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Markus Menke (l.) und Alexander Eissele vom Orga-Team des Orchesters geben sich kämpferisch, sie wollen die Politik vom hohen Stellenwert des Orchesters überzeugen. (Foto: jj)

Nur die Politik kann jetzt noch das Orchester des Theaters Lüneburg retten

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Lüneburg. Das Theater Lüneburg kämpft ums Überleben, hat trotz Kosteneffizienz hohe Verluste Jahr für Jahr. Jetzt liegt ein Gutachten vor, wie die Bühne saniert werden könnte. Darin wird das Orchester, ja die ganze Musiksparte als größtes Einsparpotentiale gesehen. Es traf die Musiker wie ein Hammer.

Donnerstagmorgen wurde das Gutachten den Mitarbeitern vorgestellt. „Das es uns so massiv trifft, das hätten wir nicht gedacht“, sagt Konzertmeister Markus Menke vom Organsisationsteam des Orchesters. „Aber jetzt hat das Kind einen Namen“, sagt Klarinettist Alexanders Eissele. Die Musiker hatten schon vor dem Gutachten-Termin um ihre Arbeitsplätze gekämpft, unter anderem mit einem Konzert auf dem Marktplatz, WA berichtete. Aber sie haben das sichere Gefühl, dass die Theater-Führung mit Hajo Fouquet und Friedrich von Mansberg an ihrer Seite steht. Letztlich geht es um den Ruf des Drei-Sparten-Theaters, das weit über Lüneburg hinaus strahlt und ein Image-Träger der Stadt ist.

Diese Szenarien wurden jetzt vom Landkreis Lüneburg als Hauptgesellschafter des Theaters aus dem Gutachten veröffentlicht. 

1) Verkleinerung des Orchesters um etwa ein Drittel. Das Orchester hat 29 Mitglieder.
2) Abschaffung des gesamten Orchesters bei Beibehaltung eines
Spielbetriebs in der Sparte Musiktheater.
3) Komplette Schließung der Sparte Musiktheater.

Greift jetzt eines der Szenarien?
Nein, jetzt ist die Politik am Zuge, sie könnte die Zuschüsse erhöhen. Gemeint sind die Gesellschafter und das Land Niedersachsen. Das Land unterstützt zwar das Theater, aber gerade die ständigen Tariferhöhungen gleicht es nur zum Teil aus. Als Folge sieht das Theater rot. „Es gibt ein strukturelles Defizit aufgrund der nicht übernommenen Tarifsteigerungen. Wäre das anders, stünden wir in der Bilanz bei Null“, sagt Intendant Hajo Fouquet.

Wem gehört das Theater Lüneburg?
Das Theater ist eine GmbH. Zu 74,9 Prozent ist der Landkreis Lüneburg Gesellschafter. Der Rest liegt bei der Hansestadt.

Wie wird das Theater finanziert?
Der Gesamtetat beträgt rund 10 Mio Euro. Der Landkreis und die Hansestadt unterstützen das Theater in der Spielzeit 2022/2023 mit zusammen 4,1 Millionen Euro. Das Land Niedersachsen bezuschusst zusätzlich mit rund 3,8 Millionen, dazu kam eine Einmahlzahlung von 380.000 Euro, die Umsatzerlöse liegen bei 1,6 Millionen Euro. Doch für die nächste Spielzeit droht eine Lücke von rund einer Million Euro. Das hieße, das Eigenkapital des Theaters wäre weg.

Was sagt das Gutachten?
Der Landkreis schreibt: Alle drei Szenarien eint, dass Einsparungen in relevanten Größenordnungen nur über einen Personalabbau realisiert werden können, da das Theater bereits jetzt äußerst kosteneffizient arbeitet und dies im Beratungsverfahren bestätigt wurde. Jetzt seien die Politik und die verantwortlichen Gremien am Zug.

Erst am Ende dieses Prozesses wird klar sein, ob es zu einer Umsetzung eines der Szenarien kommt und wenn ja, welches von den Gesellschaftern des Theaters gewählt werden wird, um das Theater wirtschaftlich zu stabilisieren.

Für Alexanders Eissele und Markus Menke vom Orchester aber gibt es ein viertes Szenario, nämlich, dass sich Land, Kreis und Stadt bekennen und ihre Zuschüsse erhöhen. Die Orga-Team des Orchesters wird jetzt eine Tingel-Tour starten, nicht mit Musik, sondern, um Lokal- und Landespolitiker auf ihre Seite zu bringen.
Von Hans-Herbert Jenckel