Lüllau. Beinah poetisch wurde die Arbeitswoche von Falko Mohrs angekündigt: Eine Sommerreise durch Niedersachsens Kulturlandschaft trat der Minister für Kultur und Wissenschaft am Dienstag an. Am Donnerstag war zwischen dem Freilichtmuseum Grafhorn in Lehrte und dem Kulturverein Forum Bomlitz in Walsrode auch eine Stunde Aufenthalt an der Kunststätte Bossard in Lüllau eingeplant. Aus gutem Grund: Der Minister hatte einen Scheck über 100 000 Euro dabei.
Bei den Förderungen haben Museumsleiterin Heike Duisberg-Schleier und ihr Team gerade einen Lauf. Bereits 55 000 Euro gibt es von der Deutsche Stiftung Denkmalschutz für die Sanierung am Wohn- und Atelierhaus der Bossards mitten im Wald. Das Dach und die Fenster müssen saniert werden. Bereits 1912 wurden Wohn- und Atelierhaus erbaut. Bis 1950 hatte Johann Bossard dann sein Gesamtkunstwerk geschaffen.
Im Edda-Saal wird
das Hakenkreuz diskutiert
Minister Falko Mohrs erwartete ein Rundgang durch den gesamten Komplex. Der 39-Jährige zeigte sich gut vorbereitet, was auch Heike Duisberg-Schleier positiv überraschte. So kam es dann auch zur Betrachtung der schicksalshaften Kachel im Edda-Saal. Mohrs fragte direkt, warum die Kachel, die je nach Sichtweise ein Hakenkreuz oder eine Swastika zeigt, nicht einfach entfernt worden sei. Schließlich sei das Symbol verfassungsfeindlich.
Die Diskussion im Edda-Saal begann. Dr. Christina Krafczyk, Leiterin des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege (NLD), machte deutlich, dass gerade an der Kunststätte die Vermittlung hohe Bedeutung haben müsse. Dafür sei der Erhalt der Kachel mit dem Hakenkreuz wichtig.
Bossards Kunst werfe auch ein Licht auf seine Geisteshaltung und Gesinnung. Für die Auseinandersetzung damit vor Ort habe man sich für den Erhalt des Hakenkreuzes entschieden. Dies ist mittlerweile allerdings farblich bearbeitet worden. Auf den ersten Blick fällt es nicht sofort auf. Man wolle damit vermeiden, die Gefühle der Besucher zu verletzen, erklärte Museumsleiterin Heike Duisberg-Schleier.
Hans-Jürger Börner als Stiftungsvorstand, Klaus-Dieter Feindt als Vorsitzender des Kulturausschusses des Landkreises Harburg und Andreas Sommer von der Sparkasse Harburg-Buxtehude als stellvertretender Stiftungsrat machten Mohrs noch einmal deutlich, wie intensiv vor allem auch intern die Diskussion um den Umgang mit dem Hakenkreuz gewesen sei. Letztlich habe man sich für den offensiven Schritt entschieden, die Kachel weiter so zu zeigen, wie sie jetzt ist.
Zur Offensive an der Kunststätte gehört vor allem ein neues Konzept zur weiteren Erforschung der Biografien von Johann und Jutta Bossard und der Vermittlung dieser. Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt und soll im Oktober starten. Eine betreuende wissenschaftliche Kraft wird aktuell per Ausschreibung gesucht. Dieses Projekt, bei dem das NLD als Partner der Kunststätte fungiert, bekommt die 100 000 Euro aus dem Förderprogramm „Pro*Niedersachsen – Kulturelles Erbe – Forschung und Vermittlung in ganz Niedersachsen“.
Die Vermittlung
am historischen Ort
Was ist notwendig, damit sich die Kunststätte in ihrer außergewöhnlichen Kombination aus Denkmal, Kunst und Kontroverse seinen Besucherinnen und Besuchern als Museum erschließt? Diese Frage wolle man mit dem Konzept beantworten, so Duisberg-Schleier. „Für uns ist das ein riesiger Schritt“, sagt die Museumsleiterin im WA-Gespräch. Medienstationen in den historischen Gebäuden sollen vor, QR-Codes mit Text- und Tondokumenten nach Abschluss des Projektes die Besucher unterstützen, die ohne Führung den Rundgang machen.
Ein digitales Problem ist nach wie vor die abgelegene Lage der Kunststätte. Das Internet funktioniert mühsam, teilweise ist auch die telefonische Erreichbarkeit des Museums eingeschränkt. So werden mit dem Budget aus der Förderung unter anderem auch W-Lan-Verstärker rund um das Gelände aufgestellt.
Das Ziel ist ambitioniert: Die Kunststätte könne zu einem deutschlandweit einmaligen Beispiel für diese Form der Präsentation werden und repräsentativ für den Umgang mit Künstlern sein, die bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts gelebt und gewirkt haben. Zuvor aber beginnt die Arbeit im Wald. Die Kunststätte Bossard hat offenbar mehr Zukunft, als manche vor ein paar Jahren noch geunkt hatten.
Von Björn Hansen