen, aber er habe keinen sicheren Beweis gehabt. Darum habe er versucht, die entsprechenden Sicherheitslücken aufzudecken.

Tatsächlich ist der 28 Jahre alter Kameruaner nun allerdings nicht „Mitarbeiter des Monats“ bei Amazon, sondern Angeklagter vor Gericht. Dort steht die Glaubwürdigkeit seiner Aussage auf ganz dünnem Eis.

Mitarbeiter schon lange unter Verdacht

Aus Sicht des Arbeitgebers geht die Geschichte ganz anders. Man habe genau diesen Mitarbeiter schon im Blick gehabt, weil unter seiner Arbeitsstation immer wieder leere Handykartons gefunden worden seien, berichtet der sogenannte Lead der Abteilung, der als Zeuge vor dem Winsener Amtsgericht aussagte.

14 Smartphones und 2.000 Euro tauchen auf

Zwei Fälle von Diebstahl waren angeklagt, beide hatten sich im November 2021 zugetragen. Der Angeklagte war dabei zunächst in der Sicherheitsschleuse aufgefallen. Der Alarm wurde ausgelöst, am Ende fanden die Sicherheitsmitarbeiter jeweils drei Handys in den Schuhen des Mannes.

Eine weitere Durchsuchung des Spindes brachte noch einmal acht weitere Smartphones und ein Paar Airpods ans Licht. Letztlich gab es eine Hausdurchsuchung, bei der noch einmal 2000 Euro Bargeld entdeckt wurden – aus Sicht der Ermittler der Erlös aus dem Verkauf der Smartphones.

Wollte Chef zeigen, wie einfach Diebstahl ist

Der Angeklagte spricht nur wenig Deutsch, er kann der Verhandlung in Saal 120 offenbar auch nicht immer ganz folgen. Er blieb bei seiner Geschichte, dass er seinen Arbeitgeber und seinen „lieben Chef“ darauf aufmerksam habe machen wollen, wie einfach man Handys aus dem Lager bringen könne.

Aber: Zum einen war es nicht leicht, denn der Angeklagte flog auf, zum anderen wusste niemand etwas von dieser Aktion.

Der Zeuge hatte von hohen Schulden gehört

Richter Dr. Meik Lange stellt den beiden Zeugen, dem Amazon-Lead und einem Polizisten, dieselbe Frage: Hat der Angeklagte bei seiner Festnahme davon berichtet, dass er nicht stehlen, sondern die Sicherheitslücken aufdecken wollte? Keiner von beiden erinnert sich an eine solche Aussage. Viel mehr habe der Angeklagte teilnahmslos und ertappt gewirkt.

Der Amazon-Lead berichtete, dass der Angeklagte ihm nach der Festnahme von Schulden aus Handy-Verträgen erzählt habe: 6000 Euro müsse er abzahlen.

In Deutschland stockt der Lebenslauf

Richter Lange wollte mehr zum Werdegang des Mannes aus Kamerun erfahren. Dieser berichtet, dass er verheiratet sei, drei Kinder aus zwei Ehen habe, deren Schulgeld er zahle. Die Kinder lebten bei ihren Müttern in Kamerun und Frankreich. Er habe in Kamerun sein Abitur gemacht und eine Ausbildung als Fach-Informatiker begonnen, sei dann aber aus Furcht vor seinem Vater nach Deutschland geflohen.

Dort habe er zunächst in Ravensburg seine Ausbildung fortsetzen wollen, dafür habe aber sein Deutsch nicht gereicht. Schließlich hat sich zum Fach-Logistiker ausbilden lassen. Die Sprachprobleme blieben, erst in der dritten Prüfung kam er durch. Heute arbeite er als Postzusteller bei DHL und verdiene 1800 Euro netto. Vorbestraft ist er nicht.

Strafe zur Bewährung ausgesetzt

Der Staatsanwalt sah den Anklagevorwurf bestätigt, der Angeklagte habe den Diebstahl eingeräumt. Seine dazu geäußerte Motivation überzeuge jedoch nicht. Es sei ein besonders schwerer Fall, was den Wert betreffe, und es liege Gewerbsmäßigkeit vor, wegen der Vielzahl an gestohlenen Smartphones.

Der Staatsanwalt forderte eine sechsmonatige Freiheitsstrafe sowie den Einzug des Diebesgutes und der 2000 Euro Bargeld.

Lange kam zum gleichen Urteil. Die Einlassung des Angeklagten zum Tatvorwurf sei nicht glaubhaft gewesen, was die Zeugen bestätigt hätten. Die Strafe ist zur Bewährung ausgesetzt worden.

Von Björn Hansen