Winsen. Im August 2021 bildete sich in Winsen erstmals ein „Rotierender Jugendrat“. Inzwischen ist das Modellprojekt beendet, sowohl Jugendliche als auch Verwaltung zeigten sich kritisch bei der Auswertung der letzten zwei Jahre, die am 26. September im Ausschuss für Generationen öffentlich vorgestellt wird. Ein wesentlicher Kritikpunkt des Nachwuchses: Er fühle sich nicht ernst genommen. Daher soll jetzt nachjustiert und eine weitere, zweijährige Probephase hinterher geschoben werden.
Der Verwaltungsausschuss der Stadt sprach sich im Mai 2021 einstimmig für das Modellprojekt aus. Der Hauptunterschied dieses Konzepts im vergleich zu einem klassischen Jugendrat liegt darin, dass keine Wahl durchgeführt wird. Vielmehr wird auf die Mitarbeit von zufällig ausgewählten Jugendlichen gesetzt, die sich projektorientiert in kürzeren Zyklen beteiligen können. Im August 2021 begann gemeinsam mit Stadtjugendpfleger Ralf Macke, Familienbüro-Leiterin Julia Meinel und Ulrike Tschirner, Leiterin des Bereichs Soziales, die Umsetzung. Ziel war es, während der zweijährigen Laufzeit eine große Zahl an Jugendlichen einzubinden, ihre Hemmschwelle gegenüber der Politik zu senken und letztendlich auch positive Einflüsse auf politische Entscheidungen zu erreichen. Zum Ende der Projektphase kamen Jugendliche und Verantwortliche aber zu der Erkenntnis: Der „Rotierende Jugendrat“ hat noch einige Schwächen.
Guter Start,
schwaches Ende
Der Start verlief noch verheißungsvoll. Im Herbst 2021 wurden sieben Workshops mit insgesamt 100 Jugendlichen durchgeführt, bei denen es um die Lebensqualität in Winsen und entsprechende Verbesserungsmöglichkeiten ging. Anschließend folgten zwei Paradebeispiele, wie der Jugendrat funktionieren kann: Bei der Planung des Naturbads konnten sich die Jugendlichen mit eigenen Ideen einbringen, die zum Teil auch umgesetzt werden, und auch bei der Gestaltung des Jugendcafés Late bildete sich schnell eine feste Gruppe, die eng in die Planung eingebunden war. Weitere Projekte mit Jugendbeteiligung gab es in den zwei Jahren aber keine mehr, die Jugendlichen fühlten sich dadurch nicht mehr ernst genommen. „Die Jugend konnte also im Projektzeitraum ein echtes Interesse von Politik und Verwaltung an einer Meinung der Jugend nicht erkennen“, heißt es im Resümee der Jugendlichen auf der Homepage des Jugendrates.
Pro-forma Beteiligung
nur Zeitverschwendung
Doch das Modellprojekt offenbarte auch an anderen Stellen Schwachpunkte, wie Macke, Meinel und Tschirner in ihrer Auswertung anführen, die sie am 26. September der Politik vorstellen. Sie stellten unter anderem fest, dass auch der Personalaufwand falsch eingeschätzt wurde. „Das ansonsten gut durchdachte Konzept kann nicht als zusätzliches Projekt ‚mitgearbeitet‘ werden“, so die Verantwortlichen. Sie wünschen sich daher künftig einen Koordinator, der die Jugendlichen begleitet, die anstehenden Themen jugendgerecht aufarbeitet, Projekte plant und durchführt, bei der Öffentlichkeitsarbeit unterstützt und Beteiligungsprojekte reflektiert.
Nicht zuletzt müsse auch das Interesse der Jugend besser geweckt werden. Das könne zum einen dadurch funktionieren, dass die Kommunikationskanäle aktiver bespielt werden, zum anderen aber auch durch eindeutig abgegrenzte Projekte. „Zuerst müssen Verwaltung und Politik aktiv werden. Eine pro-forma Beteiligung empfinden die Jugendlichen als Zeitverschwendung“, so die Verantwortlichen.
Den „Rotierenden Jugendrat“ halten sie aber weiter als das richtige Modell für Winsen. Deswegen beantragen sie, die Projektphase um zwei weitere Jahre zu verlängern, allerdings mit einigen Nachbesserungen. So müssten Jugendliche in ernstgemeinte Beteiligungen frühzeitig eingebunden werden, Infos in jugendgerechter Weise vermittelt werden und Verwaltung und Politik sich deutlich positiv zur Jugendbeteiligung positionieren. Wenn diese Punkte erfüllt werden, könnte aus Sicht der Verantwortlichen der Jugendrat doch noch einen echten Mehrwert für die Entwicklung der Stadt bieten.
Von Dominik Heuer