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Zwei Gebäudekomplexe, verbunden durch einen lichtdurchfluteten Innenhof: So stellen sich die Planer den Neubau vor. (Grafik: Stadt Winsen)

Bücherei-Neubau am Schlosspark: Bürger-Protest ebbt nicht ab

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Winsen. Auf der einen Seite ein wachsender Bürgerprotest, der angesichts der eigenen Ohnmacht zunehmend in Frust und Empörung umschlägt, auf der anderen Seite ein Stadtrat, der irritiert durch den Widerstand zusehends auf stur schaltet – die Fronten in Sachen Neubau der Winsener Stadtbücherei sind verhärtet, das Projekt steht schon vor dem ersten Spatenstich unter keinem guten Stern.

Und so steht das Vorhaben mittlerweile auch in Stadtratssitzungen im Mittelpunkt, in denen eigentlich nur formelle Beschlüsse zu dem Thema zu fällen sind.  So wie am Donnerstagabend. In Sachen Stadtbibliothek sollte der Stadtrat eigentlich nur Formalitäten abnicken. Doch schon in der Einwohnerfragestunde gab es erneut Gegenwind und Bürgermeister André Wiese sah sich schließlich zu einer grundsätzlichen Stellungnahme aufgefordert.

„Mir liegt es am Herzen, dass die Stadtbücherei nicht an dieser Stelle kommt“, erklärte eine ältere Einwohnerin sichtlich aufgewühlt. Sie hatte eine halbseitige Stellungnahme vorbereitet, in der sie die Kommunalpolitiker eindringlich darum bat, ihre Entscheidung doch noch zu überdenken. „Das Glashaus am Marstall würde sich nicht harmonisch einfügen, die Bäume sind unersetzbar. Euer Konzept kann nicht aufgehen“, sagte sie mit zittriger Stimme.
Es scheint zum Auftakt der Sitzung der ebenso hilflose wie verzweifelte Versuch, das Unvermeidliche doch noch abzuwenden. Bereits im Mai vergangenen Jahres hatte der Stadtrat den Grundsatzbeschluss gefällt, dass die Bücherei am Rande des Schlossparks an den Marstall angebaut wird. Die Kosten wurden damals auf 9,1 Millionen Euro beziffert, die Stadt rechnet aktuell mit einer Kostensteigerung auf rund elf Millionen Euro.

Kommunalpolitiker 
bleiben auf Kurs

Mehrfach haben die Kommunalpolitiker mit großer Mehrheit betont, dass sie an diesem Standort festhalten und sich auch nicht von Bürgerprotesten und möglichen weiteren Kostensteigerungen beirren lassen wollen. Dennoch kommen Winsener weiter zu jeder Sitzung verschiedener Gremien, um ihre Stimme dagegen zu erheben.

Und auch angesichts dieses Drucks gab der Bürgermeister am Donnerstagabend eine Grundsatzerklärung ab. Der Schlosspark an sich sei durch den Neubau gar nicht beeinträchtigt, da das Gebäude ja zum Kreishaus hin und somit nur am Rande des Parks errichtet werde. „Das hat mit dem eigentlichen Schlosspark und allem was wir positiv damit verbinden, nichts zu tun“, so Wiese. Das Stadtoberhaupt warnte auch vor einer „Phantomdebatte über alternative Standorte“.

(Ein Video mit Bürgermeister Wiese finden Sie hier)

Es wird
Stimmung gemacht

Die 2. stellvertretende Bürgermeisterin Sabine Lehmbeck beklagte, es werde „leider viel Stimmung gemacht“ gegen das Projekt. Natürlich gebe es Ängste, aber der Neubau werde „die Innenstadt stärken“. Parteiübergreifend stimmte ihr die 1. stellvertretende Bürgermeisterin Dr. Cornell Babendererde (CDU) zu: „Schauen Sie sich mal ganz genau den Standort an“, empfahl sie den Skeptikern. Nur ein kleiner Teil am Rande des Schlossparks sei betroffen und der sei durch dunkle Ecken und eine Toilettenanlage geprägt. Die Christdemokratin forderte die Grünen auf, „die entsprechende Schritte jetzt zu gehen, wenn Sie anzweifeln, ob das alles rechtens ist“.

Dr. Erhard Schäfer (Grüne) beeindruckte das wenig: „Man kann den Wunsch der Bürger, den Schlosspark zu erhalten, nicht einfach so wegwischen“, erwiderte er. „Zu sagen, der Schlosspark gewinnt dadurch, ist schon sehr mutig.“

Die Grünen hatten dem Projekt zunächst auch zugestimmt, waren dann aber umgeschwenkt. Sie hoffen jetzt ebenso wie die protestierenden Bürger, dass die erwarteten Millionen-Zuschüsse für den Neubau nicht fließen werden und das Vorhaben dann doch noch platzt.
Von Thomas Mitzlaff