Winsen. Die Stadt Winsen nimmt aktuell viel Geld in die Hand, um ihre Innenstadt neu zu beleben. Ob das Pflaster, die geplante Bibliothek oder aber auch verschiedene kleinere Projekte: Die Verwaltung versucht viel, um die City fit für die Zukunft zu machen. Doch die Gegenwart sieht düster aus. Bundesweit schließen in den Städten immer mehr Betriebe, ein Trend, der auch vor Winsen nicht halt macht. Besonders besorgniserregend: In der Luhestadt machen auch immer mehr Gastronomien dicht, die eigentlich einen wichtigen Eckpfeiler in Sachen Aufenthaltsqualität darstellen sollen. Nun will die Stadt auch in diesem Bereich angreifen.
Mal eben nach Feierabend ungezwungen mit ein paar Freunden auf ein Bierchen in der Innenstadt treffen – in Winsen wird das aktuell immer schwieriger. Echte Kneipen gibt es mit der“ Spindel“ und dem „Gugst Du“ nur noch in der Bahnhofstraße, in der City sind klassische Gaststätten inzwischen Fehlanzeige. Letzter Hoffnungsträger war dort lange das Hotel „Zum weißen Ross“, das noch im Dezember vergangenen Jahres am Abend vor Heiligabend einen Ansturm auf die Innenstadt verursacht hat, wie es lange kein einzelner Gastronomie-Betrieb in Winsen geschafft hatte. Doch auch dort war wenig später Schluss, inzwischen bestätigt das auch ein Schild an der Haustür: „Das Restaurant ist geschlossen.“
Die Liste wird
immer länger
Die Liste der Gastronomien, die in den letzten Jahren ihre Türen endgültig geschlossen haben, ist inzwischen lang. Ob das Gasthaus „Zum nassen End“, „Stallbaums Gasthaus“, „Laterna Magica“, „Fisch Köhler“ oder zuletzt das „Hotel am Schlossplatz“: Die Möglichkeiten, in der Innenstadt den Tag gemütlich in einer Gaststätte ausklingen zu lassen, schwinden immer mehr. Auch die an eher jüngere Besucher ausgerichtete Shisha-Bar Cube ist schon wieder zu.
Die Entwicklung macht aber auch vor den Ortsteilen nicht halt. In Luhdorf hat das „Gasthaus Alpers“ geschlossen, in Pattensen der „Landgasthof Maack-Kramer“, in Scharmbeck das „Gasthaus Kruse“ und vor wenigen Wochen auch „Sievers Gasthaus“ in Hoopte.
Die Gründe für die Schließungen waren und sind vielfältig. Mal wurden keine Nachfolger gefunden, mal wurde die Immobilie verkauft, mal schlug die Pandemie zu. Auch die Preissteigerungen für Energie und der höhere Mindestlohn sorgen vielerorts für Schwierigkeiten. Ein immer größer werdendes Problem ist auch der Fachkräftemangel, wie DEHOGA-Kreischef Thomas Cordes schon Ende 2022 im WA-Gespräch bekannte. So würden viele Betriebe sonn- und feiertags nicht mehr öffnen, weil kein Personal da ist oder der Chef seinem Team etwas Gutes tun möchte. Auch dieser Trend trifft inzwischen Winsen, wo zuletzt das Coopers am Bahnhof im Juni den bei Gästen beliebten Sonntag als zusätzlichen Ruhetag eingeführt hat.
Mietfreie Räume
als Prämie
An mangelnder Nachfrage von Gästen liege es laut Cordes selten. „Die Leute wollen raus“, stellte er schon im guten Gastrojahr 2022 fest. Neuansiedlungen von Gaststätten sind aktuell trotzdem eine Seltenheit, nicht nur in Winsen. Das will die Stadtverwaltung eventuell schon bald ändern – mit einem bewährten Konzept. Die Steuerungsgruppe „Resiliente Innenstadt“ plant, einen Leerstandwettbewerb nur für Gastronomien durchzuführen, bei dem eine mietfreie Räumlichkeit dem Sieger als Preis winkt. „Wir haben mit solchen Wettbewerben gute Erfahrungen gemacht“, erklärt Maya Kreidler, Geschäftsführerin der Steuerungsgruppe, und erinnert an das Tüdelband und die Tierfotografin, die inzwischen in ihren Geschäften sesshaft geworden sind und auch über den Förderzeitraum hinaus am Standort bleiben.
Eine Anfrage von Bürgermeister André Wiese ans niedersächsische Ministerium für Regionale Entwicklung sorgte allerdings vorerst für Ernüchterung. Denn eigentlich sieht das Förderprogramm „Resiliente Innenstadt“ eine solche Mietsubvention gar nicht vor. Doch der Mitarbeiter des Ministeriums bügelt die Idee nicht komplett ab, sondern rät vielmehr zu konstruktiven Gesprächen mit der NBank. „Auch wenn einzelne Vorgaben Grenzen setzen, bestehen unseres Erachtens viele Möglichkeiten, zielgerichtet Projekte zu entwickeln, Der Weg, gerade am Anfang eines neuen Programms viel miteinander zu kommunizieren, hat sich bereits im Sofortprogramm bewährt“, so Christoph Lahner in der Antwort des Minsteriums an die städtische Anfrage.
Genau das will die Stadt nun versuchen. „Wir geben die Hoffnung nicht auf. Ob es sich am Ende dann doch noch als machbar herausstellt, kann ich jetzt noch nicht einschätzen“, so Kreidler. Den Versuch starten will die Stadt auf jeden Fall, denn: „Den Handlungsbedarf bei der Gastronomie sehen natürlich auch wir.“
Von Dominik Heuer