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Die Kosten für Grünabfallsäcke sowie für die dazugehörigen Schnüre sollen ab 1. Januar 2024 von einem Euro auf 50 Cent gesenkt werden. (Foto: rin)

Politik nimmt Abstand von Neubau-Plänen einer Grünabfallanlage in Dibbersen

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Winsen. Der Neubau einer Entsorgungsanlage für Grünabfälle in Dibbersen galt noch im November letzten Jahres als einzige Chance, besonders die stark überlastete Deponie in Nenndorf zu entlasten. Am Montag drehte sich das Blatt jedoch. Nun will die Politik ab 2024 lieber die Kosten für die Grünabfallsäcke und Schnüre senken und Gartenbesitzer umerziehen, mehr auf dieses System zu setzen als ständig mit dem Auto zu einer der Anlagen zu fahren. „Wir würden mit einem weiteren Standort das Bring-System weiter stärken, wollen aber lieber einen Anreiz für das Hol-System schaffen“, erklärte der Erste Kreisrat Josef Nießen. Wenn dieser Ansatz allerdings keinen Erfolg hat, sollen die Planungen für die rund 1,4 Millionen Euro teure Anlage in Dibbersen wieder aufgenommen werden.

Noch vor knapp einem Jahr bezeichnete Nießen diesen Neubau-Plan als den „letzten Pfeil im Köcher“, um die Müllumschlagsanlage in Nenndorf zu entlasten, vor der es besonders im Frühjahr und Herbst zu langen Rückstaus kommt. Entsprechend klar sprach sich der Ausschuss für Kreislaufwirtschaft im November auch dafür aus, diese Pläne anzugehen. Doch am Montag kam es dann zur Wende und der gleiche Ausschuss, der noch vor zehn Monaten einen Neubau als einzige Lösung ansah, war sich nun einig, die Pläne vorerst zurückzustellen und einen anderen Weg einzuschlagen.

Zusätzliche Gebühr
sorgt für zusätzlichen Stau

Vier Varianten, die zu einer Entspannung auf der Anlage in Nenndorf führen sollen, hatte die Kreisverwaltung den Politikern vorgelegt. Die Vorschläge eins bis drei verfolgten dabei vor allem einen Ansatz: die Einführung von Annahmegebühren für Grünabfall an den Mülldeponien. Genau das wollen Politik und Kreishaus aber gerne vermeiden. „Wenn wir anfangen, dafür Geld zu kassieren, beginnt die Katastrophe doch erst so richtig“, erklärte Christa Beyer (SPD). Denn längere Aufenthaltszeiten der Anlieferer würden einen noch längeren Stau vor den Anlagen bedeuten.

So fiel die Wahl schnell auf Variante vier. Die sieht weiterhin eine gebührenfreie Annahme bis 1000 Liter sowie eine Reduzierung für Grünabfallsäcke und Schnüre von einem Euro auf 50 Cent vor. Denn das Problem an den Annahmestellen seien nach wie vor nicht die Fahrzeuge mit den großen Mengen, sondern die vielen Anlieferer mit Kleinmengen. „Wir müssen den Anreiz erhöhen, dass die Leute nicht mehr losfahren“, sagte Ralf Becker (CDU). Erfolg haben könne dieser Ansatz aber nur, wenn auch neue Nutzer erreicht werden können. „Wir müssen die Säcke attraktiv machen und sie im großen Stil bewerben“, so seine Aufforderung.

Auch Uwe Blanck (Grüne) sei bewusst, dass die Akzeptanz der Säcke noch deutlich erhöht werden müsse, und blickt dabei auf ein ganz besonderes Problem. „Es ist nervig, wenn sie bis zu vier Wochen lang und vielleicht auch noch unüberdacht im Garten gelagert werden müssen“, so Blanck. Er wünsche sich daher eine 14-tägigen Abhol-Rhythmus, zumindest in einigen Wochen im Frühjahr und Herbst. Das wiederum sei nur schwer umsetzbar, entgegnete Frank Sameluck, Leiter der Abfallwirtschaft beim Landkreis. „Das kann man zwar machen, aber wir müssten die Abholung dann komplett neu ausschreiben, und es würde sich auch preislich deutlich auswirken“, so Sameluck. Er rechne mit Mehrkosten in Höhe von 35 bis 40 Prozent.

233 000 Euro
weniger Einnahmen

Auf Nachfrage berichtete er auch von den Kosten für einen möglichen Neubau in Dibbersen. Dort würden auf die etwa 1,4 Millionen Euro Baukosten noch etwa 250 000 Euro für die Anschaffung von Maschinen sowie etwa 300 000 Euro pro Jahr an Personal- und Wirtschaftskosten hinzukommen. Im Gegensatz führe die Reduzierung der Kosten für Säcke und Schnüre zu Mindereinnahmen von 233 000 Euro pro Jahr.
Ganz überzeugt scheint man im Kreishaus allerdings nicht von dem nun gewählten Ansatz zu sein. „Wir dürfen keine Wunderdinge erwarten. Es ist ein Anreiz, mehr nicht“, sagte Nießen. Auch Frank Sameluck dämpfte die Erwartungen. „Ich bin skeptisch, ob es funktioniert, weiß es aber auch nicht genau. Deswegen müssen wir es ausprobieren.“ Sollte dieser Versuch, der zunächst noch vom Kreisausschuss abgenickt werden muss, aber nicht zu einer nachhaltigen Entlastung der Entsorgungsanlagen führen, müsse gegengesteuert werden – dann wohl wirklich mit dem Bau einer neuen Anlage in Dibbersen.
Von Dominik Heuer